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Nr. 249

– ATLAN exklusiv Band 110 –

 

Station der Killerpflanzen

 

Sie suchen das Blaue System – ein Transmitter bringt sie ins Reich der Vergessenen

 

von Marianne Sydow

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen. Gegen diese inneren Feinde ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol III., den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Gegenwärtig ist Atlan allerdings nicht in der Lage, an diesem Kampf mitzuwirken, da er sowie ein paar Dutzend seiner Gefährten von der ISCHTAR im Bann Akon-Akons, des Psycho-Tyrannen, stehen, gegen dessen Befehle es keine Auflehnung gibt.

Akon-Akon, der mit Atlans und Fartuloons Hilfe den »Stab der Macht« in Besitz nehmen konnte, treibt die von ihm beherrschte Gruppe immer weiter voran auf der Suche nach dem Blauen System, wo der Hypnosuggestor »sein« Volk zu finden erwartet.

Ein erneuter Transmittersprung bringt Akon-Akon und Atlans Leute dabei zur STATION DER KILLERPFLANZEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Akon-Akon – Der Willenstyrann führt seine Gruppe in die Station der Killerpflanzen.

Atlan – Der Kristallprinz im Bann Akon-Akons.

Fartuloon, Ra, Vorry und Karmina Arthamin – Atlans Gefährten.

Gorkalon – Ein Opfer der Killerpflanzen.

Heydra – Gefangene der »Blüte des Lebens«.

Prolog

 

Es war das zweihundertsiebenundvierzigste Erwachen. Heydra hatte mitgezählt und war sich ziemlich sicher, dass diese Zahl stimmte.

Die Blüte öffnete sich, und nach der langen Pause der Finsternis drangen die ersten Eindrücke in ihr Bewusstsein. Zuerst war alles verschwommen, albtraumhaft, durchsetzt von Halbträumen und den Schatten der Erinnerungen. Dann wurde das Bild klarer.

Es hatte sich nichts verändert. Sie spürte, dass ein Teil des Körpers, in dem sie gefangen saß, in der Zwischenzeit getötet worden war – die Raubpflanzen mussten demnächst dezimiert werden, so ging es nicht weiter. Anfangs, als sie sich noch nicht an das Leben in einem offenen System gewöhnt hatte, waren solche Erkenntnisse schrecklich für sie gewesen und hatten sie an den Rand des Wahnsinns getrieben. Inzwischen akzeptierte sie die relative Unsterblichkeit des pflanzlichen Körpers ebenso wie die damit verbundenen Besonderheiten.

Sie war uralt. Wie alt, vermochte sie nicht exakt zu bestimmen. Sie maß ihre Lebensdauer nach Blütezeiten, und eine Bewusstseinsdauer währte ungefähr sechzig große Zeiteinheiten. Was zwischen dem Ausstoßen der Sporen und dem nächsten Erwachen lag, wusste sie nicht, aber es war ihr auch ziemlich egal.

Es war bereits eine zeremonielle Handlung, als sie versuchte, den riesigen Pflanzenkörper unter ihre Gewalt zu zwingen. Es gelang ihr nicht. Sie erwachte jedes Mal zu spät.

Die Blüte schwankte leicht und neigte sich dem Behälter zu. Die blauen, elegant geschwungenen Blätter spiegelten sich im Wasser. In der Mitte der Blütenschale leuchteten die goldenen Filamente, an deren Enden sich im Lauf der nächsten Zeiteinheiten die dicken, hellroten Sporenballen bilden sollten. Die Blüte war mit ihrem Aussehen zufrieden. Heydra empfand eine Art düsterer Heiterkeit bei der Erkenntnis, dass das monströse Wesen eitel war.

Sie konzentrierte sich auf andere Informationsbahnen. Die vier halbverbrauchten Körper, mit denen die Saugfäden des Wurzelsystems in Verbindung standen, jagten ihr Furcht ein. Sie wurde an ihr eigenes Schicksal erinnert. Immerhin waren die Körper ein Beweis dafür, dass während der Ruheperiode jemand in die Station gekommen war. Die Pflanzen hatten sie gefangen. Sie waren Opfer. Aus ihnen gewann die Blüte Kraft, und Heydra wusste, dass damit für mehrere Blütezeiten jede Chance verloren war, doch noch die Kontrolle zu übernehmen.

Einmal hatte es eine lange Hungerzeit gegeben, und damals hätte sie es fast geschafft. Es war – im Vergleich zu anderen Situationen – die angenehmste Zeit in dieser Existenz gewesen.

