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Sissi Kaipurgay

Käufliche Liebe Spezial

Ärzte vs. Callboys





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Käufliche Liebe Spezial – Ärzte vs. Callboys

Käufliche Liebe Spezial – Ärzte vs. Callboys

 

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

 

Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

 

Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!

 

 

Text: Sissi Kaiserlos

 

Foto von shutterstock – Design Lars Rogmann

 

Korrektur: Aschure, vielen Dank

 

Kontakt: http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/

 

Der Ärztekongress

 

Paul fährt zu einem Ärztekongress am Timmendorfer Strand. Sein letztes sexuelles Erlebnis endete in einem Desaster und er hofft, mehr Informationen und vielleicht eine Lösung für sein Problem zu finden. In einem Lokal lernt er Angus kennen, einen sympathischen Mann, der auch wegen der Tagung an der Ostsee ist. Paul vermutet in ihm einen Kollegen und man kommt ins Gespräch. Später am Abend erhält er ein unmoralisches Angebot und geht in seiner Verzweiflung darauf ein, mit verheerenden Folgen.

~ * ~

 

1.

Paul stellte seinen BMW auf dem hoteleigenen Parkplatz ab, holte sein Gepäck aus dem Kofferraum und ging auf das Foyer zu. Das Hotel Mackenroth erstreckte sich über sieben Stockwerke und war einer dieser typischen Betonbauten mit viel Glas und ohne jeglichen Schmuck. Da Paul lediglich für einen Kongress hier abstieg, war ihm das egal. Für einen Urlaub hätte er allerdings eine andere Unterkunft gewählt, da er ein visuell veranlagter Mensch war.

Er checkte ein und fuhr mit dem Lift in den 3ten Stock. Das Doppelzimmer, das er für den Preis eines Einzels bekommen hatte, besaß einen Balkon, von dem aus man die Ostsee sehen konnte. Die Ausstattung bestand aus einem breiten Bett, Schreibtisch, Stuhl und einer Minibar. Im Vorraum befand sich ein Einbauschrank. Paul hievte den Koffer aufs Bett und packte ihn zügig aus. Es war bereits sieben und er hatte vor, in einem Restaurant eine Kleinigkeit zu essen und hinterher ein wenig über die Promenade zu bummeln. Er kannte den Timmendorfer Strand von etlichen Tagesausflügen in seiner Jugend und war neugierig, was sich alles verändert hatte.

Nachdem er die Jeans gegen eine knielange Shorts und seine Sneakers gegen Flipflops ausgetauscht hatte, stopfte er ein paar Geldscheine in die Hosentasche. Anschließend schnappte er sich seine Keycard und verließ das Zimmer. Dicker Teppich lag in dem Flur, durch den er zu den Aufzügen ging. Das schnalzende Geräusch, mit dem die Gummisohlen bei jedem Schritt gegen seine Füße klatschten, wirkte unnatürlich laut. Paul nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit vernünftige Sandalen zu kaufen, wusste aber im selben Moment, dass er wieder nichts Geeignetes finden würde. Alles, was angeboten wurde, fand er zu bieder, zu hässlich oder schlicht affig.

Er trat in die gleißende Abendsonne hinaus und atmete tief durch. Dieses Wochenende hatte er sich redlich verdient. In den vergangenen Wochen war in der Gemeinschaftspraxis, die er mit drei Kollegen führte, die Hölle los gewesen. Irgendein Virus hatte die Bevölkerung Hamburgs reihenweise flachgelegt und dazu veranlasst, das Wartezimmer prall zu füllen. Dass sich dadurch auch sein Bankkonto füllte, war ein hübscher Nebeneffekt. Vielleicht gelang es ihm schon bald den Kredit, den er aufnehmen musste, um sich ins Team einzukaufen, zurückzuzahlen. Natürlich könnte er einfach seine Wohnung verkaufen, die eh zu groß für ihn war und wäre sofort schuldenfrei. Da er das Appartement mit vier Zimmern von seinen Eltern geerbt hatte, hing er daran und wollte es nur ungern hergeben.

