Fünfter Teil

Wagnerianische Finale

105

Die Unsichtbaren der 46th Street

Wer wüßte noch zu sagen, wann die Jungs aus Baja California in die 46th Street gekommen waren, wann die heimliche Invasion begonnen hatte? Wer war der erste gewesen? Flüchtige, tanzende Silhouetten, weiche, verschwommene Erscheinungen im schützenden Schatten der Wolkenkratzer. Unsichtbare Gestalten.

Alvarito war als erster angekommen. Er beschaffte sich Arbeit im Blimpy’s, einem Delikatessengeschäft, wo er Müll einsammelte und Metalltabletts saubermachte. Er sprach kein Englisch und verständigte sich mit dem Verwalter, einem Türken, durch Gesten und manchmal mit der Hilfe eines salvadorianischen Austrägers. Schüchtern, schweigsam, felsenfest davon überzeugt, er werde seine Arbeit verlieren und niemals eine andere finden, wenn er sich mehr als fünfzehn Meter von ihr entfernte. Um sich vor der Ungeheuerlichkeit der Stadt zu schützen, die voller unverständlicher Zeichen, voller unerreichbarer Sprachen, voller für andere gemachte Hinweise war, schlief er in den ersten Wochen auf der Straße, auf einem brachliegenden Gelände, das als Parkplatz genutzt wurde, nur wenige Meter vom Restaurant entfernt. Mit ein paar Dollars hatte er erreicht, daß der peruanische Nachtwächter ihm gestattete, von zwölf bis fünf unter einem alten Porsche zu schlafen, der seit Monaten dort stand, während seine Besitzer eine Reise durch Afrika machten. So kam er als erster zur Arbeit und ging als letzter. Montags und dienstags, wenn sein peruanischer Bekannter auf dem Parkplatz durch einen Pakistani ersetzt wurde, schlief Alvarito im Stehen, in einer Ecke, im Regen und unter Neonlichtern. Er blieb nicht lange allein. Nach ihm kamen in einem langsamen Pilgerzug die anderen an: Gustavo, Alegrías, Fermín, El Cochi. Sie arbeiteten schnell als Jungs für alles in den fünf Restaurants, die Fast Food und Frühstück in die Büros der Umgegend lieferten: das im Wentworth Hotel, das nur von sieben bis elf geöffnet hatte, ein Roy Rogers an der Ecke zur Fifth Avenue, das Lim, das per Boten Frühstück in die Büros brachte, und das Harry’s, das die beste Auswahl an Salaten hatte.

Die Unsichtbaren eroberten nach und nach die Straße; bald dominierte ihr gesungenes Spanisch bei den Befehlen, den Schreien, den Informationen: wann wohin mit dem Müll, woher Pappteller besorgen, wo die Kisten mit Erfrischungsgetränken und Säften deponieren, was zwischen die Tür stecken, damit sie nicht geschlossen ist und die Gäste nicht vorbeilaufen, ohne daß der Wind sie aufweht und es ins Souterrain regnet. Gegen fünf verschwanden sie wieder. Jetzt lebten sie in Brooklyn, in einem sechs mal zwei Meter großen Zimmer, wo sie Schlaf matten auf den Boden gelegt hatten und das Badezimmer am Ende des Gangs benutzen konnten. Sie fuhren mit der U-Bahn.

Eine Fahrt am Tag hin, eine Fahrt am Tag zurück. Dieselben Stationen. Ausstieg an der Sixth und 48th Street. Sie waren immer mit langen und scharfen Küchenmessern unterwegs, die sie unter der Jacke trugen. Sie hatten gelernt, mit ihnen zu leben. Mögliche Feinde errieten die an der Brust der schweigsamen Unsichtbaren versteckten Messer. Sie waren noch unsichtbarer geworden. Niemand sah sie an, niemand sah sie. Wenn man die Tanzlehrerin im Ruhestand oder den Panamaer, der in einem Plattenspielergeschäft auf der Sixth arbeitete, oder den jungen, schwarzen Bibliotheksgehilfen, der arbeitete, um ein Journalistikstudium an der New Yorker Universität zu finanzieren, fragte, konnten diese schwören, daß sie sie nie gesehen hatten. Die Unsichtbaren trugen alle die gleiche Jacke, undefinierbar, austauschbar, aus orangefarbenem Plastik, mit einem Logo der Atlanta Braves.

Ungeschützt, unstet, immun gegen den Regen oder den schrecklichen und überraschenden Schnee, schweigsam, unergründlich hatten die fünf Unsichtbaren in ihrer jeweiligen Einsamkeit eine Menge Zeit, um zu erfassen, was in ihrer Umgebung geschah. Da sie wie Möbel, wie Teile einer Maschine behandelt wurden, die aufgrund ihrer Sprache völlig von der Wirklichkeit abgekoppelt waren, hatten sie Zugang zu fremden Geschichten, die sie ahnten oder errieten. Die Unsichtbaren wußten, wer Marihuana rauchte und warum die Ehefrau des portugiesischen Ledertaschenhändlers ihren Ehemann mit dem Koreaner an der Hotelrezeption betrog; sie wußten, daß die Auslieferer von Florida-Saft Pete vom Blimpy’s mehr Rabatt als den übrigen Konkurrenten gaben, und wußten genau, welche Musik jedem einzelnen Stammgast des großen Blocks gefiel, der von der Fitth bis zur American Avenue reichte. Auf gewisse Weise waren sie mit ihren Tag für Tag sorgfältig geschliffenen Küchenmessern, die sie in einem Lederfutteral trugen, das um den Hals hing und an die Brust geklebt war, Schutzengel und Ordnungshüter, auch wenn sie selten ihren Limbus des Schweigens verließen, um das Brot der Sterblichen zu berühren. Niemand hatte sie bisher gebeten einzugreifen. Sie waren auf Beobachtungsmission, einsam, vorsichtig, selbstverständlich auf Zeit, bis sie die verdammte und seltsame Stadt verlassen und in den Süden zurückkehren konnten. Vielleicht würden sie nie zurückkehren, dann müßten sie ihren vom Leben anderer beflügelten Schritt neu überdenken; vielleicht würden sie für immer in New York (war das der Name der Stadt?) bleiben. Aber um für die Ewigkeit zu planen, um für immer zu bleiben, müßten sie Frauen haben, einen Stamm gründen. Und obwohl das in den ersten Monaten für diese fünf kleinwüchsigen, braunen, jungen Männer mit pechschwarzen, abstehenden Haaren, die glänzende orangefarbene Jacken trugen und für den Rest der Stadt unsichtbar waren, kein Grund zur Beunruhigung war, achteten sie ab dem sechsten Monat auf Frauen. Sie suchten dasselbe, was sie selbst bieten konnten: einen Stamm, einen Clan, der sie gegen die Unbarmherzigkeit der Zeit, gegen Überfälle, illegale Arbeit, Einsamkeit und Arbeitslosigkeit schützte. Es hätten jene drei Puertoricanerinnen sein können, die als Verkäuferinnen im Mart’s arbeiteten, einem Elektronikgeschäft mitten im Häuserblock, aber die befanden sich gerade in einer Phase sozialen Aufstiegs. Und sie lebten in einer Gesellschaft, die ihre neuen Staatsbürger nach ihrer Nähe zum imaginären Zentrum konzentrischer Kreise bemaß, das Integration hieß und am besten durch das einfältige Gesicht eines WASP ausgedrückt wurde, der in einer Fernsehreklame eine Feuerversicherung kauft. In diesem Augenblick waren sie im achten inneren Zirkel, und die Unsichtbaren höchstens im zwölften. Da war nichts zu holen.

