PHILIP HÄUSSER

PHIL’S PHYSICS

PHILIP HÄUSSER

PHIL’S
PHYSICS

Geniale Erfindungen,
die das Leben erleichtern

INHALT

Vorwort von Harald Lesch

Mission Physik

Mobiles Handy-Ladegerät selbstgemacht: mit einem Akkuschrauber ohne Akku!

Elektromotor selbstgebaut

Elektrische Ladung sichtbar machen – mit dem Elektroskop

Feuer machen für Physiker

Wie du mit deinem Smartphone Unsichtbares sichtbar machen kannst – das Handy-Mikroskop

3D-Effekt auf dem Smartphone – Hologramme selbst gemacht

Hovercraft – Fortbewegungsmittel der Zukunft?

Warum ist der Kühlschrank hinten heiß? Wir bauen eine Klimaanlage!

Auf Schatzsuche – Metalldetektor selbst gebaut

Superkräfte selbstgemacht: Ein Nachtsichtgerät aus einer alten Digitalkamera

Beamer aus einem Smartphone

Meister des Lichts: Magische Photonen zähmen – mit einer CD!

Strom aus Münzen

Getränke eiskalt in 3 Minuten – der Super-Freezer!

Weltraumstrahlung sichtbar machen – mit dem Teilchendetektor für’s Wohnzimmer

Top-Secret Bildschirm – ein Monitor, dessen Inhalt nur ihr sehen könnt!

Nie mehr kalte Finger beim Handytippen im Winter – Touchscreen-Handschuhe selbstgemacht

Unplatzbare Seifenblasen

Mission Wettervorhersage – werdet zu Forschern mit eurer eigenen Wetterstation!

Pimp My WiFi – WLAN-Hacks für zu Hause

Mission Buch – Danksagung

Phil’s Physics Lexikon

VORWORT VON HARALD LESCH

Liebe Freunde der Physik,

es gibt viele Möglichkeiten, Menschen den Spaß an der Physik zu verderben. Zahllose Generationen Lehrer haben sich richtig ins Zeug gelegt, um trockenen und langweiligen Unterricht zu machen und eine Formel nach der anderen abzuhandeln. Der emotionalste Moment ist dann, wenn aus Versehen die Kreide herunter fällt.

Dabei ist das Verständnis der Gesetze, die die Dinge im Kleinsten wie im Größten bestimmen, enorm wichtig. Wäre der Mensch nicht neugierig und immer auf der Suche nach Erklärungen für die Phänomene des Alltags, würden wir wahrscheinlich immer noch in der Höhle sitzen. Ein Phänomen unserer Zeit scheint zu sein, Sachen einfach hinzunehmen. Und wenn man etwas nicht weiß, ist Wikipedia ja auch nur zwei Klicks entfernt. Wozu sich also mit Physik befassen.

Das ist bestürzend und wir sollten uns überlegen, ob wir wirklich wollen, dass irgendwann einmal nur noch ein paar wenige Leute über das Spezialwissen verfügen, das nötig ist um Quantencomputer & Co. zu bauen, während der Rest im Tal der Unwissenheit schläft. Eine Grundbildung in politischer, philosophischer und eben auch naturwissenschaftlicher Art und Weise ist ein Weg aus diesem Tal. »Phil’s Physics« ist endlich mal ein richtig gutes Buch zur Physik. Nicht dieses theoretische Gequatsche über den Anfang des Universums, ob das Higgs-Teilchen nur ein Schluckauf des Vakuums ist oder die Frage, woher die schwarzen Löcher im Kosmos kommen. Nein, hier spielt einer mit Physik, weil er Physik kann – und zwar Physik in unserem alltäglichen Leben. Keine Spezialausrüstung ist nötig, sondern nur Neugier und gesunder Menschenverstand. Das Vergnügen am Experimentieren, die überraschenden und witzigen Erklärungen, die liefert Philip. Der Mann ist echt gut. Ich wünsche euch viel Spaß mit Philips Physik für Fußgänger.