Während er die Promenade ansteuerte, wanderten seine Gedanken in die Vergangenheit. Vor fünf Jahren kehrten seine Eltern von einer Urlaubsreise nicht zurück. Sie waren einem Fährunglück auf dem Nil zum Opfer gefallen. Paul unterhielt eine innige Beziehung zu den beiden, auch wenn sie ihn mit strenger Hand erzogen hatten. Er trauerte und es dauerte lange, bis er ihren Tod verwinden konnte. Noch heute standen die Möbel in Wohn- und Schlafzimmer genauso da, wie vor ihrem Ableben. Ab und zu staubte er sie ab, ansonsten hielt er die Türen zu den Räumen geschlossen. Ihm genügten eh die beiden anderen Zimmer, die er nach seinem Gusto eingerichtet hatte.

Auf der Promenade herrschte reges Treiben. Mehr oder minder bekleidete Touristen schlenderten herum, sichteten die Auslagen der vielen Geschäfte oder scharten sich auf den Terrassen der Lokale. Paul hatte sämtliche Urlaube in seiner Kindheit an Nord- oder Ostsee verbracht und kannte daher das Ambiente. Früher kotzte ihn das an, aber seine Eltern bestanden darauf, dass sie in der Heimat Ferien machten. Erst als er zu studieren anfing, begannen sie ins Ausland zu jetten. Bis heute begriff er ihre Beweggründe nicht, aber er musste nicht alles verstehen. Er hatte ohnehin ganz andere Probleme.

Aktuell hatte er Hunger. Paul blieb vor einem Restaurant stehen und studierte die Speisekarte. Eigentlich war es egal, ob ihm etwas davon gefiel, viel wichtiger war, dass er einen freien Tisch entdeckt hatte. Er betrat den Außenbereich und fädelte sich durch die sitzenden Gäste immer näher zur anvisierten Stelle, als sich dort plötzlich ein Mann niederließ. Empört blieb Paul kurz stehen. Er wollte schon umdrehen, aber sein Magen knurrte beharrlich. Das trieb ihn weiter. Er blieb vor dem Tisch stehen und fragte höflich: „Ist hier noch frei?“

Der Typ trug eine dunkle Sonnenbrille, so dass er dessen Augen nicht sehen konnte. „Klar. Setzen Sie sich ruhig.“

Paul ließ sich dem Mann gegenüber nieder. Eine laminierte Speisekarte steckte, zusammen mit ein paar Bierdeckeln, in einem Plastikständer. Er griff danach, überflog sie und entschied, dass er heute mal sündigen durfte, was das Essen anbelangte. Es gelüstete ihn nach fettigen Pommes und Schweinefleisch, etwas, das er sich sonst wegen der Figur untersagte. Während er darauf wartete, dass der vielbeschäftigte Kellner den Weg zu seinem Tisch fand, drifteten seine Gedanken wieder in die Ferne.

Paul entschied sich nach dem Abi für ein Studium und da seine Eltern nicht bereit waren, ihm eine eigene Bude zu finanzieren, blieb er zu Hause wohnen. Natürlich hätte er jobben können, aber ein Medizinstudium war kein Spaziergang. Zudem mochte er die häusliche Atmosphäre, die gewaschenen Klamotten und warmen Mahlzeiten. Wahrscheinlich war er einfach ein Muttersöhnchen.

Sexuelle Kontakte verboten ihm die Eltern bis zur Volljährigkeit strikt und danach duldeten sie solche lediglich, wenn er sie außer Haus ausübte. Dementsprechend mau waren seine Kontakte zum schönen Geschlecht. Entjungfert wurde er erst mit Mitte zwanzig und das nur, weil er glaubte, es müsse endlich geschehen. Die Frau war älter als er und nicht besonders hübsch. Sie dozierte die ganze Zeit, während sie es taten, darüber, wie arm dran Frauen doch waren und befahl ab und zu, was er nun zu tun hatte.