Alegrías entdeckte sechs wunderschöne, jugendliche Pakistanerinnen, die in einer versteckten Nähwerkstatt mitten im Block arbeiteten. Aber Alvaro machte auch ihre eifersüchtigen Väter ausfindig. Sie konnten ihnen nicht einmal aus der Distanz Zeichen machen.

Damit waren die Unsichtbaren beschäftigt, als Fermín und El Cochi La Gringa sahen, die Rührei mit Speck frühstückte, und beide waren wie vom Blitz getroffen. Liebe auf den allerersten Blick, wie sie feststellen konnten, als sie sich von der Erscheinung der Frau erzählten, die ihnen einen Blick zugeworfen hatte. Sie waren bis über beide Ohren verliebt, und durch Weiterverbreitung (Unterhaltungen, Informationen, Beobachtungen, die hin- und herflogen) steckten sie alle anderen an.

Auch wenn es von Anfang an eine unmögliche Liebe war, war es wahre Liebe.

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Alex kam nie nach ...

... Langley. Frau Doktor Nelson, eine anmutige Frau, die wegen ihrer Kinderlähmung alles verlorene Mitgefühl der Welt weckte, erwartete ihn lächelnd in der Cafeteria für VIPs im Pan-Am-Terminal des JFK. Lächelnd. Piranhas hatten dieses lieblich schmerzliche Lächeln vor dem Frühstück auf den Lippen.

»Alex, ich habe gute Nachrichten«, sagte sie, ohne ihn zum Sitzen aufzufordern. »Lies dies. In zehn Minuten geht der Flug zurück nach Mexiko. Louis wird dich begleiten«, sagte sie und zeigte auf einen Texaner mit Kaninchenzähnen, der ihn mit einem Lächeln ansah, das dem seiner Chefin ähnelte.

»Dafür hast du mich kommen lassen? Mitten in einer Operation?

In der Endphase? Das wird dich den Kopf kosten, Virginia«, sagte Alex und sprach sie zum ersten Mal mit ihrem Vornamen an.

»Du wirst mich einfach anbeten, wenn du diese Akte gelesen hast ...«, sagte Frau Doktor Nelson und zeigte wieder auf den gelben Hefter, der etwa fünfzig Blätter enthielt. Alex nahm ihn in die Hände und wog ihn.

»Was ist das?«

»Wir haben einen diplomatischen Bericht der Mexikaner gekauft, den sie durch Infiltration der Granma- Redaktion bekommen haben, dem Organ der Kommunistischen Partei Kubas. Vergiß die Quelle nicht, wenn du die Akte liest. Sie sind verärgert. Eine Geschichte, über die wir vorläufige, aber nicht ausreichende Informationen hatten, und die erst einmal auf Eis gelegt wurde. Jetzt ist es so was wie dein Ticket zum Ruhm mit Schneewittchen. Wenn du es gelesen hast, gibst du es Louis, er wird sich um alles kümmern. Mach mit Schneewittchen weiter, auch wenn die Operation nicht vollkommen ist, laß sie weiterlaufen. Es ist der beste Augenblick. Dies«, sagte sie und zeigte wieder auf die Mappe, »geht in der nächsten Woche öffentlich hoch. Du mußt nur das Timing berücksichtigen. Der DDO glaubt, es sei vielleicht zu viel, das alles Schneewittchen aufzuhalsen. Ich glaube das Gegenteil. Die Entscheidung liegt bei dir ... Denk darüber nach, Überfütterung der Medien und so was ... Gib deine Einschätzung an Louis weiter. Ein einfaches Ja oder Nein.«

»Wie in einer Ehe?« fragte Alex. »Genau so. Ein Ja oder ein Nein ...«

Alex kehrte ihr den Rücken zu. Während er die Mappe in seiner Aktentasche verstaute, spürte er, wie sich der Texaner an seine Seite gesellte.

»Ach übrigens, sie haben mich gebeten, dich über etwas Nebensächliches zu informieren. Ein Zwerg hat gestern deine Assistentin entführt ... Mein Gott, Alex, was für Sachen passieren in deiner Höhle. Du bist der einzige bei uns, der im Kino siegen würde, die übrigen sind so entsetzlich langweilig.«

»Mach dir keine Sorgen, Frau Doktor, es wird Leidenschaft sein.

Meine Sekretärinnen hatten schon immer Probleme mit Zwergen.«

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Geschichten von Journalisten
(Greg erzählt)

Armando zeigte mir das Foto und wartete auf meine Reaktion. Es kam keine. Ich betrachtete die beiden Gestalten, die in den Straßen einer mexikanischen Stadt fotografiert worden waren (Morelia? Querétarot Puebla?). Ich hob den Blick und betrachtete meinen alten Bekannten Armando. Möglicherweise hatten wir ihn immer, ohne es zu bemerken, der falschen Seite zugeordnet. Möglicherweise arbeitete er für den englischen MI 5 oder den französischen Geheimdienst. Es fiel mir nicht schwer, mir Armando vorzustellen, wie er Sorbonne-Französisch sprach.

»Wer ist der andere?« fragte er.

»In welcher Stadt sind sie?« fragte ich.

»In Puebla. Wenn Sie die Fotografie sorgfältig betrachten, können Sie das Datum auf der Zeitung erkennen, die der andere Mann in der Hand hält ... Wer ist der Mann, Herr Simon?«

»Ich habe keine Ahnung, aber das ist unwichtig, Armando, denn Sie werden es mir sagen, habe ich recht?«

Der Dicke hatte eine der Konferenzpausen genutzt und sich zu einem Kaffee- und Kakao-Automaten davongemacht. Armando wählte genau diesen Augenblick für sein Erscheinen und holte das Foto aus einem Buch. Ich versuchte, den Titel des Buchs zu entziffern. Wenn es Der Untergang des Abendlandes von Spengler war, arbeitete Armando für den deutschen Geheimdienst, wenn es die Geschichte der französischen Revolution von Michelet war, arbeitete er für die Franzosen, wenn es Jane Fondas Methode zum Abnehmen war, arbeitete Armando für die CIA.

Es war Landschaft in klarem Licht von Carlos Fuentes. Für wen zum Teufel arbeitete Armando? Für die mexikanische Regierung?

»Es handelt sich um Rolando M. Limas.«

»Armando, Sie wissen alles, sagen Sie mir, worüber redeten dieser Herr Limas und Kommandant Machado, als das Foto aufgenommen wurde?«

»Über das Wetter, Herr Simon. Sie reden über das Klima in Puebla, wie es sich in den letzten Jahren veränderte und jedes Jahr trockener wird ... Sie können das Foto behalten, solange Sie nicht verlauten lassen, daß ich es Ihnen zur Verfügung gestellt habe.«

Armando drehte sich um. Seine Weste mit Blumen und Vögeln entzog sich meinen Blicken. Ich wendete mich wieder dem Foto zu. Machadito war nicht gut getroffen, er war ein bißchen von der Seite zu sehen, aber er schien dem mexikanischen Drogenhändler alle Aufmerksamkeit der Welt zu widmen. Nicht irgendeinem Drogenhändler, sondern dem besten, dem größten, dem Inbegriff eines Drogenhändlers.

