Zu diesem Buch:

Dieses Buch ist die überarbeitete Neuauflage des 2007 erschienen Heyne-Sachbuches LAUNOLOGIE- Mit neuem Schwung durchs Leben.

Unter Mitarbeit der Wirtschaftspsychologin Petra Sinn wurde das praxiserprobte 10-tages Trainingsprogramm als Praxisteil angehängt.

Aktuelle Untersuchungen und wissenschaftliche Aussagen haben mittlerweile seit 2007 die vielen Aussagen bestätigt.

Die Launologie ist als Protowissenschaft etabliert und zahlreiche Unternehmen haben sich bereits „launologisch zertifizieren“ lassen.

Das WlFAL-Institut Berlin hat mit der Charakteranalyse Chara24 und vielen ausgebildeten Chara-Master-Trainern die launologische Revolution bedeutend vorangetrieben und mit dem jährlich vergebenen LAUNEUS AWARD an bedeutende Persönlichkeiten, die für die Weiterverbreitung von guter Laune in Unternehmen, Krankenhäuser und in der Wissenschaft einen herausragenden Dienst geleistet haben, hat auch die breite Öffentlichkeit die Launologie registriert. Preisträger wie Dr.Eckart von Hirschhausen, Werner „Tiki“ Küstenmacher, Prof.Dr. Willibald Ruch, Sabine Asgodom und Felix Gaudo sind unermüdliche launologische Revolutionäre. Es werden weitere dazukommen.

Inhalt

Vorbemerkung

Schlechte Laune ist ein Gift. Sie verfärbt unsere Seele, tropft in unseren Geist und macht unseren Körper buchstäblich »sauer«. Sie durchzieht unsere gesamte Persönlichkeit mit einem aggressiven, ätzenden Nebel, der sich zunehmend schwieriger vertreiben lässt. Sie macht uns krank. Schlechte Stimmungen oder längere depressive Episoden bescheren uns Magengeschwüre, Migräne, Ausschläge und Allergien – oder Schlimmeres.

Selten sind uns die Wechselwirkungen unserer Stimmungen bewusst. Doch die Symptome unserer Stimmungen sehen wir allerorten: Depressive Erkrankungen werden spätestens 2020 Volkskrankheit Nummer 1 in Deutschland sein – rund die Hälfte unserer Gesundheitskosten wandert bereits heute in die Behandlung mehr oder minder psychosomatischer Phänomene und psychischer Erkrankungen. Und folgen wir den Trends in den USA, so geben wir in wenigen Jahren den Löwenanteil der Medikamentenkosten für nichts anderes als stimmungsaufhellende Psychopharmaka aus – die wachstumsstärkste Medikamentengruppe weltweit!

Als wäre all das nicht schon ernst genug, kommt noch eine weitere Tatsache erschwerend hinzu: Schlechte Laune ist hochgradig ansteckend! Jedes fünfte Kind in Deutschland ist erziehungs- oder umfeldbedingt psychisch auffällig: depressiv, angsterfüllt oder sozial entwicklungsgestört, zurückgeblieben. Jedes dritte Kind ist zudem noch übergewichtig. Jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland hat mit seinem Arbeitgeber innerlich endgültig abgeschlossen: wegen der Stimmung am Arbeitsplatz, der Unternehmenskultur oder der Beziehung zur Führungskraft im jeweiligen Unternehmen. Was hier wie dort irgendwann einmal als scheinbar harmlose Laune, als »Verstimmung« beginnt, kann für das Umfeld, die Kinder, Familie, die Freunde und Kollegen eine weit größere und nachhaltigere Wirkung haben, als wir zunächst ahnen.

Gleichwohl gibt es natürlich auch Profiteure der schlechten Stimmung: Der Markt der Therapeuten und der Lebenshilfe-organisationen – als Beispiel – boomt. Stimmungsgetriebene Auseinandersetzungen um Gartenzäune, Verkehrsunfälle, Kündigungen oder Lärmbelästigungen verschaffen dem Rechtsberatungs- und Justizsystem seit Jahren steigende Umsatz- und Fallzahlen. Und auch die Pharmaindustrie jubelt: Die Bevölkerungszahlen sinken, doch der Verlust an Lebensfreude, an Zufriedenheit und Klarheit in unseren Lebensstilen beschert ihr schon heute konstante Zuwachsraten bei all jenen Pillen, die die physischen Auswirkungen psychischer Probleme therapieren sollen.

Auch die leistungsfähigste Gesellschaft hält solche Trends nicht dauerhaft aus. Sie sind schlicht unbezahlbar und bergen soziale Zentrifugalkräfte, die nicht mehr zu bremsen sind, vom Verlust an Lebensfreude, Klarheit und Zufriedenheit ganz abgesehen. Welch groteske Bilanz für eines der reichsten (Platz 10), aber bei Weitem nicht der lebenszufriedensten (Platz 93 unter 200 Nationen) Länder der Welt! Folglich ist es Zeit für eine Umkehr. Zeit für ein Nachdenken darüber, ob nicht Stimmungen und Launen – volkswirtschaftlich längst als wichtige Elemente einer Bilanz von Erfolg oder Misserfolg anerkannt, das Nachdenken darüber sogar mit Nobelpreisen bedacht – gezielt in den Blick genommen und bearbeitet, ja vielleicht sogar von uns »gemanagt« werden wollen. Physiologisch sind sie bis heute wenig erforscht, psychologisch oftmals erst interessant, wenn die Grenze zum Pathologischen, zum Krankhaften schon überschritten ist.

