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Brigitte Melzer

Wesen der Nacht

Band 1:
Geistwandler

Roman

hockebooks

38

Mom kam so schnell, dass ich mich fragte, ob sie bereits am Bahnhof gestanden hatte. Mir blieb gerade Zeit für eine Dusche und ein paar Stunden Schlaf, da stand sie auch schon vor der Tür. Ihre Begrüßung war eisig. Lediglich ihr Blick wurde ein wenig weicher, als sie Dads Arm in der Schlinge sah.

»Geh nach oben, Serena. Ich möchte mit deinem Vater allein reden.« Das stumme »Wir sprechen uns später« war nicht zu überhören.

Ich verzog mich in Tricks Zimmer und nahm meinen Platz an Cales Seite wieder ein. Eine Weile lauschte ich Drizzles lautstarkem Schnarchen und versuchte die Stimmen, die nach oben drangen, zu ignorieren.

»Haariger Dämonenarsch, müssen die so einen Krach machen?« Der Kobold hatte sich aufgesetzt. »Die erwecken ja Tote wieder zum Leben.« Er stand auf und zog seinen Strickpullover zurecht, bis er nur noch einen Teil seines Bauches entblößte. »Ist sie immer so?«

»Immer mal wieder.«

Drizzle nickte wissend. »Mütter sind gefährlich: Schlimmer als Dämonen.« Er sah sich im Zimmer um. »Wo ist der Jäger? Haben sie ihn mit einem saftigen Tritt ins Jenseits befördert?«

»Er wird seine Strafe bekommen«, sagte ich. »Aber er hat uns immerhin geholfen.«

Der Kobold schnaubte. »Dir vielleicht, Babe.« Er deutete zum Bett, wo Cale noch immer schlief. »Ihm wollte er nicht helfen. Höchstens sich selbst.«

Ich seufzte. »Du hast recht. Was er Cale antun wollte, ist unverzeihlich. Ich wünschte, ich hätte früher gewusst, was er vorhat.«

Drizzle zog demonstrativ langsam eine Augenbraue in die Höhe. »Ach, jetzt auf einmal? Als ich versucht habe, dir davon zu erzählen, hast du mich vom Hosenbein geschüttelt. Ich bin übrigens sehr unsanft auf meinem Koboldallerwertesten gelandet und –«

»Du wusstest davon?«

»Als du mit dem Geistwandler im Keller gestritten hast, war der Jägerfuzzi draußen und hat mit einer dieser kleinen Schachteln gesprochen.«

Ein Handy. Derek war nach draußen gegangen, um zu telefonieren. Daran erinnerte ich mich noch. »Das hat er mir gesagt.«

»Ach?« Der Kobold stemmte die Hände in die Hüften. »Hat er dir auch gesagt, wer in dem grauen Kasten war?«

Ich unterdrückte ein Schmunzeln und schüttelte den Kopf.

»Der Jäger war so wütend wie ein Lavadämon im Eismeer! Er hat den grauen Kasten angebrüllt, so wie er sonst nur den Geist-wandler angeschrien hat. Hat gesagt, dass er ein mieser Dreckskerl ist. Ihr wolltet mich übers Ohr hauen, hat er gebrüllt. Mich um mein Geld betrügen, indem ihr mich umgeht. Hintergeht!«, korrigierte sich Drizzle dann und schob ein »Bescheißt« hinterher. »Mann, war der sauer. Er hat getobt und geschrien, dass er die Kohle braucht, damit er endlich aus diesem Drecksloch verschwinden kann.«

Plötzlich sah ich alles in einem vollkommen neuen Licht. Was hatte Derek gesagt, als ich an meinem ersten Tag im Cottage auf ihn gestoßen war? Ich bin nicht ganz ohne Grund hergekommen. Nur, dass sein Grund ein anderer gewesen war, als er mir hatte weismachen wollen. Er hatte sich nicht dafür interessiert, wo Dad und Trick steckten – das hatte er längst gewusst. Er war auf der Suche nach Cale gewesen.

Derek war derjenige gewesen, der Cale gefangen hatte, dabei hatte er nie vorgehabt, ihn an das Jenseits auszuliefern. Dad musste zufällig dazugekommen sein, sodass Derek nichts anderes übriggeblieben war, als ihm seinen Fang zu überlassen. Dann war er fortgerufen worden. Als er zurückkehrte, hatte er bereits gewusst, dass er das Cottage leer vorfinden würde – zumindest, was seine menschlichen Bewohner anging. Er war ins Haus gekommen, in der Hoffnung, Cale noch in der Zelle zu finden. Stattdessen war er über mich gestolpert. Plötzlich erschien auch sein Plan, wie wir das Tor und die Kiste sichtbar machen konnten, in einem anderen Licht. Er hätte einfach seinen Verbindungsmann rufen und die Kiste übergeben können. Stattdessen wollte er jemanden rufen, damit das Tor und die Kiste sichtbar wurden, und ihn ablenken, damit ich die Kiste unbemerkt zur Seite schaffen konnte. Ich hätte wirklich schon viel früher merken müssen, dass an dieser Idee etwas faul war. Dass sie nicht zum Verhalten eines Jägers passte, der seinen Job erledigte.

Das Startkapital in eine neue Zukunft, hatte Derek gesagt. Eine Zukunft, in der das Tor vernichtet war. Vielleicht auch eine im Kreis der Hüter, um ihnen zu helfen, auch die anderen Tore aufzuspüren und zu zerstören.

»Aber wie haben diese Artefaktjäger uns gefunden?«, überlegte ich laut.

»Der kluge Jägersmann hat sich verplappert«, grinste Drizzle. »Er hat dem grauen Kästchen gesagt, dass er ihn nicht dazu eingeladen hat, ihn zu übergehen und sich seine Beute direkt abzuholen, nur weil er ihm anvertraut hat, dass der Dämon im Haus des abwesenden Torwächters steckt.«

»Dieser dämliche Arsch!«

»Ha! Du bist lernfähig, Babe!«

Und ich hatte noch etwas gelernt, nämlich den Grund, warum die Auslieferung eines gefangenen Dämons so schnell wie möglich vonstattengehen musste: Es bestand immer die Gefahr, dass ein Artefaktjäger davon Wind bekam und versuchte, ihn sich unter den Nagel zu reißen.

»Verflucht, mir brummt der Schädel. Ich brauch was zu qualmen.« Drizzle sprang von der Fensterbank und ich öffnete ihm die Tür, um ihn aus dem Zimmer zu lassen. Als ich mich wieder umdrehte, hatte Cale die Augen geöffnet. Er war noch immer schwach, zu schwach, um seine Gestalt zu verändern.