Manchmal fragte sie sich, warum niemand nach ihrem Verbleib forschte. Inzwischen mochte so viel Zeit vergangen sein, dass sich niemand mehr an sie erinnerte, aber wenigstens am Beginn des Unglücks hätte doch jemand kommen müssen ...

Es kam aber keiner. Das Energiekommando schien jedes Interesse an der Station verloren zu haben.

Damals, als man sie als Wächterin hierher geschickt hatte, war sie verzweifelt gewesen. Dann kam die Blume durch den Transmitter. Sie hatte nie erfahren, wer das Gewächs geschickt hatte. Auf jeden Fall stand es plötzlich da, eine hübsche Pflanze mit einer wundervollen Blüte. Wenn man völlig abgeschnitten von allen Dingen, die man liebt, mitten im Raum in einer übertechnisierten Umgebung sitzt, passieren die seltsamsten Dinge. Heydra verliebte sich in einen Traum, und die Blüte war das Symbol für ihre Liebe.

Allmählich merkte sie, dass etwas mit der Pflanze nicht stimmte. Die Blüte welkte nicht. Heydra wurde alt. Der Transmitter stand nutzlos da, sie konnte ihn nicht bedienen, besaß nicht einmal die technischen Mittel, um eine Nachricht durch das Tor zu schleusen. Die Blume war so schön wie am ersten Tag, die technische Umgebung veränderte sich ohnehin nicht, nur Heydras Aussehen zeigte, wie viel Zeit verstrichen war. Sie saß die meiste Zeit neben der Blüte und starrte auf den Punkt, an dem die leuchtenden Säulen des Transmitters sich aufbauen sollten, um ihre Ablösung freizugeben.

Niemand kam.

Und eines Tages vermochte sie nicht mehr aufzustehen. Eine haarfeine Wurzel hatte sich um ihren Nacken geschlungen, während sie schlief. Die Pflanze hielt sie fest. Die nächsten Wochen und Monate verbrachte Heydra zwischen einem ständig wachsenden Gewirr von Ranken und Wurzeln. Nach dem ersten Erschrecken kam das Aufbäumen gegen ein Schicksal, von dem sie damals noch gar nicht wusste, wie entsetzlich es tatsächlich war. Dann folgte die Phase tiefster Erschöpfung, schließlich grenzenlose Apathie. Sie wünschte sich, wahnsinnig zu werden, denn dann hätte sie ihre Lage wenigstens nicht mehr so erbarmungslos klar erkannt.

Der Albtraum nahm ein Ende, als die Sporenballen auseinanderplatzten und die weißlichen Wolken sich verteilten. Die Klimaanlage saugte sie auf und trug sie in alle Räume der Station. Heydra spürte die zunehmende Dunkelheit und bereitete sich auf ein friedliches Ende vor.

Dann erwachte sie erneut und stellte fest, dass ihr Körper nicht mehr vorhanden war. Sie war in den Körper der Pflanze übergegangen. Eine neue Blüte hatte sich geöffnet. Heydra stellte fest, dass die Sporen an vielen Stellen Nahrung gefunden hatten. Sie wusste zu wenig vom Metabolismus der Pflanze, aber sie nahm an, dass diese Gewächse sich nicht lange halten konnten. Es gab wenig organische Materie in der Station. Eines Tages musste sie verbraucht sein.

Die nächste Sporenladung vergrößerte nicht nur die Zahl der Pflanzen, sondern auch die der Arten. Mit wachsendem Entsetzen verfolgte Heydra, wie sich die Pflanzen über die gesamte Station ausbreiteten. Sie vermochte es nicht, irgendwelchen Einfluss auf die Gewächse zu nehmen. Immerhin besaß das Exemplar, in dem ihr Bewusstsein festsaß, etwas Intelligenz. Die Blüte begriff, dass der Transmitter die einzige Verbindung zur Außenwelt darstellte, und dass von dort her ab und zu Nahrung in Form von Kontrolleuren, Durchreisenden oder verirrten Wesen kam. Daher blieb die Kammer ungeschoren.

Heydra selbst war von der Pflanze keineswegs aus selbstlosen Gründen aufgenommen worden. Die Station war unglaublich haltbar gebaut, aber im Laufe der Zeit entstanden doch einige Fehlerquellen. Die Bedürfnisse der Pflanzen waren gering, im Vergleich zu denen, die andere Wesen stellten. Aber ein oxydierender Kontakt in einem Messgerät für Luftfeuchtigkeit oder in einem Thermostat konnte das Ende bedeuten.

