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Luca Rohleder - Jobsuche in schwierigen Fällen - Mit Bewerbungen im verdeckten Stellenmarkt Handicaps erfolgreich kompensieren

Dieses Buch wird durch einen unabhängigen Kleinverlag herausgegeben. Es wird versichert, dass keine Beteiligungen durch internationale Investorengruppen, Großverlage oder sonstige Konzerne bestehen. Der Inhalt dieses Ratgebers folgt ausschließlich freigeistigen und fachlich orientierten Gesichtspunkten.

Des Weiteren ist dieses Werk urheberrechtlich geschützt. Dadurch begründete Rechte, insbesondere der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Vervielfältigungen des Werkes oder von Teilen des Werkes sind auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie sind grundsätzlich vergütungspflichtig.

Umschlaggestaltung:      dielus
Umschlagabbildung:© iStock.com/wundervisuals
Korrektorat:Maren Klingelhöfer, www.maren-klingelhoefer.de
Printed in Germany

ISBN 978-3-9818928-1-9

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über https://portal.d-nb.de.

Inhalt

Was ist ein schwieriger Fall?

Vorbereitung

1.1. Arbeitsmarkt

1.2. Bewerbungsunterlagen

1.3. Administration

1.4. Fazit

Recherche

2.1. Stellenanzeigen

2.2. Google

2.3. Messen

2.4. Umfeld

2.5. Alltag

2.6. Social Media

2.7. Fazit

Kontakt

3.1. Persönlicher Kontakt

3.2. Telefonate

3.3. E-Mails

3.4. Fazit

Bewerbung

4.1. Bewerbungsmappen

4.2. Onlinebewerbungen

4.3. Persönliche Übergabe

4.4. Fazit

Zukunft

5.1. Datenbank

5.2. Bewerbungsnachlauf

5.3. Kontaktpflege

5.4. Neue Kontakte

5.5. Fazit

Was ist ein schwieriger Fall?

Aus demografischen Gründen bewegen wir uns auf einen massiven Arbeitskräftemangel zu. Der Kampf um qualifiziertes Personal hat längst begonnen. Allerdings gibt es da einen kleinen Haken.

Das gilt leider nicht für alle Arbeitnehmer. So haben wir die paradoxe Arbeitsmarktsituation, dass wir zwar in einer Zeit des Arbeitskräftemangels leben, aber es dennoch für eine nicht unerhebliche Zahl von Jobsuchenden schwierig ist, davon zu profitieren.

Die Erklärung ist in den Prinzipien des Arbeitsmarkts zu suchen. Er besteht mittlerweile aus zwei Extremen. Derjenige Teil von Arbeitskräften, die über begehrte Qualifikationen verfügen, und diejenigen, die gerade nicht das bieten, was auf große Nachfrage auf der Unternehmerseite stößt.

In erster Linie geht es um „aktuelle“ Berufserfahrungen. Praxiskenntnisse, noch besser Spezialkenntnisse, sind das Maß der Dinge geworden. Und dabei liegt die Betonung auf „aktuell“. Der sofort einsetzbare Könner ist gewünscht. Produktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keine aufwendigen Einarbeitungszeiten benötigen, sind die idealen Bewerber. Trotz Arbeitskräftemangel, sind noch immer nur wenige Firmen bereit, in langwierige Einarbeitungszeiten von neuen Mitarbeitern zu investieren.

Die Leidtragenden dieses Praxistrends sind Ein-, Um- und Wiedereinsteiger/innen. Darunter fallen beispielsweise solche Jobsuchenden, die gerade ihre Berufsausbildung oder eine Umschulung abgeschlossen haben. Dazu gehören auch diejenigen, die noch aktiv im Berufsleben stehen, aber ihren Tätigkeitsbereich oder ihre Branche wechseln möchten. Auch Mütter und Väter, die nach einer Familienpause den beruflichen Wiedereinstieg suchen, stehen vor einer ähnlichen Problematik.