»Prinzessin.« Ein Lächeln erfüllte sein echsenartiges Gesicht mit so viel Wärme, dass ich mich fragte, wie ich ihn je hatte fürchten oder gar abstoßend finden können. »Entschuldige mein Aussehen.«

»Du bist verletzt«, sagte ich. »Da sieht jeder ein bisschen verknittert aus.«

»Verknittert?«, echote er. »Wohl eher dämonisch. Wenn ich könnte, würde ich dir diesen Anblick ersparen, aber im Moment …«

»Im Moment bist du einfach nur du selbst. Das ist in Ordnung.«

»Es macht dir nichts aus?«

»Ich bin nur froh, dass du am Leben bist.« Ich setzte mich zu ihm auf die Matratze, griff nach seiner Klauenhand und nahm sie in meine Hände. »Wie fühlst du dich?«

»Als hätte mir irgend so ein Trottel den Herzstein rausgerissen.« Er klang noch immer schwach, doch das Lächeln wich nicht aus seinen Zügen.

»Es sieht ganz danach aus, als wärst du dieser Trottel gewesen.« Ich schloss für einen Moment die Augen, als ich sie wieder öffnete, seufzte ich. »Wie konntest du das tun, Cale! Dir war doch klar, dass das deinen Tod bedeuten würde!«

»Hast du den Hüter gesehen? Hast du gesehen, was mit ihm passiert ist? Dasselbe wäre mir passiert. Das hätte meinen Tod bedeutet. So hatte ich zumindest eine Chance.«

»Aber das ist nur ein Splitter. Er ist so winzig. Wie kannst du damit überleben?«

Er drückte meine Hand. »Er wird wachsen«, sagte er. »Dafür muss er sich täglich aufladen, aber sobald er seine volle Größe erreicht hat, werde ich ein normales Leben führen können.«

»Und bis es so weit ist, musst du in der Nähe des Tors bleiben?«

Er nickte. »Zumindest, bis sie mich ans Jenseits ausliefern. Dort muss ich mir keine Sorgen darüber machen, wie er aufgeladen wird. Es passiert einfach.«

Dafür musst du dir um dein Leben Sorgen machen.

Cale hatte meinen Gedanken aufgefangen. Seine Klauen schlossen sich fester um meine Hand. »Ganz egal, was passiert, ich werde es überstehen – solange ich nur weiß, dass es dir gut geht.«

Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen traten. Schon wieder. In den letzten beiden Tagen war ich zu einem regelrechten Springbrunnen mutiert. Cale hob die Hand und wischte mir die Tränen ab, als sie auf meine Wange tropften. Er setzte sich ein Stück auf, sank aber atemlos gleich wieder in die Kissen. Selbst diese kurze Anstrengung hatte ihn beinahe mehr Kraft gekostet, als er hatte. Mein Blick streifte über seinen Oberkörper, wo sich unter den Hornplatten deutliche Muskeln abzeichneten. Die weißen Verbände an seiner Schulter und seiner Seite, dort wo ihn der Dolch getroffen hatte, hoben sich grell von seiner sandfarbenen Haut ab.

Mein Blick richtete sich auf die Mitte seiner Brust. Die Wunde hatte sich geschlossen, das Blut hatte ich abgewaschen und der kleine Steinsplitter schien bereits fest mit seinem Fleisch verwachsen zu sein. Nachdem ich wusste, wie es ausgesehen hatte, als er noch seinen eigenen Herzstein in sich getragen hatte, war der Anblick erschreckend. Die Kuhle war so groß, dass der Splitter beinahe darin verschwand. Cale nahm meine Hand und führte sie zu seiner Brust. Zögernd berührte ich den Stein. Warm und leuchtend lag er unter meinen Fingern. Vorsichtig strich ich darüber. »Tut das weh?«

Er schüttelte den Kopf. Ich war so unendlich froh, dass es ihm besserging und dass ich hier bei ihm sitzen konnte.

Offenbar war mir anzusehen, dass ich nicht bequem saß schräg neben ihm auf der Matratze, bemüht, ihm einerseits nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken und ihm gleichzeitig so nah wie möglich zu sein. »Komm, leg dich zu mir«, sagte er, als sei das die selbstverständlichste Sache auf der Welt.

Ich wollte protestieren, wollte ihm sagen, dass ich ihm nur wehtun würde, wenn ich versehentlich seine Verletzungen berührte, doch sein Blick war so entschlossen, dass ich widerspruchslos zu ihm unter die Decke schlüpfte und mich in seinen ausgestreckten Arm schmiegte. Wenn Mom jetzt hereinkam, würde sie ihm persönlich den Herzstein herausreißen. Den Stimmen nach zu urteilen, die gedämpft von unten an mein Ohr drangen, bezweifelte ich allerdings, dass sie in nächster Zeit hier auftauchen würde. Armer Dad.

»Ich bin wirklich froh, dass du meinen Plan rechtzeitig durchschaut und den Stein an seinen Platz gesetzt hast.«

Ich hob den Kopf und sah ihn an. Es war noch immer ungewohnt, in dieses Gesicht zu blicken, doch seine Augen – dieses glühende Blau – waren unglaublich faszinierend. »Das war ein Plan? Wann hattest du vor, mich einzuweihen?«

»Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich noch in der Lage sein würde, mir den Splitter selbst einzusetzen. Wenn ich ihn bei mir gehabt hätte und nicht der Kobold, dann hätte es vielleicht sogar geklappt.« Er verzog das Gesicht, was bei einem Dämon einigermaßen schaurig aussah. »Sieht so aus, als hätte ich den Zeitrahmen falsch eingeschätzt.«

»Wie bist du überhaupt an den Splitter gekommen?«

»Drizzle hat ihn angeschleppt, nachdem ich ihn endlich davon überzeugen konnte, dass ich dir zum einen helfen will und mir zum anderen nicht mehr viel Zeit dafür bleibt, weil sonst mein Herzstein explodiert – oder was auch immer damit passiert ist.«

Ich hätte mir denken können, dass der Kobold dahintersteckte. Immerhin war er es auch gewesen, der Cale den Splitter in die Hand gedrückt und mich darauf aufmerksam gemacht hatte. »Ich wusste nicht, dass er sich weigern würde, dich freizulassen. Ich dachte irgendwie, ihr Jenseitswesen haltet sowieso zusammen. Nein«, ich schüttelte den Kopf. »eigentlich habe ich gar nicht daran gedacht, dass er unsere Auseinandersetzung mitbekommen hat. Ganz sicher hatte ich nicht damit gerechnet, dass er sich auf meine Seite schlagen würde.«

»Er tut zwar immer so, als würde ihn nichts und niemand interessieren, aber in Wirklichkeit kann er dich ziemlich gut leiden.«

Ja, das tat er wohl.