Harald Lesch

MISSION PHYSIK

Was ist eigentlich so toll an Physik? Ist das nicht einfach nur eine riesige Sammlung von Formeln, die irgendwelche graubärtigen Leute in Kellern an Tafeln schreiben und solange darüber diskutieren, bis sie entweder wahnsinnig oder Nobelpreisträger werden (oder beides)?

Für mich ist das Besondere an Physik, dass ihre Gesetze viele verschiedene Phänomene mit nur wenigen, grundlegenden Prinzipien erklären. So was wie Drehimpulserhaltung zum Beispiel. Das ist der Grund, warum sich eine Eiskunstläuferin schneller dreht, wenn sie bei einer Pirouette die Arme anzieht. Ein magisches Wort – Drehimpulserhaltung – enthält eine ganze Story. Man kann in scheinbar belanglosen Alltagssituationen die faszinierende Welt der Physik entdecken, wenn man darauf achtet. Wie viel Physik in den Dingen steckt, die wir mehr oder weniger jeden Tag benutzen, das soll dieses Buch zeigen.

Jedes Kapitel enthält ein Experiment, für das ihr meist nur wenige Alltagsgegenstände braucht. Es geht immer darum, irgendwas einigermaßen Nützliches zu bauen. Ihr werdet in diesem Buch keine langweiligen theoretischen Elektro-Schaltungen finden, sondern Bauanleitungen für ein Nachtsichtgerät, einen Beamer oder ein Handy-Mikroskop. Zu jedem Experiment gibt es eine ausführliche Erklärung – allerdings ohne Formeln oder komplizierte Diagramme, versprochen!

Ihr müsst die Experimente nicht durchführen, um zu verstehen, welche physikalischen Phänomene jeweils dahinter stecken. Umgekehrt müsst ihr aber auch nicht zwingend alle physikalisch wichtigen Begriffe verstanden haben, um das Experiment nachzubauen. So könnt ihr das Buch nutzen, wie es euch gefällt – als Ausgangspunkt für ein spannendes Forschungs-Wochenende oder als unterhaltsame Lektüre auf dem Klo.

Auf der ersten Seite jedes Kapitels findet ihr Information dazu, wie schwierig das Experiment ist (von easy bis anspruchsvoll), wie viel Zeit ihr für das Nachbauen des Experiments einplanen müsst und welchen physikalischen Themen das Experiment zuzuordnen ist. Fachbegriffe sind bei der Erstnennung fett gedruckt. Diese Begriffe, könnt ihr am Ende des Buches unter »Phil’s Lexikon« nachschlagen.

Außerdem gibt es zu diesem Buch einen YouTube-Kanal, den ihr auf www.phils-physics.de findet. Am Anfang von jedem Kapitel findet ihr einen QR-Code sowie einen Link, der euch zur passenden Seite führt. Dort findet ihr weitere Tipps und Materialien zum Download,sowie Videos zu den Experimenten, die einen Play-Button () auf der jeweils ersten Seite enthalten. Hier könnt ihr euch anschauen, wie es aussieht, wenn ich beispielsweise ein Handy-Ladegerät aus einem Akkuschrauber baue und was dabei alles schief gehen kann. Viel wichtiger: Ihr könnt mir dort auch eure Kommentare zu den Experimenten hinterlassen! Was hat geklappt? Was nicht? Worüber wollt ihr noch mehr wissen? Ich freue mich, von euch zu hören!

Ach ja, noch was: Mein Anwalt hat gesagt, ich muss euch darauf hinweisen, dass ihr die Experimente auf eigenes Risiko macht. Wenn ihr also beim Bau eines Hovercrafts über die Teichplane stolpert, dabei den Laubbläser in Gang setzt, der wiederum abhebt, durch das Fenster knallt und draußen für einen Verkehrsunfall sorgt, dann ist das höchst bedauerlich, aber nicht meine Schuld. Das gilt natürlich auch für alle anderen Dinge, die passieren könnten, wenn man nicht mit gesundem Menschenverstand handelt.