Wir sehen in der LAUNOLOGIE einen wissenschaftlichen Ansatz, der individuelle und organisatorisch-institutionelle Stimmungen beschreibt, ihre Wirkungszusammenhänge erklärt und jeden Einzelnen wie auch Organisationen bei der Herstellung positiver Stimmungslagen unterstützt. Wir stehen dabei auf den Schultern von Riesen und bedienen uns der neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung, der Neurobiologie, der Persönlichkeitspsychologie und der Motivations-, Volitions- und Handlungsforschung, der Lebenskunst-Philosophie und der Schulmedizin ebenso wie praktischer Ratschläge und Erfahrungen aller Teildisziplinen. Eine launologische Lebens-oder Unternehmensführung kann präventiv wie auch kurativ wirksam werden und ist als gelebte Psychohygiene ein Teil der dringend anzustoßenden persönlichen Lebenskunst. Und: LAUNOLOGIE macht Spaß! Der Weg zum Launologen bringt viele positive Erkenntnisse über Ihre Persönlichkeit mit sich. Er ermöglicht Ihnen bessere Beziehungen zu Ihrem Lebensumfeld und beruflich wie privat unerwartete, ungeahnte Erfolge, Chancen, Glücksmomente. Ganz ohne Arbeit geht dies nicht, alles andere wäre wohl eher Hokuspokus. Doch wir versprechen Ihnen, LAUNOLOGIE ist die bei Weitem angenehmste Form der Arbeit an uns selbst.

Als Prof. Dr. Heinrich Meng im Jahr 1939 an der Universität Basel mit seinem Buch Seelischer Gesundheitsschutz die Wurzeln zu seinen späteren »psychohygienischen Vorlesungen« an die Öffentlichkeit brachte und in seiner Folge Juristen, Pädagogen, Soziologen, Theologen und Mediziner Grundlagen von Freud, Adler und Jung zur Entstehung der psychosomatischen Erklärungsmodelle nutzten, war der Durchbruch zu einer vernetzten Wahrnehmung einer adäquaten Lebensführung geschafft. Die Neurowissenschaften der Gegenwart liefern nun die verblüffenden wissenschaftlichen Bestätigungen vieler Denk- und Verhaltensansätze des letzten Jahrhunderts. Es ist eine dringende Aufgabe geworden, diese Erkenntnisse in eine gelebte Praxis zu überführen. Dazu ist die richtige Stimmungslage eine unabdingbare Voraussetzung. Selbst wenn alle objektiven Rahmenbedingungen stimmen, kann der moderne Mensch seine Lebensqualität oft nicht genießen, weil Stimmungen oder Launen sich wie ein Filter über das alltägliche Erleben und Empfinden legen. Stimmungen sind die Hintergrundmusik des Alltags. Sie geben den »Ton« und die »Farbe« in unser Sozialverhalten, sie schwächen oder steigern unsere Leistungsfähigkeit und wirken mittelfristig auf unsere Gesundheit und unser Lebensglück. Ohne es direkt zu spüren, gleiten wir im Lauf eines Tages oft von einer in die nächste Stimmungslage. Gerade noch fühlen wir uns euphorisiert, gelassen und zuversichtlich, nur um uns im nächsten Moment »irgendwie gefrustet«, nervös oder depressiv zu fühlen.

Im Unterschied zu den großen Gefühlsmomenten wie Freude, Angst, Ärger oder Wut registrieren die meisten Menschen bei ihren Launen keine klaren Auslöser oder Bedingungsfaktoren. Stimmungen wühlen uns zwar nicht so auf wie unsere sogenannten Emotionen, dafür dauern sie zeitlich deutlich länger an und sind damit entscheidend für unsere Betrachtung von Lebenskunst und Lebensglück.

Unser Ziel ist es, nicht nur die Hintergründe und aktuellen Erkenntnisse der Stimmungsforschung verständlich zu machen, sondern Ihnen auch wirkungsvolle Instrumente des »Mood-Management« anzubieten.

Als Autoren wären wir natürlich glücklich, wenn unser Buch über Humor und die heitere Sicht der Welt nicht nur zur Verbreitung der guten Laune beitragen, sondern auch zum nachdenklichen Betrachten unser aller Lebensgewohnheiten und Rituale des Alltags anregen würde.

Unsere Schlussfolgerungen basieren auf Aussagen unterschiedlicher Wissens- und Wissenschaftsgebiete, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftliche Gründlichkeit bis ins letzte Detail. Denn dann wäre dieses Buch unlesbar – und im Übrigen auch ganz ausgesprochen unhandlich geworden.

Helmut Fuchs und Petra Sinn

Berlin, im August 2013

Ein Leitfaden für dieses Buch

Dieses Buch ist die erste zusammenfassende Darstellung zu den Grundlagen und Wirkungen von guter Laune. Im Vordergrund steht die Frage, wie wir als einzelner Mensch und als Mitglied der Gesellschaft zu einer positiven Lebensgrundhaltung finden. Wir wollen Ihnen zeigen, wie Sie mit guter Laune neuen Schwung für Ihr Leben bekommen.

Das Buch ist so angelegt, dass Sie nicht Kapitel für Kapitel vorgehen müssen, sondern nach Lust und Laune darin blättern können. Lediglich Teil IV ist in sich so geschlossen, dass Ihnen ein wichtiger Teil unseres launologischen Konzepts fehlen würde, wenn Sie auf ein Kapitel verzichten.