»War das nicht Armando? Was zum Teufel hat der hier zu tun?« fragte der Dicke, der den Kaffee balancierte.

»A picture. Er hat uns ein Foto gebracht. Dicker, what the hell is happening here? Was zum Teufel geht hier vor, Brüderchen?«

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Die Akte Ochoa / La Guardia, die Alex im Flugzeug las

Alex öffnete die Mappe, stellte fest, daß dem Originalbericht die erste Seite fehlte, und las:

* Im März I989 beantragte Fidel Castro beim Innenministerium, eine Untersuchung über die mögliche Verstrickung kubanischer Offiziere in Drogengeschäfte einzuleiten. Sein Antrag basierte auf Informationen »kolumbianischer Freunde«, die ihrerseits durchgesickerte Informationen von lokalen Drogenhändlern sammelten, und auf Aussagen zweier in Miami verhafteter Drogenhändler, die ein gewisses internationales Echo hatten. Fidel bat ausdrücklich darum, daß man zweifelsfrei feststellen solle, ob die »kubanische Verbindung« existiere und ob Leute vom Innenministerium darin verwickelt seien.

* Wenige Tage später bemerkte die Gegenspionage im Verlauf der Untersuchungen sich kreuzende Funksignale zwischen Kuba, den USA und Kolumbien. Bei der Analyse des Materials kam man zu der Schlußfolgerung, daß es tatsächlich um Drogenhandel ging, mit Kuba als Umschlagplatz zwischen Kolumbien und Miami. Die Signale wurden zwischen den letzten Tagen im März und dem 24. April empfangen. In der Geheimdienstoperation gelang es, das Sendegebiet in der Umgebung von Havanna am Rio Almendrares zu lokalisieren, aber man kam nicht weiter, weil die Signale ohne offensichtlichen Grund ausblieben, bevor die Operation ihren Höhepunkt erreichte.

* Am 27. April fand eine Sitzung zur Auswertung statt, an der Führungskräfte des Innenministeriums teilnahmen. Unter vielen anderen, ohne daß er direkt mit der Funküberwachung zu tun hatte, nimmt Oberst Antonio La Guardia, Chef der Gruppe MC (Handelsoperationen gegen die Blockade), an dieser Sitzung teil.

* Die DEA führte seit mehr als einem Jahr eine umfangreiche »kubanische« Akte. Sie basiert auf einigen in Panama gemachten Tonbandaufnahmen von Gesprächen zwischen einem verdeckten Agenten und einem Hauptmann des kubanischen Militärs, der dem Mann der DEA die Möglichkeit angeboten hatte, Kuba als Umschlagplatz zu nutzen. Der Kubaner deutete an, er zähle für diese Operation auf offizielle Unterstützung. Den zweiten Punkt bildeten die Geständnisse der in Miami verhafteten Kokainhändler kubanischer Herkunft Reinaldo und Rubén Ruiz, die bei Verhören durch Vertreter der Staatsanwaltschaft in Miami von der Nutzung militärischer Einrichtungen in Kuba (insbesondere des Militärflughafens in Varadero) 1987 als Umschlagplatz zwischen Kolumbien und den Vereinigten Staaten berichteten. Die verhafteten Drogenhändler gaben unter anderem Erklärungen ab, die an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln ließen, zum Beispiel sagten sie aus, sie hätten Zugang zu den Zigarren, die Fidel rauchte (1987 hatte Fidel seit zwei Jahren nicht mehr geraucht). Die Kubaner sollten später Zugang zu diesen Informationen erhalten und außerdem annehmen, daß die CIA weiteres Material in der Hand hätte, es aber für eine Erpressungsaktion oder eine manipulierte Anklage aufsparte.

* Parallel dazu und ohne Zusammenhang mit dem Vorherigen, führte die Abteilung Gegenspionage der FAR eine Untersuchung gegen den Divisionsgeneral und Chef der kubanischen Mission in Angola, Arnaldo Ochoa, durch. Ursprung der Untersuchung war eine Reihe von Berichten über skandalöses Verhalten des Militärs (Achtung: der General hatte nach kubanischen Maßstäben eine nahezu unantastbare Vergangenheit: Kämpfer der Revolution, mit Camilo Cienfuegos Teilnehmer an der Invasion von Las Villas, Einsätze in Venezuela zu Ches Zeiten, Chef der kämpfenden Truppen in Äthiopien, Kandidat für die Führung des kubanischen Heeres im Westen). Skandalöse Parties, Frauengeschichten, Schmuggel, illegale Geldgeschäfte in Angola. Diese Untersuchung führte dazu, daß Ochoa von Raul Castro zu einer privaten Sitzung (29. Mai) zitiert wurde, an der außerdem die Generäle Abelardo Colomé und Ulises del Toro teilnahmen, wo er wegen seines Benehmens zur Rede gestellt wurde. Ochoa spielte die Sache herunter, stellte seine Vorgesetzten jedoch offensichtlich nicht zufrieden, denn die Untersuchung wurde fortgesetzt.

* Raúl Castro rief Ochoa zu einer weiteren Sitzung, diesmal unter vier Augen (2. Juni). Keine Fortschritte. Es zeichnete sich bereits ab, daß er nicht zum Oberbefehlshaber des Westheeres in Kuba ernannt wird. Bei der Untersuchung werden weitere Punkte zusammengetragen, und man stößt auf Ochoas Assistenten, den Hauptmann Jorge Martínez Valdes. und auf Oberst Rodríguez Estupiñán, den Flügeladjutanten des Generals in Angola.

* Die Untersuchung hat eine Reihe von Verbindungen zum Vorschein gebracht, die Ochoa und seine beiden Assistenten in schmutzige Geschäfte verwickeln, Korruption, Elfenbein- und Diamantenschmuggel, Verkauf militärischer Ausrüstung, von Zucker und Fischmehl, Verhältnisse mit Prostituierten, die sie auf Reisen durch die Kampfgebiete mitnehmen; Parties und prachtvolle Orgien, bei denen »das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird«, Geschenke an Untergebene, um eine gute Atmosphäre zu schaffen. Es sind betrügerische Geschäfte gegen das sandinistische Volksheer und die Republik Angola zum Vorschein gekommen, in denen Ochoa als Zwischenhändler bei Waffenkäufen agierte und einen Teil des Geldes für sich behielt. Die Anklagen konkretisieren sich in bezug auf Diodes Torralbas, den Transportminister, den Brigadegeneral Patricio La Guardia, Vertreter des Innenministeriums in Angola, der für zahlreiche Geschäfte als Kontakt gedient hatte, und seinen Bruder, Tony La Guardia, Oberst des MININ, Zuständiger für die berühmte Abteilung MC (zuerst leitete er die Abteilung Cimex, dann die Gruppe Z). Achtung: Die letzten beiden Personen spielten ebenfalls seit den ersten Jahren bis in unsere Tage eine herausragende Rolle in der Revolution (sie kamen aus dem Revolutionären Direktorium); Tony war Offizier der Spezialtruppen und Patricio war während des Staatsstreichs gegen Allende in Chile.