Und wie bekommt man den gesunden Menschenverstand, wenn man ihn nicht hat? Durch Ausprobieren! Profis nennen das »Experiment«. Wenn also etwas nicht funktioniert, gebt nicht auf – findet heraus, woran es liegt. Fragt Freunde oder andere Follower von Phil’s Physics auf YouTube. Bei einem Experiment, das erst schief geht und dann durch systematisches Verbessern klappt, lernt ihr am meisten. Aber auch, wenn ihr die Experimente nur im Geiste durchgeht, werden euch vielleicht auch schon die wesentlichen Zusammenhänge klar. Für alle Fälle gibt’s am Ende dieses Buches noch »Phil’s Physics Lexikon«. Zu jedem fett gedruckten Wort findet ihr dort eine Erklärung.

Jetzt aber genug der Vorrede – danke, dass ihr an Bord seid bei der Mission Physik, viel Spaß und lasst von euch hören!

Euer Philip

Ein typisches Problem unserer Zeit: Handyakku leer! Wie oft ist es mir schon so gegangen, dass ich abends auf dem Weg nach Hause noch schnell eine E-Mail beantworten wollte – und dann, kurz bevor man auf »senden« drückt, geht der Saft aus. Okay, das ist ein Luxusproblem, ich gebe es ja zu. Aber stellt euch vor, ihr seid auf einer Expedition in der Wildnis und es gibt wirklich keine Steckdose! Für solche Fälle braucht man ein spezielles Ladegerät, das ohne Steckdose oder Akku funktioniert. Wir bauen es aus einem Akkuschrauber (natürlich ohne dessen Akku).

Wir wandeln bei diesem Experiment Bewegungsenergie (durch Drehen am Motor des Akkuschraubers) in elektrische Energie um – ein bisschen wie bei einem Fahrraddynamo. Theoretisch kann man das mit jedem Akkuschrauber oder Handy machen. Da ich aber natürlich nicht genau weiß, welche Geräte ihr habt, würde ich empfehlen, nicht gerade das nagelneue 800-€-Smart- phone mit dieser Methode aufzuladen, sondern es lieber erst mal mit einem alten Handy zu versuchen.

SO WIRD’S GEMACHT

Manche Akkuschrauber haben eine Sperre, die dafür sorgt, dass sich der Motor nicht drehen lässt, wenn der Akku nicht eingesetzt ist. Achtet bei der Beschaffung des Schraubers darauf, dass das möglich ist.

Schnappt euch das Ladekabel und schneidet mit der Schere das Ende ab, das nicht ans Handy gestöpselt wird. Benutzt die Klingen der Schere, um den Gummi-Mantel des Kabels ein Stück abzuziehen, damit ihr an die Drähte im Inneren heran kommt. Dort sollten mehrere kleinere Kabel (auch Adern genannt) zum Vorschein kommen. Wir brauchen das schwarze und das rote. Die anderen Adern könnt ihr abschneiden. Entfernt von der roten und der schwarzen Ader auch ein Stück Mantel. Dann liegen kleine Kupferdrähte frei und ihr zwirbelt diese frei liegenden Enden aus jedem Kabel zusammen.

Jetzt kommt der Akkuschrauber dran. Entfernt den Akku. An der Verbindungsstelle seht ihr zwei Kontakte, über die normalerweise der Strom vom Akku in den Elektromotor gelangt. Diese Kontakte brauchen wir später noch. Schaut euch jetzt schon mal an, welcher der beiden Kontakte der Plus-Pol und welcher der Minus-Pol ist, also wo die Symbole »+« und »-« auftauchen.

Damit der elektrische Kreis geschlossen und der Motor mit den Kontakten verbunden bleibt, wickeln wir Paketschnur um den Auslöser des Akkuschraubers, sodass dieser dauerhaft gedrückt wird. Benutzt die Schnur großzügig, damit später nichts verrutscht.

Als nächstes befestigen wir den Akkuschrauber auf dem Holzklotz. Wenn ihr später daran kurbelt, ist es wichtig, dass ihr unser Konstrukt fest im Griff habt. Legt also den Schrauber auf das Holzstück und wickelt ihn mit so viel Paketschnur fest, bis er nicht mehr wackelt.