Machen Sie aus diesem Buch Ihren launologischen Begleiter. Wenn Sie es nicht ausgeliehen haben oder es zum Weiterverschenken benötigen, sollten Sie darin Wichtiges anstreichen und eigene Erkenntnisse notieren. Wenn Sie es ausgeliehen haben oder verschenken müssen, kaufen Sie sich gelegentlich ein neues. Nehmen Sie es mit, wenn Sie auf Reisen sind, und lesen Sie darin, wenn Ihnen die gute Laune einmal abhanden kommt – der Heiterkeits-Vorrat dieses Buches ist unerschöpflich.

TEIL 1

Heiter bis wolkig – alles über gute und schlechte Laune

1

Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt,

der andere packt sie an und handelt.

DANTE ALIGHIERI

Grundlagen und historische Wurzeln

»Eine verstimmte Gitarre hört sich grässlich an«, sagt Holger Ehrhardt-Rößler, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Musiktherapie aus Berlin, »auf ihr können Akkorde nicht harmonisch klingen. Mit schlechter Laune ist es ähnlich: Sie ist eine Verstimmung unserer Seele.«

Gleichwohl: Etwas Gutes hat sie auch, die schlechte Laune. Nach Erkenntnissen von US-Psychologen steigert eine negative Gemütslage das Erinnerungsvermögen. Die schlechte Laune einer Person führt zu einer differenzierten Verarbeitung des Erlebten, während eine positive Stimmung eher zu assoziativer Verarbeitung verleitet. Mit letzterer schleichen sich Fehler ein, das Assoziierte wird als wahr empfunden. »Geschönt« nennen wir diese Form des Erinnerns, die uns das Leben leichter, das präzise Erinnern freilich schwerer macht.

Demnach müssten die Deutschen über ein außergewöhnliches Erinnerungsvermögen verfügen. Stimmungsstudien zeigen auf, dass die »schlechte Laune« in Deutschland epidemieartige Ausmaße annimmt. Es besteht also dringender Handlungsbedarf.

Der amerikanische Psychologieprofessor David G. Myers hat eine ganz eigene Erklärung, warum wir Deutschen so miesepetrig sind: Es sind, so Myers, unsere Umlaute. Sie zwingen den Sprecher zu Gesichtsausdrücken, die eine negative Stimmung und sogar Traurigkeit verbreiten…

Die Launologie als Wissenschaft von der Heiterkeit will nun endlich Ursache und Wirkung von guter und schlechter Laune verstehen, um die Voraussetzungen und Parameter für eine heitere Lebenshaltung bestimmen zu können. Launologie beschäftigt sich vorwiegend mit den körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen der Launenhaftigkeit und ist bemüht, interdisziplinarische Zusammenhänge bei der Erforschung und Bewältigung unserer inneren Einstellungen und Haltungen zum Leben transparent zu machen.

Launologie will Ihnen einen Werkzeugkasten an die Hand geben, in dem Sie immer passende Instrumente finden, um gut gelaunt alle Lebenslagen zu meistern. Doch um selbst in schwierigen Situationen seine gute Laune nicht zu verlieren, muss man erst einmal wissen, wo die Fallstricke lauern und warum dem so ist. Denn sowohl die gute wie auch die schlechte Laune haben ihren Platz in der Entwicklung des Menschen und seiner sozialen Strukturen. Und Sie werden sich wundern, wie weit die Tradition zurückreicht, sich über persönliche Stimmungsschwankungen zu unterhalten.

Der Ausdruck Laune (v. lat. luna = Mond) bezeichnet ursprünglich eine vermeintlich vom Mondwechsel ausgehende Einflussnahme auf den Menschen und seine Stimmung. Er stammt aus dem Frühmittelalter. Die phasenbedingte Wandelhaftigkeit des Mondes übertrug man auf den menschlichen Charakter, sodass eine jähe Veränderung der Gemütslage mit der Veränderlichkeit des Mondes in direkten Bezug gebracht wurde. Mondeinwirkung und Stimmungsschwankungen wurden auf diese Weise zu sprachlichen Anknüpfungspunkten für Wortschöpfungen im gesamten europäischen Kulturraum. Im englischen Sprachgebrauch etwa bezeichnet »lunatic« den eher gemütskranken Menschen, im italienischen beschreibt »lunatico« den in seinen Stimmungen stark schwankenden, wahrhaft üblen »launischen« Zeitgenossen.

Als »gute Laune« oder »launige Atmosphäre« bezeichnen wir eine optimistische Heiterkeit. Geselligkeit, Humor, vielleicht ein Schuss Spott zeichnen »launige« Momente aus. Doch besser als die »gute Laune« scheint vielen Menschen die negative Form, die »schlechte Laune« bekannt, die wir meinen, wenn wir einen Mitmenschen als »launisch« charakterisieren. »Launisch« nennen wir seine Gemütsschwankungen, die scheinbar ohne erkennbare Ursache eintreten. Launische Menschen sind uns unangenehm.

Launologie ist unserer Definition nach die Kunst heiterer Lebensführung. Der Launologe begegnet dem Leben mit Gelassenheit, Zuversicht und Optimismus. Schwierigkeiten, Probleme und Veränderungen sieht er als Chance, den eingeschlagenen Weg noch einmal zu überprüfen, neue Strategien zu erproben und/oder sich selbst weiterzuentwickeln. Er blickt den Realitäten selbstbewusst entgegen. Er hat erkannt, was wesentlich in seinem Leben ist. Er weiß den Wert all der Informationen, Botschaften und Appelle abzuschätzen, die sich täglich an ihn richten, ohne auszublenden oder zu negieren, was – wenn auch nicht für ihn, so doch für viele Menschen – großen Wert zu haben scheint.