* General Abelardo Colomé befragt die Brüder La Guardia am 30. Mai und am 2. Juni. Patricio wurde in Havanna von seinem Auftrag in Angola suspendiert, und Tony ist aus der Führung der Gruppe MC ausgeschieden. In der zweiten Befragung werden sie zu ihren Beziehungen zu Ochoa und den Schmuggelgeschäften in Angola befragt. Sie versuchen, alles zu vertuschen. Grundlage ihrer Argumentationslinie ist, daß sich im Land häufig Tauschgeschäfte entwickeln, um während der Operationen Vorräte für das kubanische Heer zu beschaffen.

* In der Unterhaltung mit Raúl wird die Existenz eines Bankkontos von Ochoa im Ausland aufgedeckt (»Hast du ein Konto im Ausland?« – »Nun ja, ein paar Mark.« – »Wieviel hast du?« – »Nichts, nicht der Rede wert.«).

* Am Sonntag, dem 11. Juni, findet eine Sitzung statt, an der Fidel, Raul und einige hohe Offiziere des MINFAR teilnehmen, unter ihnen General Leopoldo Cintra, der zu dieser Zeit Leiter der Mission in Angola ist und neue Erkenntnisse zu der Untersuchung beiträgt. Man fällt die Entscheidung, die Beteiligten zu verhaften, nachdem man die Auswirkungen in bezug auf die nationale öffentliche Meinung und die zweifellos folgenden internationalen Kampagnen abgeschätzt hat.

* Am 12. Juni 1989 werden Divisionsgeneral Arnaldo Ochoa, Hauptmann Jorge Martínez, die Brüder Patricio La Guardia, Brigadegeneral, und Tony La Guardia, Oberst des MININ, Oberst Rodríguez Estupiñán und der Transportminister Diodes Torralbas verhaftet. Die Nachricht von den Verhaftungen sickert nicht durch.

* Wenige Stunden später geben Dokumente, die man im Haus von Hauptmann Martínez findet, die ersten Hinweise, daß es sich um etwas Ernsteres handelt, als man annahm. Man entdeckt Verbindungen von Martínez zu seltsamen kolumbianischen Personen, einen falschen Paß ...

* In der Nacht zum 13. wird die Untersuchung auf die Gruppe MC ausgedehnt, vormals Abteilung Z des MININ, die sich Handelsoperationen widmet, um die Blockade zu durchbrechen, und deren Chef bis vor ein paar Tagen Tony La Guardia war. Man entdeckt die Beteiligung einer Gruppe von Offizieren an zahlreichen illegalen Geschäften, und wichtiger noch, die Schlüssel zu einem Drogenhandelsnetz tauchen auf, das vom Büro des Innenministeriums aus organisiert wird.

* Am 15. werden der Abteilungschef Hauptmann Amado Padrón, der Chef für Seeoperationen der Abteilung, Oberstleutnant Alexis Lago, der Oberleutnant José Luis Piñeda, Hauptmann Leonel Estevez, Major Gabriel Prendes und die Offiziere Antonio Sánchez, Rosa María Abierno, Miguel Ruiz Poo und Eduardo Díaz Izquierdo (der Schatzmeister der Gruppe, bei dem eine halbe Million Dollar sichergestellt wird) verhaftet. Bei der Gruppe werden insgesamt eine Million Dollar und eine Viertelmillion kubanische Pesos beschlagnahmt. Einer, Padrón, besitzt elf Autos; alle haben Waffensammlungen, elektronische Anlagen. Man muß das vor dem Hintergrund des in Kuba herrschenden materiellen Mangels bewerten.

* Die Untersuchung ergibt im Fall von Ochoa und seinem Untergebenen Martínez, daß sie mit nordamerikanischen Mafiosi und Leuten vom Medellín-Kartell in Kontakt gestanden haben, um Kuba als Umschlagplatz beim Drogenhandel zu nutzen. Insbesondere, daß Martinez im Namen Ochoas seit Mitte 1986 Beziehungen zu den Kolumbianern pflegte, über einige in Panama durch einen Italo-Nordamerikaner, Frank Morfa, hergestellte Kontakte, der ihm vorgeschlagen hatte, an Operationen zur Geldwäsche teilzunehmen und sich mit dem Kolumbianer Fabel Pareja, einem Mann des Medellin-Kartells, in Verbindung zu setzen. Letzterer schlägt ihm vor, nach Kolumbien zu reisen, und bietet ihm einen kolumbianischen Paß an, damit er direkt mit Pablo Escobar sprechen kann. Ochoa gibt grünes Licht für die Aktion. Die Unterhaltungen drehen sich um mögliche Handelsoperationen, bei denen Kuba als Umschlagplatz genutzt werden soll (sie bieten ihnen zwölfhundert Dollar für jedes transportierte Kilo), und um die Möglichkeit, an irgendeinem Ort in Afrika ein Laboratorium einzurichten. Ochoa hat keinerlei Infrastruktur und stützt sich auf Tony La Guardia und seine Gruppe. Nichts davon wird konkretisiert.

* Ochoa weiß nicht, daß die Gruppe von Tony La Guardia in den letzten beiden Jahren bereits auf eigene Rechnung erfolgreiche Operationen im Drogenhandel durchgeführt hat, wobei sie Verbindungen zu kubanischen Bootseignern im Exil, zu mexikanischen Drogenhändlern und indirekte Kontakte zu Kolumbien benutzt hat. Diese Gruppe wird durch das Eingreifen Ochoas nur gestärkt. Die erste Operation dieser Gruppe fand schon im April 1987 statt. Ein kolumbianisches Flugzeug landete im militärischen Bereich des Flughafens von Varadero (der von der Gruppe MC kontrolliert wird) und entlud vierhundert Kilo reines Kokain in IBM-Computerkisten. Von dort wird es einen Monat später in Schnellbooten nach Miami weiterbefördert. Es folgt eine Operation mit Marihuana. Im Mai eine zweite Koka-Operation, genauso durchgeführt, und zum Jahresende noch zwei mit weiteren fünfhundert umgeladenen Kilo. Noch zwei 1988 und acht 1989. In mehreren wird eine neue Technik angewandt: Nördlich von Varadero werden aus einem Flugzeug phosphoreszierende Pakete mit Drogen ins Wasser geworfen, dann sammeln Schnellboote sie ein. Insgesamt hat die Gruppe neunzehn Handelsoperationen durchgeführt, von denen fünfzehn erfolgreich waren, es wurden sechs Tonnen Koka verschoben, und sie erhielt für die Zusammenarbeit drei Millionen Dollar. Das Team der MC hat den Bootseignern von Miami klandestine Häuser zur Verfügung gestellt, Militärflughäfen für Flugzeuge angeboten, häufig Treffen mit kolumbianischen, nordamerikanischen und mexikanischen Drogenhändlern in Kuba organisiert und Infrastruktur, Schiffe, Depots beschafft; immer haben sie gegenüber anderen Kräften des Innenministeriums die Tarnung benutzt, es handele sich um gewöhnliche Operationen ihrer Abteilung zur Beschaffung von Material, das der Blockade unterlag (spezielle technische Ersatzteile, Tabakschmuggel mit den Vereinigten Staaten, Material für die pharmazeutische Industrie und Krankenhäuser).