Kein Erlebnis, auf das er stolz war oder an das er gern zurückdachte. Die Male danach, bei anderen Gelegenheiten mit anderen Frauen, waren genauso wenig prickelnd und beim letzten Mal geschah es: Er wurde nicht steif. Ausgerechnet bei Franny, die ziemlich gut aussah, im Gegensatz zu den Damen vor ihr, bekam er keinen hoch. Das war vier Wochen her, trotzdem konnte er immer noch ihre ironisch gelüpften Augenbrauen sehen und den Blick spüren, mit dem sie sein weiches Glied bedachte.

„Ach? Sind wir etwa impotent?“

Ein Gang zum Urologen hatte ergeben, dass er physisch gesehen gesund war. Paul war selbst Arzt und wusste, dass die Männer in den weißen Kitteln keine Götter waren. Er selbst verließ sich meist auf Intuition, wie neulich bei der alten Frau Müller … Verflixt! Wo blieb der Kellner?

„Hallo? Ich verhungere!“, rief sein Gegenüber und wedelte wild mit den Armen.

Das hätte sich Paul nie getraut. Erleichtert sah er, dass endlich ein Bediensteter herbeieilte und gab seine Bestellung auf. Anschließend versank er wieder in Erinnerungen. Frau Müller kam stets mit Rückenbeschwerden zu ihm. Anfangs hatte er ihr Massagen verschrieben, doch die halfen nicht. Erst als er ihr riet, sich an einen Physiotherapeuten zu wenden, schwand der Schmerz und …

„Eine Cola für den Herrn und das Mineralwasser ist für Sie.“ Der Kellner stellte die Getränke auf den Tisch und wieselte wieder davon. Paul trank einen Schluck Cola und kehrte zum roten Faden zurück. Frau Müller war inzwischen glücklich verlobt und würde bald ihren Masseur …

„Ich bin Angus. Der Ärztekongress hat mich hergetrieben“, sagte sein Gegenüber und schob die Sonnenbrille hoch.

Paul hasste Typen, die ihre Brille wie eine Art Haarreif nutzen. Bei Angus hingegen fand er das attraktiv. Die blonden Strähnen, die dem Mann zuvor wild ins Gesicht gefallen waren, gaben nun feingeschnittene Züge frei. Angus‘ Augen waren blau, genau wie der Himmel und ein Lächeln kräuselte seine hübschen Lippen. Herrgott! Dachte er das gerade? Angus war ein Mann! Er räusperte sich, da sein Hals aus unerfindlichen Gründen meinte, sich verknoten zu müssen. „Ich bin Paul. Auch wegen dem Kongress hier.“

„Ups! Meister Zufall.“ Angus lachte, nippte an seinem Wasser und lehnte sich zurück. „Das Hotel ist ganz schön hässlich. Na ja, egal. Der Zweck heiligt die Mittel.“

Genau. Dieser Ansicht konnte Paul nur zustimmen. Er musste rausfinden, was mit ihm los war, da konnte man sich als Allgemeinmediziner schon mal unter Urologen mischen. „Du interessierst dich also auch für erektile …“ Die Ankunft des Kellners ließ ihn verstummen. Nachdem das Essen auf dem Tisch stand und der Mann wieder verschwunden war, sprach er weiter: „Erektile Dysfunktion?“

„Im weitesten Sinne schon.“ Sein Gegenüber griff nach Messer und Gabel, wobei er seinen Salat kritisch beäugte.

Paul nahm auch sein Besteck auf und schob sich eine Fritte in den Mund. Kauend beobachtete er Angus, der gerade eine Tomatenscheibe zerkleinerte. Wie ein Arzt sah der Mann nicht aus, aber wahrscheinlich sah man ihm selbst den Doktortitel auch nicht an. Er konzentrierte sich auf seinen Teller, da Angus keine Anstalten machte das Gespräch fortzusetzen.