Wie die Laune hat auch die Heiterkeit sprachlich weit zurückreichende Wurzeln. Das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen und galt lange als ein Synonym zur Klarheit oder zur Transparenz. Heute kennen wir es aus der Charakterisierung einer Persönlichkeit– und natürlich des Wetters.

Der Philosoph Wilhelm Schmid merkt an: »Penetrante Fröhlichkeit verfehlt die Heiterkeit sogar völlig. Sie mutet töricht an, wenn sie grundlos ist, also um ihre Bedingtheit nicht weiß. Heiterkeit ist eine eher verhaltene, zurückhaltende Angelegenheit. Sie ist nicht ein bloßes Gelächter, sondern ein ernstes, ernsthaftes Unternehmen, ein altes und zu erneuerndes philosophisches Konzept. Nichts für moderne Zeiten, könnte man meinen. Da sie in der Moderne nicht zu finden ist, muss man in die Geschichte zurückgreifen, will man die Heiterkeit wiedergewinnen.«

Heiterkeit ist oft begleitet von Lachen und Humor. Gleichwohl darf sie nicht mit ausgelassener Fröhlichkeit oder Lustigkeit verwechselt werden. »Heiter bis wolkig« signalisiert uns der Wetterdienst – und wir freuen uns auf das kommende Wochenende. »Heiterkeit ist Regsamkeit, Bewegung, Leben«, schreibt Marie von Ebner-Eschenbach, und Martin Luther, eine echter Launologe, schlug in seinen Tischreden vor: »Die Jugend soll nicht traurig sein, sondern heiter und fröhlich. Junge Menschen sollen voll Frohsinn sein.«

Die vorphilosophischen Anfänge einer heiteren Grundhaltung spiegeln sich in vielen Bildern. Die frühesten zeichnet die griechische Mythologie. Euthymía, die Heiterkeit im Griechischen, ist wahlweise Göttin neben Zeus, dem Götterkönig, oder eine Bache, die Dionysos, dem Gott des Weines (wir kennen ihn auch als Bacchus), der Fruchtbarkeit und der Ekstase, vortanzt. Sie symbolisiert Lebensfreude, Entspannung, aber auch Anmut, Jugendlichkeit und Leidenschaft.

In den Anfängen der Philosophie hat Demokrit (ca. 460 bis 370 v.Chr.) eine erste Begriffsbestimmung versucht. In der Aufzeichnung seiner Schriften firmiert der Titel einer Abhandlung Über die Heiterkeit, die leider verloren gegangen ist, aber in seinen Fragmenten zur Ethik lassen sich Teile daraus finden. Heiterkeit ist demnach und »entgegen einer irrigen Annahme nicht mit der Lust identisch«. Sie ist, meint Demokrit, viel eher dort zu finden, wo »die Seele sich gelassen und wohl gefestigt verhält und nicht durch Furcht, Aberglauben oder einen anderen Affekt erschüttert wird«. (Zitat Schmid) Sie ist ethische Haltung, verbunden mit einer klaren Sicht der Welt, und »sie ist nicht nur irgendein Wert, nein, sie ist das höchste Gut, nicht abhängig von äußeren Gütern«.

Auch Seneca (etwa 4 v Chr. bis 65 n. Chr.) ist ein wichtiger Botschafter der Heiterkeit. Sein Begriff der tranquillitas ist die Übersetzung der griechischen euthymía, beschrieben in der Schrift Über die Ausgeglichenheit der Seele (De tranquillitate animi), die von der sogenannten Seelenruhe handelt, die wir nicht mit Untätigkeit verwechseln dürfen. Seelenruhe ist ein Zustand, der in antiken – und auch in heutigen – Vorstellungen nur durch konzentrierte Aktivität erreichbar ist. Seneca lehrt uns über sie: »Fröhlichkeit ist ausdrücklich nicht Heiterkeit, sie ist nur ein Instrument dazu, ein kleiner Exzess, ein Übermut, ein Frohlocken und Jauchzen, eine Ausgelassenheit, die das Pendel der Heiterkeit gelegentlich nach dieser Seite hin ausschlagen lässt.«(Schmid)

Hier und da, meint Seneca, sei es durchaus willkommen, auch mal vorübergehend den Kopf zu verlieren: Auch so wird tranquillitas, nämlich Heiterkeit im Sinne der Ausgeglichenheit, bewahrt und wiederhergestellt – durch den Wechsel zwischen dem In-sich-selbst-Gehen und dem Aus-sich-heraus-Gehen, zwischen Introversion und Extroversion. Heiterkeit soll uns mit einer Erhabenheit ausstatten, die uns über Alltägliches und Gewöhnliches erhebt. Schmid: »Der heitere Mensch ist entrückt im wirklichen Sinne des Wortes, und er steht doch mitten im Leben, wie es gelebt wird.«

Lebenskunst-philosophisch scheint also gerade die Erfahrung von Widersprüchlichkeit ein wichtiges Wesensmerkmal einer in sich ruhenden, klaren, eben heiteren Lebenshaltung zu sein. Eine Betrachtung, die auch der Basler Psychiater und Lehrstuhlinhaber für Psychohygiene, Prof. Dr. Heinrich Meng, als unausweichliche Grundlage für eine ausgewogene Lebensführung zitiert, und die sich ebenso in der Beschreibung der »Komplementärgebundenheit menschlichen Seins« von Gregory Bateson wiederfindet. Freude und Leid, Trauer und Frohsinn, Einsamkeit und Geselligkeit, Sorge und Muße sind ihm zufolge wiederkehrende Prozesse einer gegensätzlich, also komplementär gebundenen Lebensvielfalt. Das eine ist, diese Erfahrung lehrt uns das Leben, ohne seinen Gegensatz nicht erlebbar. Keine Freude ohne Trauer, kein Wert der Geselligkeit ohne die Erfahrung des Einsam-Seins. Heiterkeit beseitigt diese Gegensätze nicht. Aber eine stabile, heitere Grundhaltung nimmt ihnen die belastenden Gefahren. Gelegentliches »Angeheitertsein« ist ihr schon von alters her erlaubt.