* Auf dem Konto, das Ochoa in Panama besitzt, tauchen zweihunderttausend Dollar auf.

* Wie läßt sich erklären, daß vierzehn Offiziere der Streitkräfte und des Innenministeriums so tief gesunken sind? Die Aussagen der Angeklagten und Gerüchte zeigen, daß der unverantwortliche Umgang mit Geld, die Versuchung, Geschäfte zu machen, und die Entwicklung von Privilegien in bestimmten Sektoren der Bürokratie eine Atmosphäre des »alles ist erlaubt« geschaffen haben. Möglicherweise haben sich einige der Beteiligten auf die Operationen eingelassen, da sie dachten, es seien autorisierte Operationen und die so erhaltenen Mittel würden ihnen helfen, Devisen zur Unterstützung anderer Operationen zu beschaffen, in die sie verwickelt waren, aber der Umgang mit Schwarzgeld korrumpierte jeden, der es auch nur anfaßte. Es ist sehr schwierig, die Ursachen dieses Verhaltens herauszufinden.

* Man hat sich in Kuba entschieden, diese Geschichten öffentlich zu machen und die Beteiligten vor Gericht zu bringen. Granma veröffentlichte am 14. Juni ein kurzes Bulletin, in dem über die Verhaftung Ochoas berichtet wurde und das alle erdenklichen Gerüchte auslöste, und am Freitag, dem 16. Juni, einen großen Teil der vorliegenden Informationen (das Material, das die Redakteure erhalten hatten, um die Veröffentlichung auszuarbeiten, ist Grundlage dieses Berichts). Man denkt darüber nach, ob dies der Beginn einer breiten Antikorruptionskampagne sein könne.

* Kuba hat seine Beteiligung am Drogenhandel kategorisch bestritten, deshalb bedeuten diese Informationen einen harten Schlag für die Revolution, deren Konsequenzen heute unmöglich abzuschätzen sind. Man müßte neben vielem anderen auf eine Verhärtung der kubanischen Haltung in bezug auf die ökonomischen Aspekte der Perestroika hinweisen, die auf der Insel als moralschwächend und als Stimulanz zur Rückkehr zum Kapitalismus interpretiert wird. Es herrscht Unklarheit über die Verantwortlichkeit der hohen Kader des Innenministeriums, aber zweifellos werden sie wegen Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar wegen etwas Schwerwiegenderem, entlassen werden.

* Die Beteiligung mexikanischer Drogenhändler an der Operation ist sekundär. Es scheint, als seien sie nur an dem Vorschlag beteiligt gewesen, ein Netz für den Landweg in die Vereinigten Staaten zu schaffen, aber die Verhandlungen scheiterten.

* Man müßte ...

Das war der Schluß. Alex warf einen Blick auf das Datum des Berichts, den er soeben gelesen hatte. Er kam aus Bradleys Büro und trug das Datum des 15. Juni. Heute war der 16., die Geschichte würde bald öffentlich sein. Von der Verhaftung der Beteiligten bis zur Veröffentlichung war weniger als eine Woche vergangen. Er mußte, was Schneewittchen betraf, eine Entscheidung treffen.

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Die Geschäfte von Perro Loco / Taxi

»Ich will kein Sammeltaxi, ich will ein Taxi, Mann.«

»Noch eins?« fragt sein Kontakt Perro Loco und kratzt sich wegen der verdammten nervösen Krätze, die er sich gerade auf blöde Weise eingefangen hat, »aber du hast doch schon sechs, Bruder.«

Perro Loco Ontiveros gehört nicht zu denen, die sich von so erdrückender Logik beleidigen lassen, und so sagt er dem Dummkopf höchst liebenswürdig:

»Das ist eine der fünftausend Sachen, die dich nichts angehen, Idiot«, wonach er seinem Kontakt, den er schon ausreichend erschreckt hat, ein liebevolles Lächeln schenkt.

»Alles klar. Und was mache ich jetzt?«

»Nun, du tauschst es für mich um, Bruder«, sagt Perro Loco, holt einen silbernen Zahnstocher hervor und säubert sich die Schneidezähne.

»Legen Sie mich nicht aufs Kreuz, Kommandant Ontiveros, wie soll ich Ihnen ein gestohlenes Sammeltaxi gegen ein neues Taxi umtauschen?«

»Das ist dein Problem, Bruder. Das ist dein verdammtes Problem, erzähl mir nichts davon«, sagt Perro Loco, kehrt ihm den Rücken zu und geht langsam auf den Garagenausgang zu. Als er zum Parkplatz kommt, legt Kommandant Ontiveros ein paar Tanzschritte ein, kurz, man soll schließlich nicht übertreiben. Dann steigt er in seinen roten Mustang mit Nummernschild aus Tabasco, fährt die Avenida Tacubaya entlang und hört Lieder von José Alfredo Jiménez in Stereo, deren Texte er kaum versteht, auch wenn er vom Gegenteil überzeugt ist. Deshalb singt er sie nur halb mit, verändert hier und da die Sätze, so wie jemand, der die Socken wechselt. Im Sanborns der Ex-Diana erwartet ihn ein Kollege, El Mierdas, mit dem er einige Geschäfte laufen hat. Ontiveros sieht ihn von weitem: auf die Theke gestützt, über einen Milchkaffee gebeugt, und spekuliert:

»Jetzt ahne ich, weshalb du so eine dreckige Schnauze hast, du bist dem Chef zu oft in den Arsch gekrochen«, sagt er ihm zur Begrüßung. Und dann bestellt er heiße Schokolade mit Doughnuts.

»Der Chef will, daß wir die verdammten Kanarier fassen. Aber jetzt sofort, heute morgen. Er sagt, daß sie ihn völlig am Wickel haben und daß er mit allen Mitteln in die Zeitungen kommen muß, damit der Staatsanwalt ihn nicht fertig macht«, sagt El Mierdas.

»So ein Arschloch. Waren das nicht Freunde von ihm?« »Ist ihm egal.«

»Und wir beide gehen allein?« fragt Ontiveros und schlürft seine Schokolade. »Das ist mindestens eine Aktion für eine komplette Gruppe, mit einem verdammten Panzer und allem.«

»Der Chef hat gesagt, daß du ihm was schuldig bist, Ontiveros, daß du dich nicht dumm stellen sollst; wir gehen allein, schüchtern sie ein und dann, wenn wir sie unter Kontrolle haben, wird er uns den Scheißlastwagen der Grenadiere schicken, um die Lappalie zu erledigen. Außerdem will er Schüsse, viele Schüsse. Und wenn wir uns gut benehmen, schickt er uns einen Hubschrauber«, sagt El Mierdas, den nicht einmal das mit dem Hubschrauber in Schwung gebracht hat und der schon losgegangen ist, um eine Lebensversicherung auf den Namen seiner Mutter abzuschließen, einer guten Frau, die einen Stand mit gebrauchter Kleidung auf dem Merced­Markt aufgemacht hat, nachdem sie ihren Beruf als Hure aus Altersgründen aufgegeben hatte.