Selbst Bewerber, die keinen klassischen „roten Faden“ in ihrem beruflichen Lebenslauf bieten können, gelten als „schwierige Fälle“ (zumindest aus Arbeitgebersicht) – ganz zu schweigen von der Masse an Jobsuchenden, die über Berufsabschlüsse verfügen, die wenig begehrt sind, weil das Qualifikationsangebot auf der Arbeitnehmerseite bedeutend größer ist als die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Kurz: Es gibt von diesen Abschlüssen ganz einfach zu viele (z.B. bei vielen akademischen Studiengängen, wie (Grafik-)Design, Medien, Geisteswissenschaften, BWL, Sprachen).

Es kommen also zahlreiche Faktoren infrage, warum Bewerbungshemmnisse, also Handicaps, vorliegen können. Selbstverständlich zählen dazu auch alle Arbeitssuchenden, die längere Krankheitspausen hinter sich haben, sowie das Gros der Langzeitarbeitslosen. Aber auch der Wunsch nach dem typischen Traumjob (z.B. Kameramann, Auslandskorrespondent, Fotograf, „etwas mit Tieren“), der von einer übermächtigen Anzahl anderer Bewerbern ebenso begehrt wird, stellt natürlich einen „schwierigen Fall“ dar. Es kommt infolgedessen immer auf die jeweilige spezifische Kombination von Berufswunsch, dem bisherigen beruflichen Lebenslauf und natürlich auch auf die private Ausgangsposition an.

Aus der Ferne ist nur schwer bewertbar, was speziell beim einzelnen Leser die Hintergründe sind, warum er sich bei der Jobsuche schwertut. Zudem liegt es mir völlig fern, dahingehend Bewertungen vorzunehmen. Ersten steht mir das nicht zu und zweitens ist dies auch nicht meine Aufgabe. Darüber entscheidet ausschließlich der Arbeitsmarkt. Dieser bestimmt darüber, ob ein Jobsuchender eine gefragte Frau oder ein gefragter Mann ist. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage ist in Zeiten der Globalisierung das Maß der Dinge geworden. Alles in allem kann folgende Aussage getroffen werden, warum bestimmte Bewerber sehr begehrt sind und andere hingegen auf keine größere Nachfrage stoßen:

Ein „schwierige Bewerbungsfall“ entsteht dann, wenn sich ein Bewerber aufgrund seines beruflichen Profils gegenüber der Konkurrenz seiner Mitbewerber nur schwer durchsetzen kann.

Das heißt, immer dann, wenn bezüglich einer offenen Stelle eine zu große Nachfrage auf der Bewerberseite herrscht, wird es schwierig für bestimmte Jobsuchende. In letzter Konsequenz kann es für solche „schwierigen Fälle“ nur eine einzige Lösung geben: Man hat sich diesem Wettbewerb um die besten Jobs erst gar nicht zu stellen. „Schwierige Fälle“ sollten sich auf geschickte Art und Weise der Konkurrenz entziehen.

Und genau an dieser Stelle setzt dieses Buch an. Es zeigt Ihnen auf, wie Sie schneller und besser freie Stellen aufspüren können als andere Bewerber. Ich stelle Ihnen ein pragmatisches Gesamtkonzept vor, damit Sie immer einen Schritt voraus sein können. Dazu nutzen wir den „verdeckten Stellenmarkt“. Er ist geradezu prädestiniert, sich einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu können.

Dazu müssen Sie lediglich Kapitel für Kapitel in die Praxis umsetzen. Schritt für Schritt bringe ich Sie an Ihr Ziel, sich von einem schwierigen Bewerbungsfall in einen beruflichen Durchstarter zu verwandeln.

Im Übrigen rate ich davon ab, nur einzelne Teile des Buchs für Ihre Jobsuche zu verwenden, da die Inhalte aufeinander aufbauen und kausal miteinander verknüpft sind. Nur in der logischen Abfolge führen die empfohlenen Aktivitäten tatsächlich zum raschen Bewerbungserfolg.