Manchmal soll man’s auch fast bis zu einem Rausch kommen lassen, aber nicht so, dass er uns ertränke, sondern nur eintauche. Der Wein spült ja Sorgen fort, und er lockert den Geist gründlich auf: Wie manche Krankheiten heilt er den Trübsinn, und so ist der ›Befreiende‹ nicht wegen der Zügellosigkeit der Zunge der Erfinder des Weines genannt worden, sondern weil er den Geist befreit von der Knechtschaft der Sorgen.« Seneca

Der durch seine biografischen und philosophischen Werke bekannt gewordene griechische Schriftsteller Plutarch ist ebenfalls eine wichtige Station in der Begriffsgeschichte der Heiterkeit. Er lebte von 45 bis 125 n. Chr. das Leben eines wahren Launologen. Seine Ansichten sind bis heute hochmodern und lebenskunst-philosophisch hervorragend bei Wilhelm Schmid bearbeitet.

Plutarch erinnert demnach daran, dass beim Verständnis der Heiterkeit als Seelenruhe für manche Menschen ein Missverständnis entstehen kann: Heiterkeit als Zustand der Untätigkeit, des Stehens, als »Ruhe« zu sehen. Würde sie tatsächlich darauf beruhen, wäre dies, so konstatiert er, gerade so, als »würde ein Seelenarzt widersinnige Dinge für eine unruhige Seele verordnen: Leichtsinn, Schlaffheit, Ver-rat an Freunden, Familie, Vaterland, für die man ja sodann nichts mehr zu tun hätte. Anstelle von Heiterkeit wäre das zwangsläufige Resultat solcher Untätigkeit der Missmut (dysthymía). «

Plutarch propagiert einen Gegenentwurf: Heiterkeit soll, wenn auch nicht um ihrer selbst willen, so doch »um des Schönen willen« erstrebt werden. Sträflich wäre für ihn das »Unterlassen des Schönen; es wird mit Trübsal und Unruhe bestraft«. Heiterkeit, so lässt sich daraus schließen, resultiert also aus der Tätigkeit zur Realisierung des Schönen, also dem, was – so Plutarch – »voll und ganz bejaht werden kann«.

Heiterkeit beruht philosophisch darauf, Missmut zu vermeiden. Doch selbst wenn wir in diesem Sinne handeln, dürfen wir auch bei Plutarch nicht erwarten, dass dies reibungslos vor sich geht. Unsere Werkzeuge, die realen wie die zwischenmenschlichen, sind meistens krumm und schief, und es kommt – so die Lehre aus Plutarch – »darauf an, sie so zu gebrauchen, wie sie nun mal beschaffen sind«, sie schonend und maßvoll zu benutzen. Dies gilt erst recht für den Umgang mit den Menschen: Sie sind so, wie sie sind. Und sollte es Probleme im Umgang mit ihnen geben, ist die Ursache dafür wohl eher bei uns selbst zu suchen. Unsere Selbstliebe ist – vielleicht – gekränkt. Das lässt sich, so der altgriechische Ansatz, korrigieren, indem wir uns weniger betroffen fühlen. Wer sich daran gewöhnt, Eigenarten und Merkwürdigkeiten anderer Menschen hinzunehmen, der erreicht anstelle von Missmut Wohlgemutheit.

Für die antike Philosophie ist es unsinnig, sich über erfreuliche Dinge nicht zu freuen. Es hat keinen Sinn, sich nur das Übelste und Schlimmste im Leben vor Augen zu führen. Immer hat das Leben auch erfreuliche Seiten, über die hinwegzugehen sträflich wäre. Der Philosoph Aristipp, den Plutarch gerne zitierte, ging mit gutem Beispiel voran und verstand es stets, die Gewichte seiner Aufmerksamkeit so zu verteilen, dass die Waage seines Lebens grundsätzlich zu den erfreulicheren Dingen hin ausschlug. Im Zweifelsfall war jedes Erleben für ihn lediglich eine Frage der Perspektive, die er zurechtzurücken verstand. Wichtig sei, »auf sich selbst zu blicken« und sich nicht mit denen zu vergleichen, denen es besser ginge. Denn sonst empfänden wir immer, egal auf welcher Ebene, Mangel im Vergleich zu dem, was diejenigen »über uns« haben. Selbst Könige empfanden bei Aristipp noch Mangel – wenn auch nicht am Irdischen, so doch an all dem, was die Götter haben! Immer gäbe es so, wie weit man auch käme, noch einen weiteren Grund, unzufrieden mit dem eigenen Zustand zu sein; immer würde es an etwas fehlen, das andere haben. Damit aber schlage und bestrafe man sich selbst, statt sich zu sagen, »beneidenswert ist unser Leben«.