Ontiveros denkt mitten im Biß nach. Er ist nicht umsonst dahin gekommen, wo er ist, ohne groß darüber nachzudenken. Die Schokolade rinnt ihm die Mundwinkel hinab.

»Wie viele sind in diesem verdammten Monat bei der Ausübung ihrer Dienstpflicht umgekommen, Mierdas?«

»Keiner, Bruder. Wenn du Librado nicht mitzählst, der an Zirrhose gestorben ist, auch wenn er einen Messerstich im Arm hatte, als sie ihn einlieferten.«

»Ich habe das Gefühl, dieser Kerl ist ein Arschloch«, sagt Ontiveros und bezieht sich mit lauter Stimme auf seinen Chef, als er merkt, daß El Mierdas und er sich nicht nur mit den Kanariern rumschlagen müssen, sondern diesen Monat außerdem die Totenquote der Sondereinsatzgruppe sind. Damit die Presse sieht, daß die bescheidenen Diener der Ordnung auch krepieren.

»Wieso?«

»Nun, er sagt uns, wir sollen uns mit den Kanariern rumschlagen, und er hat den Kanariern garantiert schon gesagt, daß du und ich sie auf eigene Rechnung holen, daß es keinen Furz gibt, wenn sie uns mit der Knarre den Arsch wegblasen, Mann.«

»Leihst du mir was?« fragt El Mierdas, der sich gerade etwas erholt hat.

»Ich leih dir was für die Blumen beim Beerdigungsinstitut und einen Stock, damit deine Leiche schön gerade aussieht, wenn sie ihn dir in den Arsch schieben«, sagt Ontiveros, der die Schnauze voll hat und darüber nachdenkt, wie er aus der Sache raus kommen kann.

110

Geschichten von Journalisten
(Julio erzählt)

Wenn du vögelst, vögelst du. Und wenn du nicht vögelst, reibst du dir den Schwanz wie rasend an der Kühlschranktür oder einer Backsteinwand. Schon seit geraumer Zeit hatte ich es nicht mehr gemacht, und jetzt wiegelte Elena meine Hormone auf, ließ sie auf üble Weise Conga, vorsintflutlichen Twist tanzen, brachte sie ihn Wallung. Glücklicherweise steht den Vergessenen (wie Buñuel sagen würde) und Julio Fernández, der schon seit geraumer Zeit keine sexuellen Beziehungen mehr hatte, das wunderbare Mittel der Onanie zur Verfügung, Die Kunst Sankt Onans besitzt einen Haufen Tugenden, unter anderem kannst du es mit einer vergangenen Brigitte Bardot treiben, als sie noch nicht alt und durch das Schicksal der verdammten Wale verängstigt war. Und so weiter. Du kannst dich mit einem erstklassigen Katalog in deinen Kopf zurückziehen und zwischen Kim Novak, bevor Kirk Douglas kam, und der dicken Susanna wählen, die in einer Konditorei in der Nähe der Oberschule arbeitete und sich, wenn sie Avocados schnitt, über die Theke beugte und ihren Busen zeigte; zwischen der zweiten von links aus der dritten Reihe der Mulattinnen aus dem Tropicana und Fanny Cano in einem Slapstick der Pumas aus dem Jahr 1960. Und so weiter. Das Handbuch ist selektiv, eklektisch. Ohne irgend jemandem Erklärungen über die eigenen speziellen sexuellen Vorlieben geben zu müssen.

Ohne irgendeinem Psychiater erklären zu müssen, warum man die Hose in den Kühlschrank legt (selbstverständlich, damit es morgens schön kalt am Schwanz ist). Oder warum man mit dreizehn ins Haus seiner Verwandten ging, um sich einen runterzuholen, in Abwesenheit des Onkels und in der Nähe der Tante.

In einer solchen intimen Beziehung zu Sophia Loren (1952) befand ich mich, Sankt Onan erhalte uns seine Gnade, als das Telefon zum zweiten Mal klingelte. Ich versuchte, mich weiter zu konzentrieren, vor allem auf einen Punkt: die außerordentlichen Schwingungen des Frauenarsches, als das Telefon wie ein Zensor aus dem Vatikan wieder klingelte.

Es war Elena.

»Ich habe, was du brauchst, Dickerchen.«

»Daran besteht kein Zweifel«, sagte ich zu mir und hielt den Schlauch, der Illusionen pinkelt, in den Händen.

»Ich weiß alles über Rolando M. Limas.«

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Stojan Wasilews Version von Adieu Mompracem von Emilio Salgari, die er sich im Gefängnis von Plewen ausdachte

Sie waren beim zweiten Glas Champagner, die Möwen kündigten die Nähe des Festlands an, und der klare Himmel verhieß Ruhe.

»Dies ist die letzte Gelegenheit, uns zu sagen, wer dich geschickt hat«, sagte der weiße Mann zu seinem erschreckten Gefangenen, der vor ihm an der Schiffsbrücke angekettet war.

»Verlieren wir keine Zeit, wirf ihn den Haien vor«, schlug der furchteinflößende Malaie vor, der ihn begleitete.

Der junge Gefangene, den sie vor zwei Tagen bei einem Duell auf einer Straße in Singapur festgenommen hatten, zitterte wie Bambusrohr im Sturm. »Nein, meine Herren. Aber ihr müßt mich beschützen, wenn ich gestehe.«

»Du mußt dir um nichts Sorgen machen, ab jetzt stehst du unter dem Schutz der Tiger von Malaysia.«

Der Junge betrachtete die beiden prächtig gekleideten Männer.

Der alte Malaie trug einen weißen Leinenanzug, den ein Halbturban mit einer rosafarbenen Perle am Ehrenplatz krönte, und sein europäischer Gefährte ein einfaches weißes Hemd, eine Hose aus festem Wollstoff und einen mexikanischen Sombrero, der zum Schutz vor der brennenden Sonne fast bis zu den Augenbrauen heruntergezogen war. Ein paar Schritte hinter ihnen standen ein weiterer Europäer und ein Javaner; ihrem Verhalten nach zu urteilen ihre Gäste.

»Es war Mirim, der König der Bettler. Er hat uns eine Menge Gold versprochen, das wir frei unter uns allen aufteilen könnten, wenn wir mit eurem Kopf zurückkehren würden.«

»Und was kann ein Bettlerprinz von Singapur von uns wollen?« fragte Yanez de Gomera, der furchtbare weiße Tiger, denn um ihn handelte es sich, seinen Blutsbruder Sandokan.

»Beschreib uns diesen Mirim, Junge.«

»Er ist ein einäugiger Mann, ungefähr fünfzig Jahre alt. Er ist kein Malaie wie ich. Es heißt, er wurde in Bengalen geboren und war ein schrecklicher Pirat auf den Dschunken Stal Inchus, bevor er sich zum König der Elendsviertel unserer Stadt machte.«

Sandokan stieß einen lauten Fluch aus, als ihn der alte Sambiliong unterbrach:

»Ein seltsames Objekt nähert sich, Tiger«, flüsterte er dem entthronten Maharadscha ins Ohr.

»Ich bin gleich wieder bei euch«, sagte der Tiger von Malaysia zu seinen Gästen und entfernte sich vom Tisch. Yanez tat es ihm gleich.

»Was ist los?« fragte der Portugiese.

