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Inhalt

Der Fluch des Waldes

Ein nächtlicher Besucher

Am Rande des Krieges

Die Feinde von Kayonia

Der erstarrte Wald

Eine schreckliche Entdeckung

Arbos!

Lebendig begraben

Die Falle

Alles oder nichts

Velmals Rache

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Mit besonderem Dank an Michael Ford
Für Benjamin Grenier

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Sei gegrüßt,
tapferer Krieger!

Tom ist freiwillig zu einer neuen Mission aufgebrochen und ich habe die Ehre, ihn mit den magischen Fähigkeiten zu unterstützen, die ich vom größten Zauberer aller Zeiten gelernt habe: meinem Meister Aduro. Viele große Herausforderungen warten auf Tom: ein neues Königreich, eine verlorene Mutter und sechs Biester, die unter Velmals Bann stehen. Tom muss nicht nur um ein Königreich kämpfen, sondern auch um das Leben derjenigen, die ihm am wichtigsten sind. Er muss beweisen, dass Liebe stärker ist als das Böse. Doch ist sie das wirklich? Tom wird es nur herausfinden, wenn er stark bleibt und die Flamme der Hoffnung nicht erlischt. Lasst uns gemeinsam hoffen, dass kein böser Wind sie ausbläst ...

Euer Marc
Zauberlehrling von Aduro

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Der Fluch des Waldes

Mit der Axt über der Schulter schritt Edric durch den Wald. Unheimliche Stille umgab ihn. Das Rascheln der trockenen Blätter unter seinen Füßen klang ohrenbetäubend. Er bildete sich sogar ein, seinen eigenen Herzschlag zu hören, so still war es. Wo waren die Vögel, die sonst in den Bäumen zwitscherten, und wo die Tiere, die durch das Unterholz schlichen?

Licht fiel durch die Lücken zwischen den Ästen und tauchte den Wald von Kayonia stellenweise in hellen Sonnenschein. Farne bewegten sich in der leichten Brise und allerlei Pilze wuchsen rund um die Baumstämme. „Der Wald ist wunderschön“, dachte Edric. „Wenn es nur nicht so still wäre!“ Ein Schaudern erfasste ihn. Drei seiner Freunde waren diesen Monat schon in die Tiefen des Waldes aufgebrochen und keiner von ihnen war zurückgekehrt.

„Du bist verrückt“, schimpfte Edric mit sich selbst. „Du hättest nicht herkommen sollen.“

Aber er hatte keine Wahl. Er musste seine Freunde finden! Und sein Dorf brauchte das Holz, das man nur im Wald von Kayonia bekam, um Waffen zu fertigen. Wie sollten sie sich ohne Waffen von der tyrannischen Königin Romaine befreien? Edric verstand nicht, warum die Königin sich gegen ihr Volk gewandt hatte. Jemand musste sie aufhalten!

Er nahm einen Schluck aus seiner Trinkflasche und ging weiter. Aufmerksam betrachtete er die Schatten zwischen den Bäumen. Die Leute im Dorf behaupteten, im Wald würde ein schreckliches Ungeheuer leben. Doch Edric glaubte nicht an diese abergläubischen Geschichten.

Hier gab es doch nichts weiter als Kaninchen und Rehe, oder?

Plötzlich verhedderte sich Edric mit dem Fuß und fiel auf den moosbedeckten Boden. Zum Glück war es nur eine knorrige Wurzel. Edric seufzte vor Erleichterung.

„Hör auf mit dem Unsinn“, schalt er sich selbst. Er stützte sich an einem Baumstamm ab und stand auf. Da fiel sein Blick auf einen umgedrehten Korb, der auf dem Boden lag. Daneben lag ein Haufen halb verrotteter Äpfel.

„Gwynneth?“, fragte er in die Stille. Seine Freundin war vor ein paar Tagen spurlos verschwunden. Das war eindeutig ihr Korb!

Edric trat näher heran und sah sich nach allen Seiten um. Aber es gab keine Spur von ihr.

Plötzlich durchschnitt ein Heulen den Wald – es war ein seltsames, hohes Geräusch.

„Das ist nur der Wind“, versuchte Edric sich zu beruhigen. „Davor muss man sich nicht fürchten!“

Er ließ den Korb liegen und kam zu einer Lichtung, auf der ein einzelner großer Baum stand. Der Stamm war kerzengerade gewachsen und zeigte keinerlei Bruchstellen oder Baumwunden. „Der würde einen guten Rammbock abgeben“, dachte Edric.