Nachdem er satt war, also nach ungefähr der Hälfte der mächtigen Portion, lehnte er sich zurück. Bleischwer lag das fettige Essen ihm im Magen. Zu gern würde er einen Verdauungsschnaps und danach einen Espresso trinken, aber nicht in diesem Lokal. Es war zu laut und die Luft von Frittierfett geschwängert. Angus wies mit der Gabel auf seinen Teller. „Isst du das noch?“

„Nein. Möchtest du?“

„Mhm. Gern.“ Im Nu war der Rest Pommes und Currywurst in dem Kerl verschwunden. Paul staunte nicht schlecht, da Angus zuvor eine riesige Schüssel Salat verspeist hatte. „Hab seit dem Frühstück nichts gegessen“, erklärte sein Gegenüber, der wohl Gedanken lesen konnte.

„Ich hab nichts gesagt.“ Paul musste schmunzeln. Angus gefiel ihm. Ob er es wagen konnte, den Mann auf ein Getränk einzuladen? Sie könnten ein wenig fachsimpeln. „Ich könnte einen Schnaps vertragen. Darf ich dir einen ausgeben?“

„Klar. Wollen wir woanders hingehen? Hier ist es nicht besonders schön.“

„Kennst du eine nette Bar?“

„Nein. Lass uns einfach die Promenade runtergehen, da finden wir schon was.“ Angus hob eine Hand und machte den Kellner auf sie aufmerksam.



Gleich darauf schlenderten sie an Souvenirläden, Boutiquen und Restaurants vorbei. Inzwischen war es halb neun und die Sonne verlor an Kraft. Paul war froh, als sie nach einer Weile eine Bar fanden, die ihnen beiden gefiel. Ihn fröstelte dank der Brise, die vom Meer her wehte.

Sie nahmen an einem Bistrotisch am Fenster Platz. Paul bestellte für sich einen Aquavit, für Angus Gin-Tonic. Das scharfe Getränk wirkte wohltuend und löste den Druck auf seinen Magen. Nachdenklich drehte er das leere Glas in den Händen. Er musste einfach mit jemandem reden, sonst würde er noch platzen. Da bot sich ein völlig Fremder doch nahezu an, außerdem war Angus vom Fach.

„Sag mal …“ Er kratzte sich am Kinn. „Hast du schon mal im Bett keine Erektion bekommen? Ich meine bei einer Frau.“

„Oh ja. Da geht bei mir gar nichts.“ Angus gluckste.

„Öhm. Nie? Und wie kommst du damit klar?“

„Ganz gut. Immerhin klappt’s stets, wenn ein Mann neben mir liegt.“ Sein Gegenüber grinste spitzbübisch.

„Ah. Du bist also …“ Paul guckte sich rasch um und senkte die Stimme. „… schwul?“

„Ganz genau. Stört dich das?“

Einer von Pauls Kollegen war auch schwul, allerdings nicht geoutet. Nur er und der dritte Praxisinhaber wussten davon. Mirko war schwer in Ordnung. „Nein. Also hast du noch nie Probleme mit deiner Libido gehabt?“

„Bisher nicht. Worauf willst du hinaus? Hast du diese erektile Dysfunktion?“ Angus nippte an seinem Drink und guckte ihn interessiert an.

„Sieht so aus.“ Paul schlug die Augen nieder. „Neulich war ich mit einer echt hübschen Frau im Bett und nichts ging. Das ist mir noch nie passiert.“

„Deshalb bist du also hier, richtig?“

„Mhm.“

„Bist du verheiratet?“ Angus‘ Blick wanderte zu seiner rechten Hand.