Eine Weile lagen wir still da, eng aneinandergeschmiegt. Ich genoss die Wärme und die Nähe und spürte, wie die Müdigkeit sich langsam heranschlich. Trotzdem gab es noch etwas, was ich wissen musste. Ich hob den Kopf und sah ihn an. »Wenn du Trick oder mich entführt hättest, was wäre dann mit uns passiert?«

»Mein Auftraggeber hätte euch als Druckmittel benutzt, damit dein Dad ihm das Tor öffnet, wann immer er es verlangt«, sagte er ernst. »Ihr hättet nicht im Jenseits bleiben müssen, zumindest nicht lange. Sein Plan war es, euch mit einem ähnlichen Bann zu belegen, mit dem er auch meinen Herzstein belegt hat, und euch laufen zu lassen.«

Ich riss die Augen auf. »Und wenn Dad sich geweigert hätte, zu kooperieren, hätte er uns umgebracht.«

Cale nickte.

»Wenn Dad und Trick nicht verschwunden wären und ich niemals hierhergekommen wäre, hättest du es dann getan? Hättest du deinen Auftrag ausgeführt und Trick ins Jenseits verschleppt?«

Sein Blick war an die Decke gerichtet, als könne er dort die Antwort auf meine Frage finden. Schließlich sagte er: »Ich habe deinen Vater nicht nur ausspioniert, sondern auch nach einer Gelegenheit gesucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Ich spielte mit dem Gedanken, ihm von meinem Auftrag zu erzählen, in der Hoffnung, dass er mir irgendwie helfen kann. Bevor ich jedoch etwas unternehmen konnte, hat mich der Jäger erwischt.«

»Warum hast du das nicht schon viel früher gesagt?«

Er zuckte die Schultern. »Was hätte das gebracht? Nachdem Derek dir von meinem Auftrag erzählt hat, hättest du mir kein Wort geglaubt. Du hättest gedacht, dass ich mich nur rausreden wollte. Wenn ich nicht gewesen wäre, dich nicht dazu gebracht hätte, nach mir zu suchen und mich aus der Kiste zu befreien, wärst du niemals hierhergekommen. Und nie in Gefahr geraten.«

Dieses Mal war es an mir, eine Grimasse zu schneiden. »Wohl kaum. Wenn mich die Hüter nicht hier in die Finger gekriegt hätten, hätten sie es noch einmal in London versucht. So oder so: Früher oder später hätten sie mich für ihr Ritual in die Höhle geschleppt.« Ich war ein Druckmittel und würde immer eines sein. Ich war für die Hüter der alten Welt ebenso von Bedeutung wie für Dämonen und wer weiß, wen noch alles, der versuchen wollte, Dad und Trick dazu zu bewegen, ihren Zwecken zu dienen. Ein Torwächter zu sein, war weder einfach noch ungefährlich. Mit einem verwandt zu sein, machte mich zur Zielscheibe. Und ich begriff nun, warum Mom mich so sehr beschützen wollte – auch wenn sie dafür ganz klar den falschen Weg gewählt hatte. Es war eindeutig besser, über die Gefahr Bescheid zu wissen. Ich hegte noch immer den Wunsch, Dad zu helfen, wo ich nur konnte. Lediglich mein Verlangen, Jägerin zu werden, war verschwunden, seit ich Cale und Drizzle kannte. »Es tut mir leid, dass ich dir nicht vertraut habe. Du hättest mich nicht … Es war alles so verfahren. Wie hätte ich wissen sollen, was Derek vorhatte?« Ich seufzte. »Ohne dich hätte ich es nicht geschafft. Danke, Cale.«

»Das hab ich gern getan, Prinzessin.« Er küsste mich auf die Stirn, dann hielt er plötzlich inne. Erschrocken sah ich ihn an. »Hast du Schmerzen? Soll ich lieber gehen?«

»Auf keinen Fall!« Sofort zog er mich fester an sich. »Mir ist nur gerade etwas bewusst geworden.«

»Dass wir diese ganze Geschichte lebend überstanden haben?«

»Besser.« Das Lächeln brachte seine Augen noch stärker zum Leuchten. »Als ich dort in der Höhle lag und du dachtest, ich würde sterben, da hast du mich geküsst.«

»Ist das so verwunderlich? Cale, was ich für dich empfinde, das habe ich noch für keinen Menschen empfunden.«

»Offensichtlich auch nicht für einen Dämon.«

»Meine Vergleichsmöglichkeiten sind in dieser Hinsicht ein wenig begrenzt. Was ist also so Besonderes an einem Kuss?«

»Nicht an einem Kuss. An diesem Kuss. Ich war nicht der blonde Menschenjunge, sondern in meiner wahren Gestalt, und du hast trotzdem …«

Er mochte ein Dämon sein, doch das machte ihn noch lange nicht zu einer abartigen Höllenkreatur. Dämon war nur ein Wort. Eine Bezeichnung. Er war noch immer der Cale, den ich kannte und in den ich mich verliebt hatte. Ganz egal, wie er aussehen mochte. All das wollte ich ihm sagen, doch was bedeuteten schon Worte, wenn ich stattdessen Taten sprechen lassen konnte. Ich beugte mich über ihn und berührte seinen Mund sanft mit meinen Lippen. Was mit einer zärtlichen Berührung begann, gipfelte in einem langen und leidenschaftlichen Kuss, als Cale mich an sich zog, um meine Liebkosung zu erwidern.

Epilog

Caleridon stand am Bahnhof von Duirinish und wartete auf den einfahrenden Zug. Den Zug, der ihm Serena endlich zurückbringen würde. Drei Wochen waren vergangen. Drei lange Wochen, seit sie die Hüter am Tor besiegt und er seinen Herzstein zerstört hatte. Drei endlose Wochen, in denen er Serena nicht gesehen hatte.

Ihre Eltern hatten sich ausgesprochen und irgendwie war es dem Torwächter gelungen, seine Frau zu besänftigen. Ihre Mutter hatte eingesehen, dass auch sie Fehler gemacht hatte, dass es besser und auch sicherer gewesen wäre, ihrer Tochter vom Jenseits zu erzählen, statt zu versuchen, sie davon fernzuhalten. Trotzdem hatte sie darauf bestanden, dass Serena mit ihr nach London zurückkehrte und das Schuljahr zu Ende brachte.

Nicht einmal Drizzle war ihm geblieben. Der Kobold hatte Serena in die Stadt begleitet. »Bei Großmutters Backenbart, ich kann doch nicht ewig hier herumhängen«, hatte er zum Abschied gesagt. »Es gibt viel zu sehen in dieser Welt. Und noch mehr zu rauchen und zu saufen.«

So waren William und er allein im Cottage zurückgeblieben. Serenas Bruder war immer noch nicht zurückgekehrt. Sein Vater wollte ihm noch eine Woche geben, ehe er sich auf die Suche nach ihm machte.