Er stellte sich breitbeinig hin, holte mit der Axt aus und ließ sie mit Schwung gegen den Baumstamm donnern. Holzsplitter flogen ihm entgegen und die Wucht des Aufpralls erschütterte seine kräftigen Schultern. Er zog die Axt aus dem Holz und holte erneut aus.

Es dauerte nicht lang, bis der Stamm zu wanken begann. Ein letzter Hieb, dann splitterte das Holz krachend. Der mächtige Stamm kippte langsam zur Seite und Edric sprang aus dem Weg.

„Baum fällt!“, rief er.

Der Stamm stürzte um und prallte hart auf dem Boden auf. Erde und Blätter wurden hochgewirbelt.

Edric machte sich an die Arbeit und befreite den Stamm von den Ästen. Nach einer Weile richtete er sich auf und betrachtete stolz sein Werk. Er würde sein starkes Zugpferd brauchen, um den Stamm ins Dorf zu schaffen.

Edric streckte seine schmerzenden Rückenmuskeln und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Aber was war das?

Ein anderer, noch dickerer Baum stand nur wenige Schritte von ihm entfernt. Ranken so dick wie Edrics Arm wanden sich um die oberen Äste. Eine einzelne weiße Blume wuchs zwischen den herabhängenden Ranken.

„Komisch, dass ich ihn zuvor nicht bemerkt habe“, murmelte Edric. „Aber diese Gelegenheit werde ich mir nicht entgehen lassen!“

Er hob erneut seine Axt, aber bevor er zuschlagen konnte, öffnete sich die Rinde des Baums zu einem Spalt.

„Was zum …?“, rief Edric erstaunt.

Aus dem Spalt leuchteten zwei gelbe hasserfüllte Augen auf.

Ein Rascheln von oben ließ Edric aufblicken. Zwei Äste bewegten sich wie Arme blitzschnell auf ihn zu. Der eine wickelte sich um seine Hüfte und der andere um seinen Knöchel.

„Hilfe!“, schrie Edric verzweifelt. „Der Baum ... ist lebendig!“

Er hob die Axt, um sich zu verteidigen, aber ein anderer Ast riss sie ihm aus der Hand.

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Edric starrte die Augen entsetzt an. Unter ihnen öffnete sich ein zweiter Spalt. Zähne aus spitzen Holzsplittern reihten sich im Mund des Ungeheuers. Sein beißender Atem roch nach verrottenden Pflanzen.

Das Baummonster brüllte vor Wut und der Boden begann zu beben, als die Baumwurzeln hervorbrachen und feuchte Erde durch die Gegend schleuderten. Edric wehrte sich, aber immer mehr Ranken und Äste schlangen sich um seine Arme und Beine und fesselten ihn. Er stemmte die Fersen in den Boden, aber es war hoffnungslos. Das Biest war zu stark. Es gab kein Entkommen!

Edric spürte, wie seine Beine in die lockere Erde gerammt wurden. Entsetzt sah er zu, wie sich harte Rinde um seine Knöchel bildete. Er konnte seine Beine gar nicht mehr sehen – sie waren von Blättern und Ranken bedeckt. Immer höher wanden sich die Ranken und wickelten sich um seinen Oberkörper und dann um seinen Hals. Wie eine Hand legten sie sich über seinen Mund, sodass er nicht mehr atmen konnte.

Er war im Inneren des Baums gefangen! Das Biest brüllte triumphierend und Edric wünschte sich, dass er den Wald nie betreten hätte.

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Ein nächtlicher Besucher

Tom führte Storm vorsichtig zum Rand des Regenbogensumpfes.

„Gut gemacht“, lobte er seinen Hengst und klopfte ihm auf den Hals. Storms Beine waren mit klebrigem Schlamm bedeckt und er schüttelte seine Mähne. Silver folgte ihnen und zog seine Pfoten aus dem weichen Untergrund. Sein Fell war mit Matsch verschmutzt. Glücklich, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, sprang er aufgeregt im Kreis herum und bellte.

„Bin ich froh, dass wir aus dem Sumpf raus sind!“, sagte Elenna erleichtert.