Da Heydra in ihrer derzeitigen Daseinsform handlungsunfähig war, beschränkte sich ihre Tätigkeit darauf, zu beobachten und jede Unregelmäßigkeiten zu melden. Die Blüte sorgte dann dafür, dass die Gefahr beseitigt wurde. Heydra war mit ihrer Aufgabe und ihrem »Leben« an sich keineswegs zufrieden. Sie sehnte sich nach dem Tod, aber die Pflanze erlaubte ihr nicht, zu sterben. Heydra wurde gebraucht.

Immerhin hatte sie ein paar Vorarbeiten leisten können, ohne dass die Blüte Verdacht schöpfte. So waren die Sicherheitsroboter einsatzbereit gehalten worden. Sie hatten die Mittel, um die Blüte – und Heydras Bewusstseinsinhalt – zu vernichten. Noch hatte sich keine Gelegenheit ergeben, die Roboter zu aktivieren, aber Heydra hatte so lange gewartet, dass sie den Begriff »Ungeduld« kaum noch kannte.

Sie spürte eine Veränderung und öffnete ihr Bewusstsein für die heranströmenden Informationen. Sie erschrak.

Der Transmitter erwachte zu technischem Leben.

Das konnte nur bedeuten, dass jemand die Station aufsuchen wollte. Heydra hätte vor Aufregung gezittert, wäre ihr eigentlicher Körper noch vorhanden gewesen. Ein wachsamer Impuls der Blüte ließ sie die Gefahr erkennen. Sie zwang sich zur Ruhe.

Jetzt durfte sie keinen Fehler begehen. Eine solche Chance kehrte vielleicht nie wieder.

Bisher hatte der Transmitter aus unerfindlichen Gründen nur dann Besucher ausgestoßen, wenn die Blüte schlief. Heydra hatte daher niemals Einfluss auf das Geschehen nehmen können. Diesmal war sie wach. Sie konnte fast nichts tun, aber vielleicht reichte es doch, um diese unwürdige Existenz zu beenden ...

1.

 

Die Schmerzen der Wiederverstofflichung tobten durch meinen Körper und hinderten mich daran, mich mit der Umgebung zu beschäftigen, in der wir gelandet waren.

Sei zufrieden, meldete sich der Extrasinn trocken. Allein die Tatsache, dass du Schmerzen fühlen kannst, sollte dir eine Erleichterung sein. Du existierst, und das ist die Hauptsache.

Der Logiksektor hatte recht, aber ich konnte seinen Kommentar im Augenblick nicht würdigen. Mein rechtes Bein wollte sich allem Anschein nach selbständig machen, denn es schlug in rasendem Tempo auf und nieder.

Ich brachte es fertig, mich halb aufzurichten. Das Bein hüpfte unverdrossen weiter. Ich beugte mich vor, um es festzuhalten, aber da ich meinen Körper noch nicht voll beherrschte, fiel die Bewegung zu ruckhaft aus. Das Bein änderte seine Taktik und bog sich im Kniegelenk durch. Im gleichen Moment versagten meine Nackenmuskeln, und ich fiel mit dem Kinn dem Knie genau entgegen. Das Ergebnis bestand darin, dass ich k.o. geschlagen wurde.

Einen Vorteil hatte dieses Ereignis: Mein Bein kam zur Ruhe. Dafür zuckten jetzt meine Arme.

Nur langsam wichen die Nebelschleier vor meinen Augen. Ich ignorierte die seltsamen Aktivitäten meines Körpers und musterte die Umgebung.

Wir lagen in einer riesigen Halle.

Wir?

Mühevoll verdrehte ich die Augen. Ich erkannte ein paar Meter weiter Fartuloon, der ganz still dalag. Akon-Akon hockte bereits auf dem Boden und drehte verwundert den Kopf hin und her. Vorry kauerte mit eingezogenem Kopf neben einer Gruppe von Arkonidinnen, die auf dem Rücken lagen und wie hilflose Käfer mit allen Gliedmaßen zugleich zappelten. Auch Ra und Karmina Arthamin entdeckte ich und die anderen. Wir waren vollzählig in dieser Halle versammelt.