Caleridon hatte jeden Tag mit Serena gesprochen, sie hatten sich über ihr Leben und ihre Gefühle ausgetauscht, doch nachdem sie ihm einmal gegenübergestanden hatte, er sie berührt und geküsst hatte, war es nicht mehr dasselbe wie zuvor. Es genügte ihm nicht mehr, nur mit ihr zu reden. Er wollte mehr als nur ihre Stimme in seinem Geist. Er wollte sie.

Und heute war endlich der Tag des Wiedersehens gekommen. Anfangs hatte Serenas Mutter sich geweigert, sie nach Schottland fahren zu lassen. Ihr Vater hatte jedoch darauf bestanden, dass seine Tochter ihn in den Ferien besuchen kam. Und mit ihr auch ihre Mutter.

Jetzt stand Caleridon neben dem ehemaligen Torwächter und konnte das Wiedersehen kaum noch erwarten. Vor ihnen lagen sechs Wochen Ferien. Sechs Wochen, in denen sie jeden Tag zusammen verbringen konnten und an deren Ende keine weitere Trennung auf sie wartete.

Es hatte lange Gespräche zwischen William und ihm gegeben, und es war nicht leicht gewesen, den ehemaligen Torwächter zu überzeugen. Aber schließlich war William zum Rat gegangen und sie waren übereingekommen, dass Caleridon nicht ans Jenseits ausgeliefert werden sollte. William sollte ihm alle nötigen Papiere besorgen und am Ende der Ferien würde er Serena nach London begleiten. Gus, Serenas Gestaltwandler-Freund, hatte sich bereit erklärt, ihn bei sich aufzunehmen und auszubilden, damit er eines Tages für den Rat arbeiten konnte. Auf diese Weise hoffte Caleridon etwas von dem zurückzahlen zu können, was diese Menschen, die ihn kaum kannten, für ihn getan hatten.

Sein Herzstein heilte gut und hatte beinahe seine volle Größe erreicht. Bis zu seiner Abreise wäre er vollends wiederhergestellt. Dann würde es genügen, alle ein oder zwei Wochen zurückzukehren, um den Stein aufzuladen. Serena würde ihn begleiten, denn nachdem ihre Strafe durch den Hausarrest abgebüßt war, hatte ihre Mutter nichts mehr dagegen, wenn sie ihren Vater regelmäßig an den Wochenenden besuchte. Sie plante sogar, mitzukommen, dachte jedoch nicht daran, vollends wieder zu ihrem Mann zu ziehen. Vermutlich würde sie sich niemals so weit mit dem Jenseits arrangieren können, um für immer hierher zurückzukehren.

In der Ferne kam der Zug in Sichtweite. Anfangs war es nur eine kleine Abgaswolke, die der Triebwagen in die Luft stieß, bald jedoch war die Lokomotive selbst zu erkennen.

Caleridon prüfte sein Spiegelbild in der Glasscheibe des Fahrplanaushangs. Seit seine Kräfte zurückgekehrt waren, trug er wieder das Gesicht des blonden Jungen, als den Serena ihn kennengelernt hatte. Er würde dieses Aussehen auch in London beibehalten, vermutlich für den Rest seines Lebens, doch das störte ihn nicht, denn er wusste, dass Serena nicht nur diese Fassade liebte, sondern auch das, was sich darunter verbarg.

Als der Zug am Bahnsteig hielt, pulsierte der Stein in seiner Brust schneller. Er hatte sich schon vor vielen Jahren für das Mädchen entschieden, das jetzt zusammen mit seiner Mutter aus dem Zug stieg. Damals hatte er nicht gewusst, was es war, das ihn so sehr zu ihr hinzog. Heute kannte er die Antwort: Sie vervollständigte ihn, machte ihn zu einem Ganzen.

In Wahrheit war sie sein Herzstein.

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Wesen der Nacht

Band 2: Dämonenblut

978-3-95751-250-5

Riley mag ihren Job im »Hexenkessel«, einem Laden für Zaubereibedarf, in dessen Hinterzimmer Madame Veritas spiritistische Sitzungen abhält. Alles nur Hokuspokus, davon ist Riley überzeugt. Doch dann erscheint ihr während einer Séance ein waschechter Geist, der sich hartnäckig weigert, wieder zu verschwinden, und merkwürdige Ereignisse beginnen, sich zu häufen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, findet Riley auch noch heraus, dass Madame etwas vor ihr verbirgt – und nicht nur vor ihr, sondern auch vor Nick, dem reichen Schnösel, der mit Hilfe einer Séance seinen verschwundenen Bruder finden will. Riley beschließt, Nick zu helfen, denn sie ahnt, dass es zwischen dem Verschwinden seines Bruders und Madames Geheimnis einen Zusammenhang geben muss.

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Die Autorin

Melzer Brigitte
Brigitte Melzer © Lalo Jodlbauer

Brigitte Melzer wurde 1971 geboren. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zur Fantasy, die sie schließlich auch zum Schreiben führte. Bereits ihr Debütroman Whisper – Königin der Diebe wurde ein außergewöhnlicher Erfolg. Der Roman schaffte es unter die drei besten Manuskripte, die für den Wolfgang-Hohlbein-Preis 2003 eingereicht wurden. Mit Vampyr erfolgte ihr Durchbruch. Von Brigitte Melzer sind mittlerweile zahlreiche Bücher erschienen, mit denen die Autorin ihr Publikum stets aufs Neue begeistert. Brigitte Melzer lebt und arbeitet in München.

Prolog

Die Dunkelheit umgab ihn wie ein Leichentuch. Nur dass er ein Leichentuch hätte packen und zur Seite reißen können. Diese Dunkelheit jedoch war starr und unnachgiebig. Die Wände seines Gefängnisses, dessen beklemmende Enge ihn in eine kauernde Haltung zwang, waren durchzogen von Silber und eingeritzten Schutzrunen. Verdammtes Metall! Es machte ihn wehrlos, behinderte den Fluss seiner Kräfte.

Dabei waren die Wände, die ihn – keine Armlänge entfernt – umgaben, nicht einmal aus Stein, sondern lediglich aus Holz. Er saß in einer Kiste. Einem lächerlichen Ding, mit dem die Menschen Gegenstände in ihrer Welt umherschickten. Holz, organisches Material. Wie sehr wünschte er sich, es mit der Macht eines Gedankens in seine einzelnen Atome zu zerlegen. Dummerweise gehörte das nicht zu seinen Fähigkeiten. Ein Wesen wie er, befand er, sollte dazu in der Lage sein. Nichts und niemand sollte es vermögen, sich einem Geschöpf des Jenseits in den Weg zu stellen. Ganz sicher keine verfluchte Holzschachtel!