Für die antike Betrachtungsweise trägt jeder Mensch beides ins sich: Heiterkeit und Missmutigkeit (dysthymía). Ein Widerspruch wie dieser findet sich für sie nun einmal in der Seele. Aber wir selbst entscheiden darüber, ob wir uns grämen oder freuen, welche Seite des Widerspruchs wir also stärker betonen. Es ist uns zwar nicht möglich, dasjenige zu verwerfen, was bereits vergangen ist und Missmut erzeugen konnte. Möglich ist jedoch, machen wir uns eine solchermaßen durchaus aufgeklärte Ansicht zu eigen, die Arbeit und den Genuss, den das Vergangene in sich enthält, zu bewahren, mit dem Gegenwärtigen zu verbinden und aus dem Gegenwärtigen heraus das Künftige nicht zu verachten. Nur so werden wir, wie die antiken Philosophen sich das angelegen sein ließen, ein reiches und weites Selbst, das nicht allein in der jeweiligen Gegenwart »stumpfsinnig und freudlos« lebt, ganz ohne Vergangenheit und Zukunft.

Plutarchs Quintessenz lautet: Nur keine Furcht vor den Wechselfällen des Schicksals. Wenn man nicht in Furcht lebt vor dem Umschlag der Dinge in ihr Gegenteil, kann man beide Seiten von Widersprüchen bewusst leben: Licht und Schatten, schön und hässlich, Lust und Schmerz, auch wenn man sich jeweils das wünscht, was als das Bessere erscheint. Wer die Zufälligkeit bejaht und sich über das freut, was sie bringt, statt sich über das zu grämen, was sie mit sich nimmt, lebt bei Plutarch »ohne Furcht und Zittern« und kann vom Gegenwärtigen intensiveren Gebrauch machen. Er ist nicht mehr zu überraschen von dem, was geschieht, sondern ist auf alles vorbereitet.

Die Grundlage dafür ist nichts weiter als eine vorsätzliche Übung und Überlegung, die uns für den Zufall bereit sein und keine Fantasien über ein »Leben in zarter Unberührtheit« in uns entstehen lässt.

Unabhängig davon, was uns das Schicksal, der Zufall bringt und worauf wir ohnehin keinen Einfluss haben, können wir uns um das bemühen, was in unserer eigenen Macht steht. Wir können das tun, was »an uns« ist: Ein Leben ohne Reue führen. Wenn wir versäumen, das zu tun, was »an uns« ist, überfällt uns die »Reue«, die in der Prosa griechischer Philosophie »mit ihren Stichen gleichsam der Seele Blut abzapft«.

Die Herausforderung des Lebens besteht nach Plutarch also darin, ein Leben zu führen, in dessen Verlauf nichts bereut werden muss. Reue über unsere Taten oder Versäumnisse wäre für Plutarch schlimmer als aller Kummer über das, was von außen her über uns kommt – für das, was von innen kommt, sind wir schließlich selbst verantwortlich. Keine noch so schöne und großartige Äußerlichkeit – Haus, Gold, Macht oder der eigene Auftritt – kann schließlich »so heiteren Himmel und so glatte See gewähren wie eine Seele, die von niederem Treiben und Trachten rein ist«.

2

Aus den Wolken muss es fallen,
aus der Götter Schoß, das Glück,
und der mächtigste von allen
Herrschern ist der Augenblick.

FRIEDRICH SCHILLER

Fünf Irrtümer, die Laune betreffend

Die fünf größten Irrtümer lauten:

  1. Gute Laune hat man oder hat man nicht.
  2. Gute Laune hängt von äußeren Umständen ab.
  3. Gute Laune kann man nicht beeinflussen.
  4. Gute Laune ist davon abhängig, wie man mich behandelt.
  5. Man kann nicht immer gute Laune haben.

Irrtum Nummer 1:

Gute Laune hat man oder hat man nicht

Erstaunlicherweise finden wir bei den meisten Menschen in Bezug auf die eigene Stimmung eine tiefe Schicksalsgläubigkeit. Sie betrachten die Stimmungen als »gottgegeben« oder, wie Friedrich Schiller es nannte, »aus den Wolken« gefallen und verwenden nur wenige Gedanken darauf, dass die jeweilige »Laune« hausgemacht sein könnte. Genau dies aber ist der Fall. Und genau darin liegt unsere Chance: Wenn die Ursachen unserer Zustände in uns zu finden sind, dann sollten sie beeinflussbar sein.

In der Launologie nennen wir diese Chance zur Selbstbestimmung unserer Laune »persönliche Qualität«. Es ist eine Lebenskunst, und sie zu beherrschen ist erstrebenswert, weil sie uns hilft, unser Leben befriedigender zu gestalten. Diese Kunst, die auch als »Emotionale Selbststeuerung« bezeichnet werden kann, basiert unter anderem auf Erkenntnissen der kognitiven Therapie. Außerdem fließen in sie viele lesenswerte Ausführungen von Dr. Albert Ellis, einem amerikanischen Psychologen und Psychotherapeuten, ein, dessen RET (Rational-Emotive-Therapie) durch das sogenannte NLP (Neuro-Iinguistisches Programmieren) eine weite Verbreitung fand.

Doch keine Angst! Wir stufen Sie weder als krank noch als behandlungsbedürftig ein. Viele geistig und seelisch gesunde Menschen kommen – in unserer komplexer werdenden Umwelt – immer häufiger in Situationen, in denen sie negative Stimmungen und Gefühle quälen. Oft sind die Anlässe vergleichsweise banal. Doch gerade diese Situationen stellen launologisch Weichen: Wiederkehrende Stimmungen und Gefühle führen dazu, dass wir sogenannte Annäherungstendenzen beziehungsweise Vermeidungstendenzen zeigen. Wir betrachten bestimmte Situationen als »schicksalhaft«, »unvermeidlich« oder »gottgegeben«. Folgerichtig versuchen wir auch nicht mehr, sie aktiv zu beeinflussen, und nehmen schlimmstenfalls den damit verbundenen Verlust an Lebensqualität – in welchem Winkel unseres Lebens auch immer – fatalistisch hin.