Setzen Sie alle Empfehlungen um, werden Sie nicht nur schnell einen neuen Job finden, sondern sich danach in Ihrem Leben wahrscheinlich nie mehr wieder bewerben müssen. Wie Sie das bewerkstelligen können?

Lassen Sie sich überraschen …

Luca Rohleder

Vorbereitung

Bevor es richtig losgehen kann, sind einige Startvorbereitungen zu treffen. Sie sind ein nicht unerheblicher Bestandteil des hier vorgestellten Konzepts und betreffen folgende Punkte:

1. Arbeitsmarkt

2. Bewerbungsunterlagen

3. Administration

Vielleicht starten Sie schon bald eine berufliche Karriere, die Ihr Leben entscheidend positiv beeinflussen wird. Es geht also um viel. Ihre Vorbereitungen sollten der Bedeutung Ihres Vorhabens in Umfang und Ernsthaftigkeit entsprechen. Je professioneller Sie Ihre Startvorbereitungen durchführen, umso schneller finden Sie einen Job.

1.1. Arbeitsmarkt

Zunächst müssen Sie sich mit den Gegebenheiten der heutigen Arbeitswelt auseinandersetzen. Sie sollten sich frühzeitig mit Marktmechanismen beschäftigen. In letzter Konsequenz suchen Sie jemanden, der Ihnen jeden Monat einen bestimmten Geldbetrag auf Ihr Konto überweist. Im Gegenzug bieten Sie eine bestimmte Leistung an. Als wie wertvoll diese erachtet wird, ist letztendlich von den aktuell herrschenden Arbeitsmarktmechanismen abhängig. Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren, die die Arbeitsmarktbedingungen verändert haben bzw. noch verändern werden:

1. Globale Einflüsse

2. Marktwirtschaftliche Prinzipien

3. Der „verdeckte Stellenmarkt“

Starten wir mit den Erläuterungen bezüglich des ersten Punktes. Die Einflüsse der Globalisierung sind mittlerweile überall zu spüren.

1.1.1. Globalisierung

In Ihrer Bewerbungsphase werden Sie sich mit Arbeitgebern konfrontiert sehen, die einen harten Sparkurs fahren. Die Ursachen liegen in der Hauptsache darin, dass insbesondere viele Großkonzerne noch immer keine Rezepte für die härteren, globalen Wettbewerbsbedingungen gefunden haben. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstrukturierungen, Mitarbeiterfluktuation sowie permanente Unternehmenszukäufe oder Spartenverkäufe sind die Indizien der Hilflosigkeit von Führungseliten. Daneben unterwerfen sich immer mehr Manager der Mode, zweistellige Zuwachsraten zu verfolgen, um sich zu profilieren oder die Aktionäre zufriedenzustellen. Auch das fördert den Druck, Kosten zu senken. Das Bild im öffentlichen Dienst ist ähnlich: Dort wird mittlerweile gespart auf Teufel komm raus. Die Hintergründe von alledem sind offensichtlich.

Wir leben im Zeitalter der globalen Veränderungen. Staaten, die noch vor einigen Jahren zur Riege der Schwellenländer zählten, sind im Aufbruch. Sie streben mit unbedingtem Willen nach mehr Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Die Bevölkerungen dieser Länder sehnen sich ebenso nach schönen Autos, angenehmen Sozialsystemen, Eigenheimen, Urlaubsreisen und allen anderen Bequemlichkeiten, die hohe Wirtschaftswachstumsraten so mit sich bringen. Weit mehr als zwei Milliarden Menschen sind zurzeit in einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsphase, wie sie die etablierten Industrienationen zuletzt in den 1970er Jahren erlebt haben. Insbesondere das ferne Asien, aber auch Osteuropa und Südamerika sind die neuen Musterschüler des Weltmarkts. Wir hingegen, die Champions vergangener Zeiten, sind bequem, müde und veränderungsresistent geworden. Wir wünschen uns die guten alten Zeiten zurück: funktionierende Renten- und Gesundheitssysteme, regelmäßige Einkommenssteigerungen sowie das automatische Anwachsen von Wohlstand und Freizeit.