Er hatte gelernt auszusehen wie sie, sich so zu benehmen und sich ihrer Welt anzupassen. Trotzdem hatte der Jäger hinter die Fassade des Teenagers geschaut, mit der er sich umgeben, in der er sich sogar wohlgefühlt hatte, und erkannt, was er wirklich war.

Alles war gründlich schiefgegangen. Er hatte seine Mission in den Sand gesetzt und jetzt stand sein Leben auf dem Spiel. Er fürchtete nicht, dass ihn der Wächter töten würde, der ihn hier festgesetzt hatte. Es war sein Auftraggeber, der ihm Sorge bereitete. Dieser verstand keinen Spaß und hatte deutlich gemacht, welche Konsequenzen ein Versagen mit sich bringen würde. Anders als er selbst war sein Auftraggeber durchaus in der Lage, ihn in seine einzelnen Atome zu zerlegen.

Sein Befehl war es gewesen, ein Druckmittel in seine Gewalt zu bringen. Statt sich jedoch unauffällig im Hintergrund zu halten, hatte er nach einem Ausweg gesucht. Dabei war er einem Jäger ins Netz gegangen und fast hatte es den Anschein, als wäre es nicht der Plan des Mannes gewesen, ihn an den Torwächter zu übergeben. Der Jäger hatte kurz gezögert, seinen Fang dann aber widerspruchslos übergeben, woraufhin der Wächter ihn in diesen Kasten gesteckt hatte.

Warum war er überhaupt noch hier? Es war schwer zu sagen, wie viel Zeit vergangen war, seit sich die Tür seines Gefängnisses über ihm geschlossen hatte.

Von wegen Tür. Er schnaubte. Ein elender Deckel! Nenn die Dinge ruhig beim Namen. Du bist nichts weiter als Frachtgut, Caleridon!

Während der ersten Stunden war er noch in der Lage gewesen, dem Fluss der Zeit zu folgen, dann aber hatte sich die Zeit verselbstständigt, hatte ein eigenes, der Finsternis angepasstes Tempo angenommen und plötzlich war es ihm nicht mehr möglich, zu sagen, wie lang er in diesem Loch festsaß. Seine Auslieferung hätte nicht länger als ein paar Stunden auf sich warten lassen sollen. Im schlimmsten Fall einen Tag. Seine Gefangenschaft jedoch dauerte nun schon bedeutend länger an, so viel war gewiss.

Er hatte versucht, sich zu befreien. Hatte sich mit aller Macht gegen die Wände geworfen und, als das nichts half, seinen Geist nach jemandem außerhalb dieses Würfels ausgestreckt. Früher einmal wäre es ein Leichtes für ihn gewesen, jemanden auf sich aufmerksam zu machen und dazu zu bringen, ihm zu Hilfe zu kommen. Doch er verfügte nicht länger über diese Gabe. Er hatte sie schon vor langer Zeit aufgegeben. Es war eine bewusste Entscheidung gewesen und bisher hatte es ihm nie etwas ausgemacht. Selbst heute bereute er nicht, was er getan hatte, auch wenn sich die Dinge anders entwickelt hatten als erhofft. Seine Kräfte hätten ihm ohnehin nichts geholfen, solange das Silber sie blockierte.

Fähigkeiten hin oder her, er wollte sich nicht in sein Schicksal fügen, das würde er niemals tun. Auf keinen Fall konnte er hier sitzen und tatenlos darauf warten, dass man ihn der Gerichtsbarkeit jenseits der Pforten übergab. Nicht etwa der harten Strafe wegen, die ihn für den unerlaubten Grenzübertritt erwartete, sondern wegen seines Auftraggebers. Sobald dieser vom Scheitern seiner Mission erfuhr – und eine Überstellung an den Rat war ein eindeutiger Beweis für sein Versagen –, war sein Leben verwirkt. Ebenso verwirkt war es, wenn der Zeitraum verstrich, den man ihm für die Durchführung seines Auftrags eingeräumt hatte, ohne dass er einen Erfolg vorweisen konnte.

Wenn er eine Chance haben wollte, mit heiler Haut davonzukommen, musste er handeln, solange er sich noch auf dieser Seite der Grenze befand. Aber das Denken fiel ihm schwer. Die Enge und die Finsternis raubten ihm mehr und mehr die Sinne und drohten schon bald jeden klaren Gedanken im Keim zu ersticken.

In der Dunkelheit mochte die Zeit anderen Gesetzen unterliegen, eines jedoch blieb gleich: Sie spielte noch immer gegen ihn. Das Silber verhinderte, dass sich seine Lebensenergie aufladen konnte, wie es draußen der Fall gewesen wäre. Wenn er keinen Weg in die Freiheit fand, würde sie mehr und mehr dahinschwinden. Damit wäre sein Ende besiegelt. Doch noch blieb ihm Zeit. Zwei Wochen mochten es sein – wenn er Glück hatte und mit seinen Kräften haushielt, ein wenig mehr. Es gab allerdings noch eine Möglichkeit.

Caleridon streckte seinen Geist nach der einzigen Verbindung aus, über die er in dieser Welt verfügte. Einer Verbindung, die er vor Jahren verloren hatte und die nun seine letzte Hoffnung war.

1

»Serena, ist alles in Ordnung?«

Pepper hatte Mühe, mir durch das Gedränge die Stufen nach oben zu folgen, als ich aus dem U-Bahnschacht an die Oberfläche floh. Nur raus hier! Raus aus der Dunkelheit und der Enge. Ich brauchte Luft!

Schwer atmend blieb ich vor der Treppe stehen, den Blick auf die Archway Tavern gerichtet, einen roten Ziegelbau mit weiß eingefassten Fenstern, der auf einer dreieckigen Insel zwischen zwei Straßen thronte. Ich starrte auf den Turm mit der Uhr, der sich in der Mitte des Daches erhob, verwundert darüber, dass ich das Ticken bis hierher hören konnte. Doch es war nicht die Uhr, es war mein eigener Herzschlag, der mir in den Ohren dröhnte.

Mit weichen Knien wich ich dem Strom der Menschen aus, die hinter mir die Treppen nach oben drängten. Ich lehnte mich an das massive Metallgeländer neben dem U-Bahnaufgang und sog begierig die Luft ein. Dort unten, in der Enge des vollgestopften Zuges hatte ich geglaubt, ersticken zu müssen. Ohne Vorwarnung hatte ich zu zittern begonnen. Kalter Schweiß war mir auf die Stirn getreten, und mit einem Mal war mir so schlecht geworden, dass ich nur noch einen Gedanken kannte: Luft!

