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Uwe Vigenschow ist Berater, Trainer, Coach und Bereichsleiter bei der oose Innovative Informatik GmbH. Seine Arbeitsschwerpunkte sind agiles Projektmanagement, Softwaretest sowie Analyse und Design von Softwaresystemen. Parallel dazu hat er das für die IT maßgeschneiderte Konzept für den Bereich Soft Skills bei oose entwickelt. Er führt zusammen mit seinen Kollegen die entsprechenden Seminare durch und ist als Mediator tätig. Uwe Vigenschow ist Autor mehrerer Bücher, Artikel und Konferenzbeiträge.

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Björn Schneider ist Geschäftsführer der oose Innovative Informatik GmbH und schafft dort ein Umfeld, in dem eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Trainer und Berater möglich ist. Er führt Coachings, Beratungen und Trainings durch und konzipiert bzw. moderiert Workshops. Seit 1995 arbeitet er in der Softwareentwicklung und hat verschiedene Rollen durchlebt wie z.B. Softwareentwickler, (Multi-)Projektleiter, Führungskraft, personalverantwortlicher Bereichsleiter, Trainer und Berater sowie Coach für Führungskräfte. Seine Schwerpunktthemen sind Führung, Projektmanagement, Change Management, Personal Coaching und Soft Skills.

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Ines Meyrose ist selbstständige Imageberaterin und Mediatorin. Die Kommunikationswirtin ist Inhaberin der Firma image&impression, Hamburg, und bietet vielfältige Seminare, Workshops und Vorträge zu Kommunikation und äußerer Wirkung von Firmen und Menschen an. Zuvor arbeitete sie langjährig im Dienstleistungs- und Vertriebsbereich mit Personalverantwortung und als Ausbilderin. Als Moderatorin begleitet sie Projekte und Prozesse, als Mediatorin ist sie im Konfliktmanagement tätig. Individuelles Business-Coaching rundet ihr Portfolio ab. Im Blog auf www.meyrose.de bringt sie aktuelle Themen auf den Punkt.

Soft Skills für IT-Berater

Workshops durchführen, Kunden methodisch
beraten und Veränderungen aktiv gestalten

Unter Mitarbeit von Ines Meyrose

Uwe Vigenschow · Björn Schneider

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Uwe Vigenschow
uwe@vigenschow.com

Björn Schneider
mail@bjoernschneider.de

Ines Meyrose
ines@meyrose.de

Lektorat: Christa Preisendanz
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Satz: Uwe Vigenschow, Hamburg
Herstellung: Nadine Thiele
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Druck und Bindung: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:
Buch 978-3-89864-780-9
PDF 978-3-86491-203-0
ePub 978-3-86491-204-7

1. Auflage 2012
Copyright © 2012 dpunkt.verlag GmbH
Ringstraße 19B
69115 Heidelberg

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Vorwort

Wir haben Informatik bzw. Wirtschaftsinformatik studiert oder eine ähnliche berufliche Qualifikation erworben. Was hat das mit Kundenberatung oder gar Veränderungsprozessen zu tun? Sehr viel, denn aus der beruflichen Erfahrung wissen wir inzwischen, dass in diesen Themenbereichen eine Menge dafür getan werden kann, um langfristig beruflich erfolgreich zu arbeiten und Projekte zur Kundenzufriedenheit durchzuführen! Unsere Kunden sind dabei z. B. die Fachbereiche, mit denen wir bei einer Inhouse-Entwicklung tagtäglich zu tun haben, oder die Mitarbeiter anderer Firmen, mit denen wir kooperieren und die die Ergebnisse unserer Arbeit einsetzen. Projekte ohne Kunden verlieren ihren Zweck und funktionieren nicht!

Unsere Soft Skills sind bei der Kundenberatung das Öl im Motor, ohne das nichts läuft, sie sind die Reifen am Auto, über die die Kraft des Motors und unsere Steuerungsimpulse auf die Straße gebracht werden. Wir haben das Thema Soft Skills bereits in unseren beiden vorausgegangenen Büchern allgemein für Softwareentwickler betrachtet sowie auf die besonderen Aspekte der Führung und Projektleitung in der IT abgebildet [70, 71]. So weit, so gut, doch welche besonderen Soft Skills gibt es nun für die IT-Beratung und wie hängt das mit einem daraus resultierenden Veränderungsmanagement zusammen?