Allerdings treten immer mehr Nationen in den globalen Wettlauf um Ressourcen, Macht und Kapital ein. Während vor vielen Jahren gerade einmal sieben Staaten (damals die G7) die Weltwirtschaft mehr oder weniger unter sich aufteilten, sind es heute schon fast als dreimal so viele (in der Hauptsache die G20). Die Anzahl neuer, internationaler Marktteilnehmer steigt permanent. Diese erzeugen einen ungewohnt hohen Wettbewerbsdruck auf die „alte westliche Welt“. Dem sind nicht nur die einzelnen Unternehmen, sondern auch die Volkswirtschaften im Ganzen ausgesetzt.

Politiker müssen tatenlos zusehen, wie ihr Handlungsspielraum schwindet. Sie können keine Volkswirtschaften steuern, die längst mit dem Weltmarkt verschmolzen sind, grenzübergreifend wirken und in der Hauptsache internationalen Marktmechanismen gehorchen.

Diese neuen, härteren Bedingungen treffen als Erstes Großkonzerne, die als Global Player aufgestellt sind. Sie geben den Kostendruck an ihre Zulieferer weiter, diese wiederum drücken ihre eigenen Lieferanten im Preis, und so setzt sich dieses Spiel stetig fort – alle Marktteilnehmer versuchen, den Konkurrenzdruck weiterzureichen: Großunternehmen an Kleinbetriebe, schnellere an langsamere, finanzkräftige Firmen an finanzschwache usw. In letzter Konsequenz trifft es diejenigen Unternehmen am härtesten, die am Ende der beschriebenen Kette stehen. Zudem kaufen größere Konzerne kleinere auf oder treiben den Wettbewerb so lange auf die Spitze, bis ein Konkurrent zahlungsunfähig wird. Dies alles erinnert an Kriege, nur eben im wirtschaftlichen Bereich. Man kann es aber auch anders benennen:

Wir leben im Zeitalter des Konkurrenzkampfs.

Nach gleichem Muster sind die internen Abläufe in Unternehmen strukturiert. Somit sind auch der ganz normale Arbeitnehmer und die ganz normale Arbeitnehmerin von den globalen Veränderungen direkt betroffen. Der Ergebnis- und Erfolgsdruck wird von oben nach unten delegiert. Die Unternehmensinhaber oder Kapitaleigner setzen Geschäftsführungen oder Vorstände unter Druck. Die derart verschärften Vorgaben werden an die Managementebene weitergereicht. Schließlich erreicht der Druck die untergeordneten Entscheidungsträger und Führungskräfte, und diese wiederum leiten die Problematik weiter an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Höhere Arbeitsbelastungen und eine von Ergebnisvorgaben geprägte Atmosphäre sind das Resultat am Ende der Hierarchiekette. Und dort befinden sich bekanntlich die einfachen Angestellten.

Allerdings hört dieses böse Spiel noch nicht auf. Arbeitnehmer sind natürlich auch Konsumenten. Sie geben den Druck an die Produzenten zurück, indem sie ein kompromissloses Konsumverhalten zeigen. Man kauft dort, wo es vor allem günstiger, aber auch schneller, besser, größer oder schöner ist – unabhängig davon, aus welcher Region der Erde die angebotenen Waren stammen.

Die globalisierte Welt hat demnach unseren ganz normalen Alltag erreicht. Nahezu alle Teile der Bevölkerung sind direkt oder indirekt vom international härteren Wettbewerb betroffen. Alle nehmen mehr oder weniger an dieser Spirale „immer schneller, weiter, höher und preiswerter“ teil.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass aus Arbeitgebersicht sofort einsetzbare Könner als ideale Bewerber gelten. Schließlich benötigt dieser keine umfangreiche Einarbeitungszeit und bindet kein unnötig teures Personal. Solche Kandidaten sind einfach schneller und billiger einsatzbereit:

Arbeitgeber zeigen in ihrer Auswahl von Bewerbern das gleiche Verhaltensmuster wie der private Konsument, der das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für seine Einkäufe sucht.