Wir stellen uns dieser inneren Ergebenheit entgegen. Wir rüsten Ihre Verteidigungsbereitschaft gegen Missmut, üble Laune und depressive Episoden auf und präsentieren Ihnen ein Arsenal an Werkzeugen und Waffen, die Sie zu einem Launologen ersten Grades machen. Aus unserer praktischen Arbeit wissen wir: Es gibt nur wenige Personen, denen diese Gedanken und die daraus abgeleiteten »Werk- und Denkzeuge« nicht helfen.

Unser launologischer Ansatz ermöglicht es Ihnen, aktiv Selbsthilfe zu betreiben. Öffnen Sie sich ein wenig und lächeln Sie über den Gedanken, Sie lägen als Leser quasi auf der Therapeuten-Couch. Praktische Psychologie begegnet Ihnen hundertfach am Tag: Machen Sie sie für sich nutzbar. Werden Sie ein Stimmungsexperte. Schließlich mutet es doch kurios an, dass die meisten Menschen wenige Schwierigkeiten haben, sich bei Kopfschmerzen, Magenverstimmungen oder Erkältungen mit Medikamenten, Hausmitteln, heißen Bädern oder Ruhepausen selbst zu helfen; ihren Stimmungen oder Gefühlsausbrüchen fühlen sie sich aber genauso ausgeliefert wie die Menschen im Mittelalter gegenüber Seuchen. Nur weil sie nicht wissen, wie sie entstehen und wie man sie vermeiden kann, legen sich die negativen Gefühle ohne Vorwarnung eigenmächtig wie ein Nebelschleier über sie.

Beim Durcharbeiten dieses Buchs wird sich dieser Schleier lichten. Sie werden verstehen, wie unerwünschte Emotionen entstehen und inwiefern wir an ihrem Entstehen mitbeteiligt sind. Dann ist eine Voraussetzung geschaffen, damit Sie Ihre Emotionen gezielt steuern können, denn dreierlei ist Ihnen dann bewusst:

Sie sind Ihren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert.

Sie können lernen, Ihre Gefühle wirkungsvoll zu beeinflussen.

Sie können Ihre Gefühle einfacher beeinflussen, als Sie heute glauben.

Wie diese Beeinflussung geht, das zeigen Ihnen auch die in diesem Buch vorgestellten Übungen.

Irrtum Nummer 2:

Gute Laune hängt von den äußeren Umständen ab

»Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut«, sagt ein altes finnisches Sprichwort. Und weist damit auf den verbreiteten Irrtum hin, äußere Umstände, vor allem sozialer Stand und materieller Besitz, seien wichtige Einflussgrößen unserer Stimmung. Besitz und Wohlstand mögen als »Hüter des Schlafes« eine psychohygienische Bedeutung haben – ein Garant für gute Stimmung sind sie keinesfalls.

Wie sehr Menschen gleichwohl diesem Glauben anhängen, konnte am 7. Oktober 2006, einem Samstag, beobachtet werden. Im Lotto wurde mit 36 Millionen der größte Jackpot aller Zeiten ausgespielt. Im Vorfeld liefen die Menschen wie Lemminge in die Lottoannahmestellen, als ob es einen gesicherten Zusammenhang gäbe zwischen Reichtum, Lebensglück und Erfüllung. Der Bild-Kolumnist F. J.Wagner nahm es zum Anlass zu kommentieren:

»Lieber Jackpot, angenommen, ich gewinne dich, 29 Millionen, dann gibt’s keine Post von Wagner mehr. In der Rubrik ›Leben und Wohnen‹ würde vielleicht meine Villa auf großem Grundstück mit vollbeschäftigtem Gärtner gezeigt werden; neben mir eine Frau von etwas über 20, vorzugsweise blond. Meine Zahnlücke wäre gerichtet. Und hinten am Kopf wachsen mir neue Haare. Ich hätte Reithosen an, weil ich vier Araber besitze. Weil ich mir die Namen meiner blonden Törtchen nicht merken kann, nenne ich sie alle Darling. Zum Frühstück trinke ich Champagner, dabei telefoniere ich mit meiner Investment-Bank. Ich trage einen seidenen Bademantel. Danach setze ich mich leicht betrunken in meinen Rolls-Royce. Gott gebe, dass ich niemals im Lotto gewinne und niemals so ein Arsch werde. Arm, aber glücklich schreibt Ihnen weiter, Ihr FJW.«

Wissenschaftlich betrachtet ist ein das Überleben und die Existenz sichernder Besitz eine wichtige Voraussetzung für eine zufriedene Lebensführung. Doch jenseits dessen schafft mehr Reichtum weder mehr Glück noch mehr Heiterkeit. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass ganze Gesellschaften ab einem bestimmten Wirtschafts- und Sozialniveau mit launologisch eher bedenklichen Aspekten zu ringen haben: mangelnde Verteilungsgerechtigkeit, Wertearmut oder Freizeitstress. Dies alles sind Symptome, die in einer den Grundbedürfnissen stärker verpflichteten Gemeinschaft weitgehend unbekannt sind. Nicht verwunderlich also, wenn der ganz überwiegende Teil der reichen westlichen Welt in den internationalen Glücksindizes bestenfalls im hinteren Mittelfeld rangiert, und dabei die Pro-Kopf-Ausgaben für Stimmungsaufheller insbesondere in den USA und Westeuropa weltmeisterlich sind.