Natürlich brauchen wir noch eine Kurbel, um unseren überdimensionierten Dynamo in Bewegung zu versetzen. Hier kommt der Rührbesen ins Spiel. Montiert ihn wie einen normalen Schraub-Aufsatz in das Futter der Bohrmaschine. Wenn ihr jetzt den Rührbesen dreht, sollte nichts wackeln. Stellt den Akkuschrauber auf den höchsten Gang bzw. »Schlagbohren«, dann ist das Drehmoment maximal. Legt dann den Rückwärtsgang ein. Schiebt jetzt den Holzlöffel durch die Windungen des Rührbesens und befestigt ihn gut mit Tesafilm (nicht sparen).

Aus der Alufolie bauen wir uns jetzt eine elektrische Verbindung. Schneidet die Folie in zwei Stücke mit den Maßen 5 cm x 30 cm. Faltet die Streifen längs, so dass sie noch schmaler werden. Zwirbelt das eine Ende jeweils zu einer Spitze und klappt das andere Ende einmal um, damit es dicker wird.

Befestigt das dicke Ende der Streifen jeweils an einem der Kontakte an der Unterseite des Bohrers. Biegt das Aluminium so, dass es fest sitzt. Achtet darauf, dass sich die beiden Alu-Streifen nicht berühren und ihr einen Kurzschluss erzeugt. Nutzt im Zweifel etwas Tesa, um die Alu-Leiter so zu befestigen, dass sie fest sitzen und sich nicht berühren. Zum Schluss bindet ihr die Leiter auf dem Holzklotz fest.

Die Alu-Leiter verbinden wir jetzt mit den Drähten des Ladekabels. Das schwarze Kabel befestigt ihr an dem Alu-Leiter, der mit dem Minus-Pol am Akkuschrauber verbunden ist. Das rote kommt entsprechend an den Plus-Pol.

Checkt zum Schluss nochmal, dass alles gut befestigt ist, nichts wackelt und auch, dass die Alu-Leiter kein Spiel haben. Dann kann es losgehen! Legt den Holzklotz so auf einen Tisch, dass ihr den Holzlöffel mit einer Hand gut drehen könnt, während ihr die Konstruktion auf dem Tisch mit der anderen Hand gut festhaltet. Jetzt müsst ihr nur noch das Handy einstöpseln und kurbeln! Falls ihr eine Schraubzwinge habt, befestigt den Holzklotz damit sicher am Tisch. Wenn wider Erwarten kein Strom am Handy ankommt, könnt ihr auch versuchen, die Adern aus dem Ladekabel direkt mit den Akkuschrauber-Kontakten zu verbinden.

ES FUNKTIONIERT! ABER WIE LANGE MUSS ICH JETZT KURBELN?

Die meisten Handys werden mit einer Spannung von 5 Volt geladen. Diese Spannung müsst ihr aufrechterhalten, bis das Handy geladen ist. Je langsamer ihr kurbelt, desto geringer ist die Spannung. Ob ihr schnell genug kurbelt, erkennt ihr daran, dass das Lade-Symbol bei eurem Handy aufleuchtet. Die Elektronik im Handy verhindert normalerweise, dass eine höhere Spannung an den Handy-Akku weiter geleitet wird. Es bringt also nichts, wie wild zu kurbeln – der Ladevorgang wird ähnlich lange dauern, wie wenn ihr das Handy über eine Steckdose ladet. Je nach Modell kann man aber schon nach ein paar Minuten Kurbeln das Gerät wieder benutzen. Für einen Notruf auf der Expedition in der Wildnis sollte das hoffentlich reichen … vorausgesetzt, ihr habt Empfang.

SO FUNKTIONIERT ES

Vielleicht fragt ihr euch, wie wir es jetzt geschafft haben, aus einem Akkuschrauber ohne Akku und einer improvisierten Kurbel Strom zu gewinnen. Ganz einfach: Wir haben unsere Muskelkraft benutzt und Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Der Akkuschrauber hat einen mächtigen Elektromotor eingebaut. Wenn der Akku dran steckt, wandelt der Motor elektrische Energie (aus dem Akku) in Bewegungsenergie (zum Schrauben) um. Das Ganze funktioniert aber auch rückwärts, wie bei einem Fahrrad-Dynamo. Da wird Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Wir haben also den Akkuschrauber an das Handy angeschlossen, dann am Motor des Akkuschraubers gedreht und so Strom erzeugt, der das Handy auflädt.