1.1.2. Wettbewerb

In Europa war es bisher üblich, dass Regierungen über Gesetze einen stark regelnden Einfluss auf ihre Märkte ausübten. Die Bevölkerung war lediglich einem solchen Wettbewerb ausgesetzt, der mehr oder weniger in die Schranken gewiesen wurde. Wie erläutert, hat sich dies nun dramatisch verändert. Es sind heute eher freie und damit ungezügelte Marktmechanismen zu beobachten. Da macht der Arbeitsmarkt keine Ausnahme. Demnach ist auch bei dem Thema berufliche Qualifikationen das freie Kräftespiel zwischen Angebot und Nachfrage zu beachten. Diese Rahmenbedingungen sind schon bei der Suche des Berufseinstiegs zu berücksichtigen. Demzufolge ist es schon jetzt wichtig, dass Sie sich ein bisschen mit kompromisslosen Marktmechanismen anfreunden:

Die Arbeitskraft ist als eine Dienstleistung aufzufassen, die unter Wettbewerbsbedingungen gegen Gehalt zu verkaufen ist.

Die Akzeptanz dieser nüchternen Sichtweise ist für die Anwendung zeitgemäßer Bewerbungsstrategien sehr wichtig. Damit können Sie viele Konkurrenzsituationen mit anderen Bewerbern, die sich um den gleichen Job bemühen, besser nachvollziehen und zu Ihrem eigenen Vorteil nutzen.

Beispiel:

Es fand ein Seminar für Wiedereinsteigerinnen statt. Frau D. nahm daran teil. Sie war Bürokauffrau und suchte nach ihrer Babypause seit mehr als einem Jahr erfolglos einen beruflichen Wiedereinstieg. Sie hatte allerdings die Zeit genutzt und an zahlreichen Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen. Wurde der Lebenslauf betrachtet, war man zunächst tief beeindruckt. Zehn Zertifikate von renommierten Institutionen, Volkshochschulen und sonstigen Weiterbildungseinrichtungen konnte sie vorweisen.

Frau D. war eine selbstbewusste Frau. Aufgrund ihrer zahlreichen Fortbildungen war sie der Ansicht, dass sie ein Anrecht auf ein überdurchschnittliches Gehalt habe. Schließlich habe sie eine Menge Zeit und Geld investiert, betonte sie immer wieder.

Bisher hatte sie in Vorstellungsgesprächen überzogene Gehaltsvorstellungen genannt. Obwohl manche Gesprächspartner ihr den Hinweis gaben, dass außer ihr noch über hundert vergleichbare Bewerbungen eingegangen seien, addierte Frau D. noch einige tausend Euro auf ihr bisher gewohntes Jahresgehalt. Denn sie hatte ihre Erziehungspause sowie die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit genutzt und war nun der Ansicht, qualifizierter als ihre Mitbewerberinnen zu sein.

Frau D. konnte nicht nachvollziehen, warum die jeweiligen Arbeitgeber immer wieder über ihre Gehaltsforderungen den Kopf schüttelten. Zudem wurde sie regelmäßig darauf hingewiesen, dass sie über keine aktuellen Praxiskenntnisse verfüge. Dennoch hielt sie an ihren beruflichen Vorstellungen fest, obwohl es Frau D. langsam dämmerte, dass andere Bewerberinnen sie regelmäßig in Sachen Gehalt unterboten.

Möchten Sie etwas verkaufen, spielt Ihre eigene Einschätzung über den Wert keine Rolle. Allein das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bestimmt schlussendlich, ob etwas als begehrt oder nicht begehrt eingestuft wird. Je knapper das Gut ist, desto besser die Position für den Anbieter.

Für Ihre Situation als Jobsuchende/r heißt das leider nichts anderes, als dass es in erster Linie nicht entscheidend ist, über welche Qualifikationen Sie verfügen, sondern wie viele weitere Bewerber vorhanden sind, die das Gleiche anbieten. Demnach haben Sie Ihre beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht absolut, sondern vor allem relativ zu sehen. Für Ihre anstehende Bewerbungsphase müssen Sie sich daher immer zwei Fragen stellen:

1. Über welche Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge ich?