Pepper hatte zu mir aufgeschlossen und blieb vor mir stehen. »Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du bist weiß wie eine Wand!«

Ich nickte. »Mir ist nur schlecht geworden. Hitzestau.« Tatsächlich war es für Mitte Juni erstaunlich warm und die Belüftung in der U-Bahn war, wie so oft, ausgefallen gewesen. Kein Wunder, wenn mir da schlecht wurde. Es ging mir auch schon besser, seit ich dem ratternden Waggon entkommen war. Alles, was blieb, war ein leichtes Frösteln, das mich überkam, sobald mir der Sommerwind über den verschwitzten Nacken strich. Unwillkürlich hob ich die Hand und fuhr mir über den Hals. Die drei Anhänger an meinem Bettelarmband, das Dad mir zum Geburtstag geschenkt hatte, klirrten leise. Das Geräusch beruhigte mich.

Trotzdem wich ich Peppers besorgtem Blick aus. Meine Augen blieben an einem Typ hängen, der mit ans Ohr gepresstem Handy die Treppen nach oben lief und sich angeregt zu unterhalten schien. Hatte er mich gerade angesehen? Er war zwei oder drei Jahre älter als ich, vielleicht ein Student. Für einen Moment verstummte er, als er an Pepper und mir vorbeiging. Er musterte mich neugierig. Meine Güte, ich musste aussehen wie ein Wrack!

Immerhin schenkte er mir ein kurzes, mitleidiges Lächeln, dann nahm er seine Unterhaltung wieder auf. »Ich bin auf dem Weg«, hörte ich ihn in sein Telefon sagen. Seine weiteren Worte gingen im Verkehrslärm unter, als er sich langsam entfernte.

Pepper hingegen sah mich noch immer an.

Ich seufzte. »Es geht mir gut, Peps. Wirklich. Mir wird nur seit einer Weile dauernd schlecht. Vielleicht habe ich mir einen Virus eingefangen oder mir den Magen verdorben.«

»Oder du bist schwanger.«

Ich zog eine Augenbraue hoch. »Von nichts kommt nichts.« Du liebes bisschen, ich hatte nicht einmal einen Freund und ganz sicher niemanden, mit dem ich mich zwischen den Laken hätte wälzen können. Oder wollen. Nein, es war wohl eher irgendein fieser Virus.

Manchmal war es nur ein kurzer Moment, in dem ich das Gefühl hatte, dass mir übel wurde, doch so schnell das Gefühl kam, war es auch wieder vorbei. Manchmal dauerte es Minuten, dann wurde es so schlimm, dass ich nur noch an Flucht denken konnte. So wie vorhin in der U-Bahn. Und fast kam es mir so vor, als könne ich der Übelkeit tatsächlich davonlaufen. Wie sonst ließ sich erklären, dass es mir, nachdem ich den Zug verlassen hatte, schlagartig besserging?

Angefangen hatte es vor zwei Wochen, ausgerechnet an meinem sechzehnten Geburtstag. Dad war extra aus den Highlands nach London gekommen, einmal quer über die Insel, um den Tag mit Mom und mir zu verbringen. Nur mein Bruder Trick, der eigentlich Patrick heißt, war nicht dabei gewesen. Ihn hatte eine Sommergrippe ans Bett gefesselt, sodass er in Duirinish geblieben war. Wer weiß, vielleicht hatte Dad ja ein paar von Tricks Viren im Gepäck gehabt. Es war wie verhext. Seit Mom und Dad sich getrennt hatten und Mom und ich in London lebten, fehlte immer jemand bei Feiern und Festtagen. Bis vor drei Jahren war es stets Dad gewesen, der mit Abwesenheit geglänzt und lediglich angerufen oder Postkarten und E-Mails geschickt hatte.

Dann war Trick, der bis dahin bei Mom und mir gelebt hatte, zu Dad gezogen. Seitdem bekam ich Dad häufiger zu Gesicht. Aber nie gleichzeitig mit meinem Bruder. Die beiden arbeiteten als Aufseher eines Naturschutzgebiets in den Highlands und vertraten sich gegenseitig. Warum ein Stück Landschaft nicht einmal für ein paar Tage unbeaufsichtigt bleiben konnte, hatte mir bisher allerdings niemand erklären können.

»Es geht einfach nicht«, war der Satz, den ich regelmäßig zur Antwort bekam. Früher nur von Dad, inzwischen auch von Trick. Als würde die Welt untergehen, wenn niemand ein Auge auf diesen blöden Landstrich hatte.

Dabei liebte ich diese Gegend, in der ich die ersten fünf Jahre meines Lebens verbracht hatte. Bis Mom und Dad sich getrennt hatten und Mom mit uns fortgezogen war. Unzählige Male hatte ich Mom angebettelt, Dad besuchen zu dürfen. Doch zu meinem Leidwesen erlaubte Mom es mir nie. Er sei zu beschäftigt und ich wäre ihm nur im Weg, behauptete sie dann. Also wirklich, ich war sechzehn, kein kleines Kind mehr, das rund um die Uhr beaufsichtigt werden musste! Trotzdem blieb sie unbeirrbar.

Manchmal verstand ich meine Eltern nicht. Wenn ich die beiden zusammen sah, wollte mir einfach nicht in den Kopf, warum sie sich überhaupt getrennt hatten. Sie wirkten so harmonisch und gingen so liebevoll miteinander um. Sie telefonierten ständig und die Blicke, die sie einander zuwarfen, wenn Dad zu Besuch kam, sprachen Bände. Scheiden hatten sie sich auch nicht lassen und neulich hatte ich sie knutschend in der Küche erwischt, als sie eigentlich den Abwasch erledigen wollten! Sobald sie mich bemerkten, waren sie auseinandergefahren und hatten so getan, als wäre nichts passiert. Wenn sie stritten, taten sie es hinter verschlossenen Türen. Ich wusste nicht, wo das Problem der beiden lag, denn dass sie sich liebten, war schwer zu übersehen. Doch offensichtlich war dieses Problem ausreichend groß, um ein Zusammenleben unmöglich zu machen.

Nach zehn Jahren in London verstand ich immer noch nicht, wie Mom lieber in dieser hektischen Stadt leben mochte als in meinen geliebten Highlands. Dads Job war zeitraubend. Manchmal war er mehrere Tage unterwegs, führte Touristen auf ihren Wanderungen oder sah irgendwo nach dem Rechten. Vielleicht hatte Mom nicht mit der Einsamkeit umgehen können. Andererseits hatte sie Trick und mich gehabt und ehrlich gesagt war sie auch hier in London nicht sonderlich kontaktfreudig. Mom sagte, es hätte mit meiner Krankheit zu tun. Sie wollte an einem Ort sein, an dem sie jederzeit einen Arzt erreichen konnte. Mir ging es schon seit langer Zeit wieder gut, trotzdem waren wir nicht zurückgekehrt.