„Nein. Ich suche noch. Aber erst muss das Problem aus der Welt.“

„Vielleicht ist es etwas Psychisches. Ein Kindheitstrauma, oder so. Warst du bei einem Therapeuten?“

„Noch nicht. Ist ja auch irgendwie peinlich.“ Paul seufzte, winkte den Kellner heran und bestellte für sich einen Wodka-Orange und für Angus, dessen Glas inzwischen leer war, einen weiteren Gin-Tonic. „Ich versteh das echt nicht. Mit mir ist alles in Ordnung, sagt der Urologe.“

„Hast du viel Erfahrung?“

Verständnislos guckte Paul sein Gegenüber an. Wie war das gemeint? „Bezüglich verschiedener Praktiken oder die Anzahl der Frauen?“

„Beides.“ Angus schaute zum Kellner hoch, der gerade die Drinks servierte. „Danke.“

„Ich bin nicht gerade ein Casanova und wenig experimentierfreudig. Also lautet die Antwort in beiden Fällen: Nein.“

„Oh Mann! Du Ärmster.“ Angus streckte die Hand aus und berührte ihn am Arm. Die Geste war rührend und irgendwie tröstlich. Paul fiel auf, dass er mit Angus ganz anders redete, als mit seinen anderen Freunden. Viel offener. Nun ja, er pflegte nur wenige Kontakte mit einigen Leuten, mit denen er studiert hatte. Man konnte das wohl eher als lockere Bekanntschaften, denn als Freundschaften bezeichnen. Er war eben – normalerweise – ein verschlossener Typ.

„Vielleicht solltest du mal über deinen Schatten springen und etwas völlig Neues ausprobieren“, schlug Angus vor. „In einen S/M-Club gehen oder dir eine Hure gönnen.“

„Oh nein!“ Entsetzt hob Paul beide Hände abwehrend hoch. „Ich steh nicht auf Schläge und Nutten finde ich eklig.“

Es folgte eine längere Pause, in der Angus in sein Glas starrte. Überlegte er oder hatte Paul etwas Falsches gesagt? Er nippte an seinem Drink und wartete. Schließlich hob sein Gegenüber den Blick. „Nutten sind also eklig? Hm. Ich seh’s so: Sie tun ihren Job, wie alle anderen auch.“

„Das meinte ich doch gar nicht. Es ist nur so, dass ich niemals eine Frau anfassen könnte, die vorher von etlichen anderen Männern …“ Paul schluckte das Wort, das ihm auf der Zunge lag, runter. Durchgebumst war ordinär und seine gute Erziehung verbot ihm, derartige Dinge zu sagen. „Jedenfalls kann ich das einfach nicht“, schloss er lahm.

„Und wer sagt dir, dass die Frauen, mit denen du bisher etwas hattest, nicht vorher wild rumgemacht haben?“

Ein schlagendes Argument. Ehrlich gesagt hatte Paul darüber nie nachgedacht, doch nun ging ihm auf, dass er im Grunde genau mit der Sorte des weiblichen Geschlechts intim gewesen war, die Sex locker sahen. Sonst wären sie wohl kaum mit ihm in die Kiste gesprungen. Himmel, Arsch und Zwirn! Wo kam nur dieses Vokabular her? Sonst dachte er nicht in so dreckigen Worten. Es musste am Wodka liegen. Er setzte das Glas an die Lippen und kippte den Rest des Getränks in einem Zug runter.

Nachdem er zwei neue Drinks geordert hatte, wobei Angus‘ Glas noch halbvoll war, legte er die Arme auf den Tisch und beugte sich etwas vor. „Okay, ich leide wohl unter einer Doppelmoral“, gab er leise zu.

„Hört, hört.“ Angus lachte. Der Mann wurde mit jedem Schluck attraktiver und Paul heißer. War verdammt warm in der Bar. „Falls du rausfinden willst, ob deine …“ Angus deutete Anführungszeichen mit den Fingern an. „… deine erektile Dysfunktion an deinen Partnerinnen lag, statt an dir, biete ich mich gern als Versuchskaninchen an.“