2. Wie viele weitere, vergleichbare Bewerber/innen gibt es?

Kommen wir zum entscheidenden Punkt für „schwierige Fälle“: Sie haben Ihre Arbeitskraft gegen Gehaltszahlung zu verkaufen. Verkaufserfolge werden grundsätzlich von der bestehenden Konkurrenzsituation beeinflusst. Herrschen Marktmechanismen, gibt es in der Verkaufsphilosophie nur zwei grundlegende Erfolgsrezepte:

1. Besser sein als die Konkurrenz, das heißt, besser sein als Mitbewerber/innen oder

2. sich dieser Wettbewerbssituation entziehen.

Die meisten verfolgen das erste Rezept. Viele Bewerber begeben sich leichtfertig in einen harten Konkurrenzkampf mit anderen Kandidaten. Sie suchen nach Stellenangeboten in Zeitungen und im Internet oder überschwemmen planlos Personalabteilungen mit ihren Bewerbungsunterlagen. Die Folge ist, dass alle Bewerber auch auf die gleichen Bedingungen stoßen. So verschärfen sie sogar noch den Wettbewerb untereinander. Jeder kämpft tapfer und versucht zu gewinnen.

Sie hingegen sollten ab sofort cleverer sein und sich auf das zweite Rezept konzentrieren. Versuchen Sie erst gar nicht, sich gegen Kandidaten durchsetzen zu wollen, die über ein gefragteres berufliches Profil verfügen als Sie.

Sich dieser Konkurrenz zu entziehen, können Sie immer dann, wenn Sie anderen Bewerbern zuvorkommen:

Sie können den Wettbewerb mit anderen stark reduzieren, wenn Sie über Vakanzen informiert sind, die andere nicht kennen.

Unveröffentlichte Stellen sind demnach der entscheidende Schlüssel für Bewerber/innen, die sich aufgrund ihres bisherigen beruflichen Lebenslaufs nur schwer gegen andere Kandidaten durchsetzen können. Hierbei hilft Ihnen der Trend zum „verdeckten Stellenmarkt“.

1.1.3. Verdeckter Stellenmarkt

Im heutigen Stellenmarkt wird zwischen freien Stellen unterschieden, die in Print- und Onlinemedien veröffentlicht, und solchen, die nicht ausgeschrieben werden. Die Summe der vakanten Positionen die der Öffentlichkeit vorenthalten wird, nennt man verdeckter oder grauer Stellenmarkt (verdeckter/grauer Arbeitsmarkt). Demzufolge existiert ein:

■ Veröffentlichter Stellenmarkt

■ Verdeckter Stellenmarkt

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg betrug der Anteil verdeckter Stellen in den letzten Jahren mehr als 50 Prozent. Das ist eine sehr wichtige Tatsache, die Sie sich bei Ihrer Stellensuche immer wieder ins Gedächtnis rufen sollten. Die Anzahl der Stellenanzeigen in Zeitungen oder im Internet darf nicht mit dem tatsächlichen Umfang offener Positionen verwechselt werden.

Der Trend zum verdeckten Stellenmarkt wird verständlich, wenn die Besetzung offener Positionen aus Arbeitgebersicht betrachtet wird. Es gibt unterschiedliche Ursachen, weshalb bestimmte Jobangebote nicht mehr so einfach aufzuspüren sind. Bestimmte Faktoren haben dazu beigetragen und werden im Folgenden erläutert:

1. Soziale und berufliche Netzwerke

2. Antidiskriminierungsgesetz

3. Rationalisierungsmaßnahmen

4. Erfolgsdruck bei Entscheidungsträgern

Starten wir zunächst mit einem hochaktuellen Trend.

Soziale und berufliche Netzwerke

Netzwerke haben im Berufsleben stark an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung betrifft nicht nur die Jobsuche, sondern auch bereits begonnene Karriereverläufe. Obwohl soziale und berufliche Netzwerke seit Menschengedenken die grundsätzlichen Faktoren gesellschaftlichen Zusammenlebens sind, hat dennoch die Mehrzahl der Bevölkerung diese Tatsache mehr oder weniger vergessen. Vor allem typische soziologische Entwicklungen sind die Ursache.