Pepper boxte mich in die Schulter und riss mich aus meinen Gedanken. »Hey, hörst du mir eigentlich noch zu? Ich hab dich gefragt, ob du schon beim Arzt warst! Ist vermutlich sowieso egal. Wenn es ein Virus ist, habe ich ihn mir bestimmt schon eingefangen und werde spätestens heute Abend über der Schüssel hängen.«

»Ich habe gar nicht gekotzt.« Auch wenn ich manchmal kurz davor war. »Mir ist nur schlecht, und ich glaube nicht, dass es ansteckend ist. Sonst hätte Mom es schon längst. Und du genauso.«

Immerhin verfolgte mich die Übelkeit schon seit meinem Geburtstag. Wir waren chinesisch essen gewesen und vielleicht hatte ich etwas Verdorbenes erwischt. Andererseits hatten wir die Platte für drei Personen gehabt und meinen Eltern fehlte nichts. Auch die eigenartigen Wellen, in denen die Übelkeit kam und ging, passten nicht zu einer Lebensmittelvergiftung. Auch nicht zu einem Virus.

»Hier.« Pepper hielt mir eine Flasche Wasser hin. »Trink etwas.«

Dankbar griff ich danach, schraubte den Deckel ab und nahm einen Schluck. Schon bei unserer ersten Begegnung vor zehn Jahren war Pepper es gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass es mir besserging. Mom, Trick und ich waren damals gerade nach London gezogen. Bis dahin hatte ich mein ganzes Leben in einem einsam gelegenen Cottage in Duirinish verbracht und die Großstadt, mit ihrem Lärm und der Enge, überforderte mich vollkommen. Dass wir kein eigenes Haus mehr hatten, sondern in einem grauen Betonbunker mit unzähligen Wohneinheiten leben sollten, ließ mich in Tränen ausbrechen, sobald ich den grau gefliesten Hauseingang zum ersten Mal betrat. Mom und Trick schleppten die Kisten mit unseren Sachen ins Haus, keiner von ihnen bemerkte, dass ich mich davonstahl. Ich lief die Treppen hinauf, bis es nicht mehr weiterging, setzte mich oben auf die letzte Stufe und starrte vor mich hin, während mir die Tränen in Strömen über die Wangen liefen. Ich bemerkte das Mädchen mit den kupferroten Locken, den neugierig funkelnden grünen Augen und dem Puppengesicht erst, als es sich neben mich setzte.

»Warum heulst du?« Pepper war schon als Sechsjährige ziemlich direkt gewesen.

»Alles hier ist so grau und trist«, schniefte ich. »Ich vermisse das Gras und das Meer. Und den Himmel. Ich will nach Hause.«

»Komm, ich zeig dir den Himmel.«

Bevor ich wusste, wie mir geschah, packte sie mich an der Hand und zog mich den Gang entlang zu einer Feuerschutztür, die auf das Flachdach hinausführte. Dahinter lag ein kleines Paradies. Zumindest etwas, das meiner Vorstellung davon ziemlich nahe kam.

Jemand hatte das Dach mit künstlichem Rasen ausgelegt und am Rand unterhalb der Dacheinfassung Blumenkästen und ein kleines Kräuterbeet aufgestellt. Der kleine Dachgarten wurde sofort zu meinem Lieblingsplatz, und Pepper, die auf unserer Etage wohnte, zu meiner besten Freundin. Durch sie fand ich in der Schule schnell Anschluss, trotzdem blieb sie immer die Allerwichtigste für mich. Daran hatte sich auch nichts geändert, als Mom und ich vor ein paar Monaten aus dem heruntergekommenen Mietshaus in ein Reihenhaus in Camden gezogen waren.

Selbst nach zehn Jahren in London vermisste ich noch immer die schroffe schottische Küste, an der ich aufgewachsen war. Ich vermisste das Rauschen des Meeres, das Raunen des Windes und die Stille. In der Stadt war es ständig laut, es stank und immer war irgendwo etwas los. Immerhin hatte mir der Lärm, so wenig ich ihn mochte, geholfen, die Stimme aus meinem Kopf zu vertreiben. Jene Stimme, die der Grund dafür gewesen war, dass Mom mich hierher verpflanzt hatte. Meine Krankheit.

In Gedanken versunken schraubte ich den Verschluss wieder auf die Flasche und gab sie an Pepper zurück. Sie stopfte sie in ihre Tasche und deutete auf die Treppe zu den U-Bahntunneln. »Bist du so weit?«

Auch wenn die Übelkeit verflogen war und ich mich wieder vollkommen normal fühlte, behagte mir die Vorstellung nicht, nach unten zu gehen. Was, wenn mir wieder schlecht wurde, sobald wir in der U-Bahn waren? Die Strecke war nicht lang, nur noch eine einzige Station. Ich redete mir ein, dass ich das wohl hinbekommen würde. Andererseits war eine Station auch locker zu Fuß zu schaffen und der Gedanke an einen Spaziergang gefiel mir weit besser als die Vorstellung, mich wieder in einen vollgestopften Wagen zu zwängen.

»Lass uns den Rest laufen.«

Es war ein ungewöhnlich warmer Tag, die Hitze flirrte über dem Asphalt und am Himmel war kein Wölkchen in Sicht. In einer halben Stunde konnten wir am Tor von The Queen’s Green sein, der bewachten Wohnanlage, in die Mom und ich gezogen waren. Wenn es um unser neues Zuhause ging, schlugen zwei Seelen in meiner Brust. Einerseits tat es mir leid, nicht mehr so nah bei Pepper zu wohnen, andererseits mochte ich die weitläufige Anlage, in der wir jetzt lebten. Dort war von der Enge der Stadt nichts zu spüren. All der Lärm und die Hektik verschwanden, sobald man die Bäume hinter sich ließ, die das Grundstück umgaben. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, woher das Geld stammte, mit dem Mom das Haus bezahlt hatte. Angesichts der Preise in London bezweifelte ich, dass es ein Schnäppchen gewesen war, doch wann immer ich sie danach fragte, lächelte sie nur und meinte, ich solle mir darüber keine Gedanken machen.

Dass wir nicht mehr im selben Haus wohnten, hatte nichts daran geändert, dass Pepper und ich ständig zusammenhingen. Wenn das Wetter schön war und uns nicht der Sinn danach stand, uns in irgendwelchen Einkaufszentren oder Cafés herumzutreiben, zog es uns meistens zu mir nach Hause. Pepper war immer noch jedes Mal begeistert davon, in einem richtigen Garten mit echtem Rasen zu sitzen. Und das war auch der Plan für diesen Nachmittag.