Reichtum schließt Glück nicht aus. Existenzielle Not macht aber nicht glücklich, höchstens erfinderisch. Hunger und Verzweiflung lassen zwar Träume zu, nicht aber ihre Erfüllung.

Die Milliarden machten ihn einsam«, schrieb eine große Tageszeitung über den Tod des Milliardärs Friedrich Karl Flick. »Er war so reich, dass er jeden Tag im Lotto gewann, aber wenn er in seiner Münchner Villa (600m2) auf die Terrasse trat, erhob sich hydraulisch eine kugelsichere Glaswand. Seine Autos waren gepanzert. Seine Leibwächter trugen Maschinenpistolen. Er flog Helikopter (2000 Euro/Stunde). Er reiste ohne Gepäck (in jeder Residenz hingen fünf identische Maßanzüge). Sein letzter Stuhl war ein Rollstuhl. Er hat 60 Jahre gelebt, wie nur Milliardäre leben können. Aber am glücklichsten war er beim frisch gezapften Bier bei Käfer und beim Lächeln seiner Zwillinge«, hieß es im Abspann.

Doch jenseits einer Existenzsicherung, jenseits von Hunger, Durst und elementaren materiellen Nöten ist persönliches Glück mit Besitz und Vermögen nicht zu erreichen.

Irrtum Nummer 3:

Gute Laune kann man nicht beeinflussen

Wie heißt es so schön: »Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich!« Vielleicht werden Sie einwenden, eine Änderungen der Perspektive sei ja schön und gut – nur wenn Ihnen nicht nach Heiterkeit zumute sei, würde das wenig nützen. Das akzeptieren wir. Doch vielleicht machen Sie ein paar wissenschaftliche Erkenntnisse nachdenklich: »Wer sich zu einem Lachen zwingt, bekommt bessere Laune«, schrieben vor einigen Jahren Stimmungsforscher und überraschten die Fachwelt mit mehreren physiologischen Untersuchungen. In einem Experiment stellten amerikanische Psychologen Versuchspersonen die Aufgabe, einen dünnen Bleistift zwischen die Zähne zu klemmen – was unweigerlich ein Lächeln erzeugt. Überraschenderweise stieg daraufhin das Stimmungsbarometer deutlich an. Als dieselben Versuchspersonen den Bleistift auf den gewollt aufgesetzten Schmollmund legten, sank die Laune auf den Tiefpunkt. Auch das Aussprechen des Vokals E – was dem Gesicht einen fröhlichen Ausdruck verleiht – führte zu einer messbaren Stimmungsverbesserung. Das Aussprechen des Vokals U, der uns eher mürrisch aussehen lässt, führte hingegen zur ebenso messbaren Verschlechterung der Stimmung der Probanden.

Das Lächeln und Lachen die Stimmung verbessert, wissen wir also. Wie läuft aber so ein »Lächelprozess« ab und was macht er mit uns?

Nun, normalerweise nehmen wir zuerst einen hörbaren oder sichtbaren Reiz auf, der über unsere Nervenbahnen an das Gehirn weitergeleitet wird. Dort »beurteilen« wir das Gesehene oder Gehörte und finden es lustig – oder eben nicht. Mit anderen Worten: Wir »vergleichen« eine Sinneswahrnehmung mit unseren Erfahrungen und Verhaltensprogrammen. Finden wir eine als lustig erlebte Begebenheit der Vergangenheit, die dem Gesehenen oder Gehörten (oder beidem) ähnelt, sendet das Gehirn Botenstoffe aus und gibt so den Befehl zum »Lächeln«.

Das Spannende daran ist nun: Wir können den »Spieß« umdrehen und unser Gehirn austricksen: Lächeln Sie – am besten in einen Spiegel – für mindestens 60 Sekunden. Durch die mimische Funktion des Lächelns werden bestimmte Nervenpunkte aktiviert, die ihrerseits an das Gehirn melden, dass gelächelt wird – genauso wie sie es täten, wenn sie ein Kommando des Gehirns zum Lächeln bestätigen müssten. Unser Gehirn erhält diese Information und betrachtet sie als den unumstößlichen »Beweis«, dass »gute Laune« vorhanden ist. Das führt zu einer kurzen Verwirrung, da es ja keine entsprechenden Signale ausgeschickt hat. Doch da unser Gehirn seine eigene Informationsverarbeitung nicht missachten kann, aktiviert es – lieber spät als gar nicht – das entsprechende Stimmungsprogramm und befiehlt den sofortigen Ausstoß der passenden Glückshormone – die gute Laune entsteht nun auch physiologisch messbar. Das Ergebnis: Unsere Stimmung verbessert sich spür- und messbar in 60 Sekunden.

Irrtum Nummer 4:

Für meine Laune sind andere zuständig

  1. »Mit diesem Idioten arbeite ich keine Minute länger zusammen!«
  2. »Der Kerl bringt mich ins Grab!«
  3. »So einen Chaoten habe ich noch nie erlebt!«
  4. »Ich bin anscheinend hier der Depp für alle!«
  5. »Ich bin zu gutmütig, ich werde nur ausgenutzt. Ich schmeiße alles hin!«

Kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor? Vermutlich. Die meisten Arbeitnehmer haben diese und ähnliche schon einmal zu sich oder Kollegen gesagt, wenn eine Situation kaum mehr auszuhalten war. Helfen sie uns bei der täglichen Arbeit? Manchmal ja! Schließlich sind wir keine emotionslosen oder