»Etwas nähert sich.«

»Von Steuerbord?«

»Nein«, antwortete der Malaie.

Yanez suchte den Horizont von Ost nach West ab. Der Ozean

schimmerte in unendlicher Einsamkeit.

»Etwa hinter uns?«

»Nein, weißer Tiger, es kommt vom Himmel.«

Yanez richtete den Blick ungläubig in die Höhe und entdeckte in weniger als einer Seemeile Entfernung einen Fesselballon mit roten und blauen Streifen, den verhaßten Farben des Union Jacks, und einem großen goldenen Drachen, der in die Mitte gemalt war, seine Flügel ausbreitete und seinen flammenden Atem ausstieß. Der Ballon flog ungefähr achtzig Meter über dem Meer, getragen von einer leichten Ost-West-Brise. Es war zweifellos ein schöner Anblick, aber er erschreckte die malaiischen Seeleute, die noch nie so etwas gesehen hatten.

»Sag ihnen, es sei ein chinesischer Drachen, damit sie sich nicht beunruhigen, ein großer Drachen, der Menschen befördert. Es ist nichts Geheimnisvolles dabei«, sagte der Portugiese zu Sambiliong, der sofort losging, um seinen Auftrag zu erledigen.

»Was denkst du?« fragte Sandokan seinen weißen Bruder. Die Gäste, der junge Malang und der seltsame Mann vom Balkan, waren zu innen gekommen, und gemeinsam betrachteten sie den Ballon, der langsam auf das Schiff zukam.

»Klarmachen zum Gefecht, Yanez, ich vertraue niemandem. Seit ein paar Tagen geschehen uns nur seltsame Dinge«, sagte Sandokan.

Yanez wies Parang mit einer Geste an, er solle die Schiffsglocken läuten. Die Besatzung machte sich sofort bereit und ging an die Kanonen und Maxim-Maschinengewehre. Die Entscheidung Sandekans war außerordentlich weise gewesen, denn in diesem Augenblick wurden kleine Handbomben aus dem Fesselballon geworfen, die nur wenige Meter neben der El Vengador explodierten.

112

Longoria tritt in Aktion

Saturnino Longoria beobachtete aufmerksam den Chef von »ihnen«, Er war ein äußerst dünner Mann, mit üppigem, weißem Haar und schlecht rasiertem Gesicht; eine Gestalt, die wie ein Countrysänger nach einer klinischen Entziehungskur aussah.

Als der Schwarze, der wie ein Mörder aussah, sich dem Chef von »ihnen« von hinten näherte, um ihm etwas zuzuflüstern, bestätigte sich Saturninos Eindruck der ersten beiden Konferenztage. Der Kerl kontrollierte etwas, er war der Chef dieses nebulösen Etwas. Dieser Kerl organisierte diejenigen, die hinter seinem Freund Stojan her waren. Die anderen »sie«, die er entdeckt hatte, zählten fast ein halbes Dutzend. Irgend etwas Ernstes ging hier vor: der Schwarze, dann der Gringo mit der Lederjacke, der Stojan vom Flughafen aus gefolgt war, die blonde Journalistin, die in den ersten Reihen saß und sich mit einem italienischen Teilnehmer unterhielt ...

Der Chef von »ihnen« stand auf, Longoria gab ihm einen angemessenen Vorsprung und verzog sich zu einem Seitenausgang des Hörsaals.

Der Hund Malatesta erwartete ihn am Park vor dem Colegio de México. Obwohl er ein Herumstreuner war, beherrschte er das mit dem blinden Gehorsam perfekt. Wo Longoria ihn zurückließ, konnte er das Tier früher oder später wiederfinden. Der Hund war so diskret wie wenige, hielt sich mit dem Bellen zurück, stand meistens zur Verfügung und identifizierte sich klar mit seinem Herrn.

Longoria gab ihm die Kekse, die er auf der Konferenz geklaut hatte, Zimtplätzchen, die zusammen mit Kaffee oder Tee im hinteren Teil des Hörsaals angeboten wurden. Malatesta verschlang sie auf einmal, während sein Sozius aufmerksam beobachtete, wie der Chef von »ihnen« in ein Auto mit Chauffeur stieg und in Richtung Periférico verschwand.

Longoria beobachtete, wie Malatesta die Keksreserve auffraß, und begann, einen kleinen Plan zu schmieden: Welche Nationalität hatten sie? Für wen arbeiteten sie? Waren sie bewaffnet? Was wollten sie? Könnten sie geheime Gesandte der unergründlichen Vergangenheit sein, die Stojan gerade ausgrub?

Er steckte den Stummel einer kanadischen Gitane an, die er aus einem Aschenbecher gerettet hatte; das beste an internationalen Konferenzen war, daß organisierten Parias die internationalen Reste zur Verfügung gestellt wurden. Die dreckige Luft des Ajusco streifte über den lichten Haarschopf Saturnino Longorias und führte dazu, daß Malatesta, ein tropischer Hund, der kaum Kälte und Regen gewohnt war, sich zusammenzog und dann energisch den Schwanz schüttelte. Er brauchte Geld und Infrastruktur. Das andere war »ein Kinderspiel«, wie eine seiner Cousinen zu sagen pflegte, die bis zu diesem Augenblick in der Tiefe seiner Erinnerung verschüttet gewesen war.

113

Die Unsichtbaren verlieren die soeben entdeckte Liebe

Auch wenn es von Anfang an eine unmögliche Liebe war, war es wahre Liebe.

Bald sprachen die Unsichtbaren während der nächtlichen Kämpfe mit den Kakerlaken und den kleinen schwarzen Ameisen in ihrem Zimmer in Brooklyn, in dem sie schliefen, nur noch von der blonden Göttin, die Fermín und El Cochi zugelächelt hatte. Die goldene Frau, die Alvarito von weitem gesehen hatte. Die Frau mit den vollkommenen Beinen, die Alegrías am späten Nachmittag gesehen hatte, als sie ausging, ohne sich das Gesicht oder den Kopf zu bedecken, obwohl es regnete. Die Frau, der Gustavo bis zu einem nahegelegenen Bürogebäude gefolgt war. Die Frau, die Alvaros Hand berührt hatte, als dieser ihr einen Kaffee brachte.

Die Frau schielte, aber dieses kleine Gebrechen hatte keinerlei Bedeutung. Mehr noch, das leichte Schielen machte ihren Blick intensiver, fremdartiger, begehrenswerter.

Aber ob sie nun schielte oder nicht, hatte die Frau sie wirklich jemals gesehen? Zweifellos hatten sie ihr ihren Milchkaffee gebracht, zwei Stück Zucker, einen Löffel Kaffeesahne, aber hatte sie sie gesehen? War ihr Blick an einem ihrer Gesichter hängengeblieben? An dem festen Blick über den neon-orange Jacken?

Alvaro schwor, das sei das Unbedeutendste. Wenn sie akzeptierte, mit den fünf gleichzeitig zu leben, würden sie ihr das Essen zubereiten, sie baden und ...