Mit einem Schlag begann Paul zu schwitzen. Er griff nach der Getränkekarte und fächelte sich Luft zu, während er am Kragen seines Hemdes herumfummelte. Seine Kleidung fühlte sich plötzlich so eng an und seine Haut kribbelte, als würde eine Ameisenkolonie darauf Wandertag abhalten. Der Wodka-Orange, der gerade vor ihm abgestellt wurde, war definitiv der letzte für heute. „Du meinst … verstehe ich das richtig, dass du …? Glaubst du echt, dass es daran liegt, dass ich …?“

Angus zuckte die Achseln. „Wieso nicht? Ich hab anfangs auch versucht mit Mädchen zu schlafen und war total enttäuscht.“

„Und was hat dir gefehlt?“ Paul griff nach seinem Glas, hob es an und stellte es wieder ab. Er fühlte sich total besoffen, obwohl er doch erst … Wieviel hatte er bereits intus? Nicht mal das wusste er im Moment.

„Sie waren so weich. Diese wabbeligen Titt… Brüste und so. Ich konnte damit nichts anfangen.“

Es war verrückt, aber Angus sprach genau das aus, was Paul nicht zu denken gewagt hatte. Er erinnerte sich an Frannys Oberweite, die jeden normalen Mann zum Sabbern brachte. Ihn jedoch hatte sie erschreckt. Allein der Gedanke, dass sie diese Melonen in sein Gesicht drückte, bereitete ihm Angst. Vielleicht lag es daran, dass er einen Erstickungstod befürchtete, dass sein Schwanz so ängstlich reagierte. Allerdings hatte sie unten gelegen, was diese Hypothese zunichtemachte. „Hast du je eine Frau …“ Paul lehnte sich weit über den Tisch. „… geleckt?“

„Puh! Nein!“ Angewidert verzog Angus das Gesicht. „Selbst ich kenne meine Grenzen.“

„Aber du lutscht männliche Genitalien?“

„Oh ja.“ Nun grinste sein Gegenüber breit. „Mit Vorliebe.“

„Und wie schmeckt das?“ Oh Mann, Paul! Reiß dich zusammen!, ermahnte er sich im Geiste, doch die Neugier war geweckt und wollte einfach nicht wieder einschlafen.

„Lecker. Ich mag einen Hauch Schweiß. Ideal ist, wenn mein Partner nach dem Duschen Sport gemacht hat und ich ihn direkt danach schmecken darf.“ Verzückt verdrehte Angus die Augen.

„Und wie ist das mit echtem Verkehr? Ich meine …“ Paul trank einen Schluck, bevor er das Ungeheuerliche aussprach: „Tust du es von hinten?“

„Du meinst Analsex? Kann schön sein, wenn mein Partner es richtig angeht.“

Ihr Gespräch ging in eine Richtung, die nur noch einen Schluss zuließ: Paul war wirklich interessiert und genau das machte ihm Angst und Bange. Sich vorzustellen, dass etwas Dickeres als ein Zäpfchen in seinen Hintern eindrang, führte dazu, dass er die Arschbacken zusammenkniff. Der Gedanke hingegen, sein Glied zwischen Angus‘ hübschen Lippen zu sehen, machte ihn mächtig an. Deshalb war er bestimmt nicht schwul, beileibe nicht. Seine Fantasie war lediglich durch den Alkohol beflügelt und außerdem hatte ihn noch nie eine Frau mit dem Mund befriedigt. Halt! Doch, da war was. Er erinnerte sich schwach an eine Gundula, die an seinem Penis herumgelutscht hatte. Leider kratzte die Frau dabei mit ihren Zähnen an seinem Schaft herum, so dass er am Ende Kastrationsängste ausstand und sie bat, lieber in Rückenlage zu gehen. Paul schüttelte den Kopf, um die ätzende Erinnerung loszuwerden. „Öhm. Wo waren wir?“

„Analsex“, säuselte Angus, leerte sein Glas und griff nach dem, das Paul vor einiger Zeit bestellt hatte.

„Ach ja.“ Paul sollte langsam ins Hotel zurück und schlafen gehen, nur war er leider keine Spur müde. Im Gegenteil: Er fühlte sich wie elektrisiert.