Etwas war anders als sonst. Im Lauf der Irrfahrt, zu der Akon-Akon uns zwang, hatte ich genug Erfahrungen mit Transmittern gesammelt, um zu wissen, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Lag es daran, dass wir das Gerät an Bord des zerstörten Raumschiffs benutzt hatten? Ich stellte Spekulationen darüber an, dass vielleicht die modernen Geräte der Akonen gewisse Unterschiede zu denen in den uralten Stationen aufwiesen. Dann schob ich diese Überlegungen beiseite und konzentrierte mich auf das Ziel, meine Muskeln unter Kontrolle zu bringen.

Endlich gelang es mir, mich aufzurichten. Fartuloon kam ein paar Schritte entfernt taumelnd auf die Beine. Akon-Akon stand regungslos in der Mitte der Halle und starrte den Kerlas-Stab an, als erwarte er von ihm eine Erklärung dafür, wo wir gelandet waren.

»Was hältst du davon?«, fragte der Bauchaufschneider leise.

Ich zuckte die Schultern.

»Schwer zu sagen. Eigentlich ist es merkwürdig, dass niemand nachsehen kommt, wer durch den Transmitter gekommen ist. Das alles sieht aus, als würde es noch benutzt.«

»Bildschirme, die funktionieren, Beleuchtung, sogar eine Klimaanlage – ich glaube, du hast recht. Wenigstens sind wir diesmal nicht in einem Trümmerhaufen gelandet.«

»Da du gerade die Belüftungsanlage erwähnst – fällt dir nichts auf?«

Fartuloon nickte.

»Ein eigenartiger Geruch«, stimmte er mir zu. »Als gäbe es hier Unmengen von Blumen.«

»Wir sind in einer in sich geschlossenen Station!«, verkündete Akon-Akon, der den Kerlas-Stab endlich sinken ließ.

Wir starrten ihn an. Nur allmählich dämmerte mir, was er meinte.

»Eine Raumstation?«

»Ja. Es kann nicht anders sein. Die Anzeichen sind eindeutig. Das ist sehr günstig für uns. Stationen dieser Art gibt es meines Wissens nur in der Nähe des Verstecks, in das die Akonen sich zurückgezogen haben.«

»Dann sind wir also in der Nähe des Blauen Systems«, nickte Fartuloon gelassen. »Allerdings habe ich das dumpfe Gefühl, als wäre es gar nicht so einfach, dorthin zu gelangen. Mit dieser Station ist etwas nicht in Ordnung. Schaut euch doch die Bildschirme an!«

Inzwischen hatten auch die anderen sich von dem schmerzhaften Schock der Wiederverstofflichung erholt. Instinktiv blieben wir beieinander. Die Halle war riesig. Von unserem Standort aus war deutlich zu erkennen, dass es an der Wand Bildschirme gab, die eingeschaltet waren. Erst als wir näherkamen, entdeckten wir die anderen, die keine Bilder lieferten. Und wir sahen noch etwas.

Die Wand bestand nicht aus glattem Metall, sondern war mit einem weichen Überzug versehen.

»Absurd!«, murmelte Fartuloon leise. »Was soll das nun wieder bedeuten?«

Auf den Schirmen zeichneten sich andere Räume der Station ab. Wir sahen in matt beleuchtete Maschinenräume hinein, in Kontrollzentren und Schaltstellen. Nirgends gab es eine Bewegung. Kein Akone war zu sehen.

»Irgendwo müssen die Kerle doch stecken!«, knurrte Ra.

»Die Station wurde mit Sicherheit schon vor langer Zeit aufgegeben!«, behauptete Akon-Akon mit der ihm eigenen Arroganz.

»Das verstehe ich nicht«, meldete sich Karmina Arthamin. »Wenn dieser Transmitter tatsächlich in der Nähe des Blauen Systems steht, dann sollte man doch annehmen, dass seine Besitzer ihn im Auge behalten.«

»Das tun sie sicher auch. Deswegen braucht aber niemand an Bord zu sein. Vermutlich gibt es eine Automatik.«

Akon-Akon sagte das so daher, als spräche er über das Wetter. Mich dagegen beunruhigte die Aussicht, dass unsere Ankunft vielleicht längst gemeldet worden war.

»Verflixt«, knurrte ein Mann, der näher an einen Bildschirm herangetreten war und sich mit der Hand an der Wand abstützen wollte.

Der plüschähnliche Belag änderte abrupt seine Farbe. Aus dem dunklen, braunstichigen Grün wurde ein intensives Gelb.