Soziale Beziehungsgeflechte unter Menschen funktionieren grundsätzlich durch das Prinzip „Geben und Nehmen“. Es ist unumstritten, dass das Nehmen komfortable Seiten hat. Die Mühen des Gebens werden verständlicherweise nur dann bereitwillig in Kauf genommen, wenn es unbedingt sein muss. Diese existenzielle Notwendigkeit der gegenseitigen Unterstützung gibt es in Wohlstandsgesellschaften mit großzügig ausgebauten Sozialsystemen nicht. Regelmäßig wiederkehrende Geldflüsse werden durch langfristig bestehende Arbeitsplätze gewährleistet. Kommt es zu Arbeitslosigkeit oder Krankheit, springen staatliche Absicherungssysteme ein, ebenso bei Altersschwäche oder Pflegebedürftigkeit. Funktionierende Rentensysteme regeln die Zeit nach dem Berufsleben. Es gibt für alles und jedes mehr oder weniger eine Grundversorgung. Zudem tragen geerbte Vermögen zusätzlich zur Absicherung von Existenzen bei. Zumindest für das nackte Überleben müssen keine mühseligen Verpflichtungen eingegangen werden.

Je komfortabler die staatlichen Sicherungssysteme ausgebaut sind, umso weniger sind auf Gegenseitigkeit beruhende Verbindungen unter Menschen notwendig. So werden die Voraussetzungen geschaffen, dass sich soziale Bindungen unter der Bevölkerung lockern können. Individualisierungsprozesse treten an ihre Stelle. Jedermann kann entscheiden, freiheitlich (oder egozentrisch) zu leben, ohne dabei Gefahr zu laufen in eine lebensbedrohende Notlage zu geraten. So weit, so gut.

Das Ganze hat leider einen negativen Effekt. In solchen Gesellschaften geraten die grundsätzlichen Regeln für soziale und berufliche Beziehungsgeflechte in Vergessenheit. So werden sozialisierende Kommunikationsformen und Verhaltensweisen verlernt. Der unmittelbare existenzielle Zwang zur sozialen Kompetenz und einem harmonischen Miteinander besteht nicht mehr. Ein-Personen-Haushalte, alleinerziehende Mütter und Väter, einzeln ausführbare Trendsportarten wie Joggen, Fitnesstraining oder Inlineskating sind typische Indizien für Vereinzelungsprozesse. Sie sind Randerscheinungen in Wohlstandsgesellschaften, die über hochwertige Sozialsysteme verfügen. Diese Entwicklung wird zusätzlich durch die Anziehungskraft von Internet und Fernsehen verstärkt. Diese Medien sind ebenfalls allein nutzbar. Man muss dabei auf niemanden Rücksicht nehmen.

Individualisierungsprozesse sind notwendige Bestandteile der menschlichen Entwicklung und haben durchaus ihre Berechtigung. Allerdings gehört das Zeitalter funktionierender Sozialversicherungssysteme sowie langfristig bestehender Arbeitsplätze inzwischen der Vergangenheit an. Den Staat, der alles regelt und seine schützende Hand über seine Bevölkerung hält, gibt es nicht mehr in der Form der vergangenen Jahre.

Hilfestellungen, Toleranz und soziale Kompetenz als Bestandteile des Überlebens werden künftig wieder einen höheren Stellenwert einnehmen. Je nachdem, in welcher gesellschaftlichen (und natürlich auch finanziellen) Position sich jeder Einzelne befindet, wird das Knüpfen von sozialen und beruflichen Netzwerken wieder das Alltagsleben bestimmen müssen. Immer mehr Menschen erkennen diese Notwendigkeit. Insbesondere die heutigen Netzwerke im Berufsleben sind die typischen Vorboten. Der Trend „eine Hand wäscht die andere“ wird sich verstärken.