Alegrías war es, der das seltsame Geschehen aufmerksam verfolgte. Er leerte die Mülleimer im Keller des Madison-Gebäudes, eine Extra-Aufgabe, mit der er zwei Dollar täglich zusätzlich verdiente, als er einen Landsmann mit finsterem Gesichtsausdruck und einer 38er in der Hand sah, der den Ausgang der Fahrstühle bewachte. Alegrías drückte sich an die schmutzigen Wände des Kellers, um zu verschwinden. In einem Winkel fast ohne Licht mitten zwischen zwei schwarzen Cadillacs zog er sich die Jacke aus, knäulte sie zusammen und schob sie unter ein Auto. Dann wartete er darauf, daß der Typ erledigte, wofür er gekommen war, um danach ruhig weiterarbeiten zu können.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und der Unsichtbare entdeckte überrascht, daß ein Zwerg ausstieg und die Frau, die sie alle bewunderten, mit seiner kleinen Hand unter dem Rock am Hintern vor sich herschob. Sie sprach englisch, und der Zwerg antwortete in derselben Sprache, während sie auf ein gedrungenes, smaragdgrünes Auto zugingen.

»Was sagt sie?« fragte der dünne Mexikaner.

»Daß ihr dunkle und große wie du gefallen, aber noch lieber hat sie kleine mit Mumm wie mich. Und außerdem hat sie gesagt, daß sie es mag, wenn man Rumbakugeln für sie spielt«, antwortete der Zwerg. Dann stiegen sie ins Auto, und er konnte nichts mehr hören. Die Frau hatte keine große Angst, sie zitterte kaum. Alegrías verging beinahe vor Liebe.

Als Alegrías das Anlassen des Motors hörte, nutzte er die Gelegenheit, um sein Versteck zu verlassen und die Parkplatzrampe hinaufzurennen. Sie müßten eine komplette Runde im Keller drehen, um herauszukommen. Das Nachmittagslicht machte den Unsichtbaren fast blind, der nicht an die schrecklichen Folgen seines Tuns dachte, in ein Taxi stieg und auf spanisch sagte:

»Gleich wird ein grüner Wagen genau hier herauskommen, folgen Sie ihm, ohne ihn zu verlieren«, und wollte sein Messer aus dem Futteral ziehen, um seiner Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, als eine Stimme ihm auf spanisch mit Sinaloa-Akzent antwortete:

»Selbstverständlich, Landsmann.«

114

In der Nacht von Dienstag, dem 23....

... fiel Alex auf eines der Betten in Zimmer 210 und beobachtete zwei Fernsehmonitore. Um ihn herum kontrollierte der Rest der operativen Brummbär-Einheit Benjamins drei Aufnahmegeräte und ein Telefon, Der rechte Monitor zeigte das langweilige Bild eines leeren Hotelflures. Der linke Monitor zeigte ein Zimmer mit ungemachtem Bett, das so ähnlich aussah wie das der Nordamerikaner. Stojan Wasilew, der alte bulgarische Journalist, hatte gerade das Zimmer betreten und legte ein Bücherpaket auf das andere Bett. Fernsehen aus der Zeit des Stummfilms, sagte sich Alex, während er eine Zigarette rauchte. Wasilew zog sich aus und ging ins Badezimmer, wobei er den Aufnahmebereich der Kamera verließ. Alex sah sich im Spiegel der Kommode an und drückte wütend seine Zigarette aus. Ein zweiter Glimmstengel lag qualmend im Aschenbecher. Es war heiß im Zimmer. Brummbär-Vier hatte sich das Hemd ausgezogen, tanzte im Unterhemd durchs Zimmer und suchte ein Glas für ein paar Eiswürfel, die er in der Hand hielt. Brummbär-Sieben löste ein Kreuzworträtsel in einer alten Sonntagsbeilage der L. A. Times, und Benjamin las die mexikanische Ausgabe des Playboy. Um 9.37 klingelte das Telefon. Alex antwortete.

»Das Subjekt ist mit der Australierin in einem Hotel im Zentrum. Die Bedingungen sind erfüllt«, sagte Brummbär-Drei.

»Danke«, antwortete Alex. Er legte auf, lenkte den Blick zum Monitor und betrachtete das leere Zimmer des Bulgaren. Er badete immer noch. Alex zündete sich eine neue Zigarette an. Dann wandte er sich an Benjamin und sagte:

»Achtung, wir gehen in Warteposition.«

Er konzentrierte sich weiter auf das Zimmer des Bulgaren auf dem Monitor, während die anderen im Raum hinter seinem Rücken noch einmal die Einzelheiten durchgingen.

»Ist Orlando im Zimmer?«

»Er hat den Fernseher eingeschaltet. Ich höre ihn gut«, antwortete Brummbär-Vier.

»Wir hätten das Risiko eingehen sollen, im Zimmer der Nicaraguaner eine Kamera zu installieren«, sagte Benjamin.

»Nein. Wenn sie entdeckt wird, bricht die ganze Operation zusammen. Was beunruhigt dich? Wir haben ihn auf dem Flurmonitor ins Zimmer gehen sehen, er ist allein. Über das Mikro im Nebenzimmer hört man den Fernseher. Was beunruhigt dich, Ben?« fragte Alex.

»Nichts«, sagte Benjamin.

Alex beobachtete auf dem Monitor von Stojans Zimmer, wie der Bulgare, der in ein Handtuch gehüllt war und eine Zeitschrift las, ins Schlafzimmer ging.

»Wir können anfangen«, sagte er.

Benjamin ging ins kleine Wohnzimmer der Suite, band sich mit nervösen Bewegungen die Krawatte und gab Brummbär-Acht, dem Guatemalteken Domingo, der ziemlich schläfrig in einem Sessel lag, ein Zeichen mit der Hand.

»Stell das Band an«, befahl Alex Brummbär-Sieben im Hauptraum.

Der Brummbär schaltete das Gerät ein, und in Stojan Wasilews Zimmer konnte man einen Streit hören, der offensichtlich aus dem Nebenzimmer kam. Alex setzte den Kopfhörer auf, damit er ihn hören und die Reaktionen Stojans darauf genau beobachten konnte. Der Bulgare schien zunächst, weil die Lektüre seiner Zeitschrift ihn ablenkte, die Geräusche, die scheinbar aus dem Zimmer zu seiner Linken kamen, nicht zu bemerken.

»Komm schon«, murmelte Alex. »Bist du nicht mehr neugierig? Bist du alt geworden? Bist du taub?«

Scheiße, und wenn er wirklich taub war? Wenn er schlecht hörte? Daran hatte er nicht gedacht.

»Stell die Lautstärke ein bißchen höher, ohne zu übertreiben«, befahl Alex Brummbär-Sieben.

Die Augen aller Anwesenden waren auf den Monitor gerichtet, auf dem der Bulgare zu sehen war, der die internationalen Seiten von Proceso las. Stojan ging zur Zimmerbar, öffnete sie, holte eine Coca-Cola und ein Fläschchen Rum heraus und mischte sich mit aller Bedachtsamkeit einen Cuba libre. Plötzlich schien er die Schreie zu bemerken, die man durch die Wand zum Nebenzimmer hörte.

»Also«, flüsterte Alex, »also, Komm schon, komm schon.«

Wasilew setzte die Brille auf. Alex dachte: um besser zu hören, genau. Er muß gut sehen, um besser zu hören.

»Schneewittchen greift an«, befahl er völlig cool, obwohl andererseits nur zu deutlich wurde, wie nervös er war.