»Du willst echt laufen?« Mit einem Seufzen rückte Pepper den Riemen ihrer Tasche zurecht und setzte sich in Bewegung. Sie war noch nie eine Sportskanone gewesen, was man ihr auch ansah – sehr zu ihrem Leidwesen. Sie war nicht nur kleiner, sondern auch fülliger als ich. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie die weniger freundlichen Kids die Kugel nannten. Pepper hatte sich davon nie aus der Ruhe bringen lassen, zumindest nicht nach außen hin. Trotzdem wusste ich, wie weh ihr dieser Spott tat. Inzwischen war sie ein paar Zentimeter gewachsen und ihre Pfunde hatten sich besser verteilt, sodass es nur noch wenige Leute gab, die sie deshalb aufzogen. Das änderte jedoch nichts daran, dass es ihr immer noch zu schaffen machte. Umso höher rechnete ich ihr an, dass sie bereit war, das Stück um meinetwillen zu Fuß zu gehen. Die Luft an der befahrenen Straße war stickig und schwer von Abgasen.

Mit schnellen Schritten gingen wir nebeneinander her. Sobald wir die Stelle erreichten, ab der die Straße nur noch zweispurig war, verlangsamten wir unser Tempo. Der scheußlichste Teil der Strecke lag hinter uns. Hier war es ruhiger. Zu beiden Seiten säumten zweistöckige Ziegelbauten die Straße, in denen sich ein kleiner Laden an den anderen reihte. Einige mit bunten Fassaden und dekorierten Auslagen, andere heruntergekommen und verwaist.

Plötzlich überkam mich ein eigenartiges Gefühl – als würde mich jemand beobachten. Tatsächlich entdeckte ich ein paar Meter vor uns, vor einem der Geschäfte, den Studenten mit dem Handy, der mich schon an der U-Bahn gemustert hatte. Er hielt das Telefon immer noch an sein Ohr gepresst, vermutlich war beides längst miteinander verwachsen, und die Hand, mit der er es hielt, war nur Tarnung, um die Leute nicht zu erschrecken. Sobald sich unsere Blicke trafen, schenkte er mir ein Lächeln, ähnlich mitleidig wie das von vorhin, und drehte mir den Rücken zu. Die Augen in die Auslage eines Computerladens gerichtet, quatschte er weiter in sein Telefon. Als wir an ihm vorbeigingen, folgte sein Blick meinem Spiegelbild im Schaufenster. Schnell checkte ich mein Aussehen in der Scheibe. Ich zupfte den dunkelblauen Faltenrock meiner Schuluniform zurecht und zog die kurzen Ärmel der weißen Bluse gerade. Meine langen schwarzen Locken saßen so, wie sie sitzen sollten. Ich war noch ein wenig blass, aber das dunkle Make-up um meine Augen befand sich an Ort und Stelle. Nichts verschmiert. Das entlockte mir ein zufriedenes Grinsen.

Neben mir leuchtete Peppers kupferroter Schopf in der Scheibe, eine Farbe, um die ich sie immer beneidet hatte, auch wenn ich das niemals zugeben würde, und sie früher deshalb kleine Hexe genannt hatte.

»Du hast mir noch gar nicht erzählt, was Doug heute von dir wollte«, sagte sie.

Mit einem unterdrückten Seufzer riss ich meine Aufmerksamkeit von meinem Spiegelbild und von dem des Studenten los und wandte mich wieder Pepper zu. Doug Shusterman und ich waren letzten Freitag miteinander ausgegangen. Im Gegensatz zu mir schien es ihm gefallen zu haben, weshalb er mich nach Schulschluss auf dem Gang abgefangen hatte, ehe ich die Flucht ergreifen konnte.

»Jetzt rede schon!«, drängte Pepper.

»Er wollte morgen noch einmal mit mir weggehen.«

»Und?«

»Ich habe Nein gesagt.« Ich hatte behauptet, jemand anderen zu treffen. Das war zwar gelogen, aber immer noch besser, als ihm ins Gesicht zu sagen, dass unser letztes Date meine Erwartungen nicht erfüllt hatte. Oder wenigstens irgendeine meiner Erwartungen. Zwei verschwendete Freitage hintereinander waren einfach zu viel.

»Du hast Nein gesagt?!«, quietschte Pepper. »Bist du verrückt? Doug ist heiß!«

Heiß ja – aber leider auch sterbenslangweilig. »Du weißt doch, wie es letzte Woche gelaufen ist!« Erst hatte er mich in einen Actionfilm geschleppt, ohne sich auch nur ansatzweise zu erkundigen, ob ich den überhaupt sehen wollte. Gegessen hatten wir danach an einem Schnellimbiss an der Straße. Er hätte wenigstens einen Laden aussuchen können, in dem man sich hinsetzen konnte. Aber nein, stattdessen hatten wir Fish & Chips samt Coladose in der Hand balanciert, und ich hatte zu kämpfen gehabt, mich nicht über und über mit Soße zu bekleckern. »Kein bisschen romantisch.«

Pepper verdrehte die Augen. »Er ist ein Junge. Du hättest ihm einfach sagen sollen, was du willst. Das kann er dir nicht von deinen schönen blauen Augen ablesen.«

Natürlich hatte Pepper recht. Trotzdem hatte ich gehofft, Doug käme von sich aus auf die Idee, mich zu fragen, was ich wollte. Oder wüsste es sowieso – was meine Idealvorstellung gewesen wäre.

»Willst du ihm nicht noch eine Chance geben?«, hakte Pepper nach. »Mit ein paar Anweisungen kriegt er das bestimmt hin.«

Ich verzog das Gesicht. Selbst wenn er nächstes Mal all meine Wünsche erfüllte, änderte das nichts daran, dass wir uns nichts zu sagen gehabt hatten. Noch einen Abend mit jemandem verbringen, der kein anderes Thema kannte als seine Computerspiele? Nein, danke. Heiß auszusehen war eben nicht genug. Doch bevor ich ihr das sagen konnte, klingelte Peppers Handy. Sie zog es aus der Tasche. Beim Blick auf das Display leuchteten ihre Augen auf, und ich ahnte sofort, wer dran war. Was vermutlich hieß, dass dieser Anruf unseren Plänen für den Nachmittag ein Ende setzen würde.

»Hi, Jonah«, flötete Pepper ins Telefon.

Bingo! Da war er – der Fleisch gewordene Todesstoß für unseren Mädchennachmittag. Jonah war einer der Verkäufer im Hexenkessel,