Fartuloon schob den Arkoniden zur Seite und berührte das weiche Zeug vorsichtig. Das Gelb wurde noch heller, aber sonst geschah nichts. Der Bauchaufschneider griff nach den weichen Fasern. Als er die Hand zurückzog, tropfte Wasser auf den Boden.

»Pflanzen«, sagte er nachdenklich. »So etwas wie Moos, nehme ich an.«

»Was hat das Zeug hier zu suchen?«, fragte Akon-Akon scharf.

»Ich habe es nicht hergebracht«, konterte Fartuloon ärgerlich. »Schaut euch das an, es wächst auf dem blanken Metall!«

Er riss ein paar Fasern ab. Darunter glänzte es silbrig. Der Moosbrocken platschte auf den Boden und versprühte Wassertropfen. Diese merkwürdige Wandverkleidung war mit Wasser gesättigt. Den hinter der Wand liegenden technischen Anlagen schien das nichts auszumachen.

Ich streckte vorsichtig die Hand aus. Sobald ich bis auf etwa einen Meter an das Moos herankam, wurde es hellgelb. Erst jetzt merkte ich, dass auch der braungrüne Farbton nicht dem normalen Aussehen der Pflanzen entsprach.

»Sie fühlen unsere Nähe und reagieren darauf«, sagte ich. »Sehr bemerkenswerte Pflanzen, nicht wahr?«

Akon-Akon sah mich misstrauisch an.

»Was meinst du damit?«

»Nun, Pflanzen sind zweckmäßig entwickelte Lebewesen. Normalerweise sind sie vollauf damit beschäftigt, zu wachsen und ihre Art zu erhalten. Ihr morphologisches System ist nicht dazu geschaffen, Intelligenz zu entwickeln. Manchmal sieht es so aus, als hätten sie es trotzdem geschafft, aber bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass es sich um eine Instinkthandlung handelt, die den materiellen Bedürfnissen der Pflanze angepasst ist. Welchen Grund hat das Moos also, die Farbe zu ändern, wenn wir uns ihm nähern? Es ist harmlos. Auffressen kann es uns nicht. Und das ist der einzige Grund, den so ein Gewächs haben kann, um sich derartigen Anstrengungen zu unterwerfen.«

»Das Moos mag für uns harmlos sein«, stimmte Akon-Akon nach kurzem Zögern zu. »Seine Reaktion ist wahrscheinlich auf andere Lebewesen abgestimmt.«

»Welche?«, fragte Ra trocken. »Insekten? Ich sehe keine.«

Der Junge von Perpandron winkte ab und unterbrach damit die Diskussion. Mir dagegen ließ die Frage nach dem Sinn der Farbänderung keine Ruhe. Den anderen ging es ebenso. Trotz seines manchmal verblüffenden Wissens war Akon-Akon uns auch jetzt noch in mancher Hinsicht unterlegen. Seine Kenntnisse waren aufgepfropft und passten oftmals nicht zu den Realitäten der Gegenwart.

»Wir suchen jetzt nach Kommunikationsgeräten!«, ordnete Akon-Akon an. »Wir müssen feststellen, ob die Station wirklich verlassen ist. Ich erwarte, dass niemand sich mehr hier aufhält, aber wir wollen sichergehen.«

Der hypnotische Einfluss, den der Junge auf uns ausübte, war ungebrochen. Wir teilten uns in einzelne Gruppen auf und machten uns an die Arbeit.

Ich richtete es so ein, dass ich und Fartuloon zusammenblieben. Die nächste Gruppe bestand aus Ra und Karmina Arthamin. Akon-Akon beteiligte sich auch an der Suche, nur Vorry blieb im Mittelpunkt der Halle zurück. Er beobachtete mit seinen gelben Augen aufmerksam alles, was es um ihn herum gab. Den Strahler hielt er schussbereit.

»Diese Pflanzen gehen mir nicht aus dem Kopf«, murmelte der Bauchaufschneider, während wir die Bedienungselemente unter den Bildschirmen untersuchten. »Du kannst mich meinetwegen auslachen, aber ich fürchte, die Tatsache, dass das Moos ausgerechnet hier, in der Empfangshalle, vorhanden ist, hat eine sehr konkrete Bedeutung.«

»Es meldet uns an!«

Fartuloon starrte mich entgeistert an.

»Wie bist du darauf gekommen?«

»Die Reaktion der Pflanzen ist sinnlos, bezogen auf die Situation in dieser Halle. Da Pflanzen nichts Sinnloses tun, muss es außerhalb der Halle etwas geben, das mit der Farbänderung zu tun hat.«