Mit der Bezeichnung Berater wird in der IT recht locker umgegangen. Viele Kolleginnen und Kollegen nennen sich Berater und kommen als externe Softwareentwickler in eine Firma, um dort im Wesentlichen dafür zu sorgen, dass Funktionalität in einer Software umgesetzt wird. Doch Software zu entwickeln bedeutet mehr, als nur zu programmieren und ab und zu den Debugger zu starten. Es gilt, Prozesse und Abläufe der Benutzer unserer Produkte zu erfassen und zu beschreiben, um Ansatzpunkte für eine neue oder veränderte Unterstützung durch ein Softwaresystem zu erkennen. Anforderungen sind aufzunehmen und geeignet zu dokumentieren, damit diese dann in einer betriebswirtschaftlichen und technischen Reihenfolge sinnvoll implementiert und inkrementell ausgeliefert werden können. Kommerzielle oder freie Produkte sind zu evaluieren und in den Prozess oder das Produkt zu integrieren. Der gesamte Entwicklungsprozess ist zu steuern und betriebswirtschaftlich zu überwachen, wobei ein permanenter Verbesserungsprozess für den Entwicklungsprozess parallel mitläuft. Auf allen diesen Ebenen erfolgt Beratung, für die unterschiedliche fachliche Qualifikationen und Erfahrungen notwendig sind.

Diese Beratung wird manchmal von erfahrenen eigenen Mitarbeitern in einem Unternehmen geleistet, ohne dass die Bezeichnung Berater aufihren Visitenkarten steht. Häufig werden dafür aber externe Spezialisten punktuell oder dauerhaft hinzugezogen, die für bestimmte Werkzeuge wie z. B. Prozess-Engines oder Frameworks oder Entwicklungsprozessschritte wie z. B. agiles Projektmanagement, Geschäftsprozessanalyse oder Softwarearchitektur eine besondere Expertise mitbringen. Viele dieser Berater sind fachliche Experten, doch woher erhalten sie ihre soziale Kompetenz für die Beratung?

Wir möchten Ihnen in diesem Buch zeigen, wie Sie diesen beratenden Aspekt so in Ihre Arbeit integrieren können, dass Sie die echten Bedürfnisse auf der Kundenseite, sei es extern oder intern, erkennen. So erreichen Sie auch unter schwierigen Bedingungen eine lang anhaltende Kundenbindung und Zufriedenheit. Und das ist im Endeffekt unser Ziel. Die Qualität unserer Arbeit zeichnet sich dann dadurch aus, dass der Kunde wiederkommt und nicht das Produkt!

Mit dem Veränderungsmanagement verhält es sich ähnlich. Besonders deutlich wird dies bei einem Projekt, das die Ablösung einer alten und die Einführung neuer Software beim Kunden beinhaltet. Durch die neue Software werden die Arbeitsprozesse der Anwender verändert. Neue Features kommen hinzu und auch die alte Funktionalität verändert sich. Selbst in den Teilen der Anwendung, in denen die Anforderungen fast gleich geblieben sind, werden die Prozesse oft neu geschnitten und damit die Verantwortlichkeiten der Anwender verändert. Dies zeigt sich insbesondere bei einem Projekt, das die Rationalisierung und weitgehende Automatisierung manueller Arbeitsschritte mit dem Ziel verfolgt, Arbeitsplätze bei den Anwendern abzubauen. Wir können so im Rahmen des Projekts teilweise mit recht radikalen Veränderungen aufseiten der Anwender konfrontiert werden. Dieses Buch möchte Sie auf eine solche oder ähnlich schwierige Situation vorbereiten und Ihnen zeigen, wie Sie dann angemessen handeln können.

Mit diesem dritten Buch zu Soft Skills in der IT schließen wir den Kreis. Wir geben Ihnen mit dieser Trilogie das kommunikative und methodische Handwerkszeug auf den Weg, mit dem Sie als Berater, Entwickler, Architekt, ScrumMaster, Product Owner, Qualitätssicherer, Führungskraft oder Projektleiter Ihre technischen Qualitäten optimal ergänzen können. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei.

Uwe Vigenschow und Björn Schneider

Hamburg und Lübeck, Juli 2012

Zielgruppe des Buchs

Wir adressieren mit diesem Buch Beratung als Prozess, bei dem wir gemeinsam mit einem Kunden seine Probleme identifizieren, klären, lösen und wenn notwendig den begleitenden Veränderungsprozess gestalten. Es geht uns also primär um die methodische Arbeit. Wir meinen mit Berater externe oder interne Mitarbeiter, die eine Dienstleistung oder ein Produkt anbieten und bei der Umsetzung bzw. Einführung begleiten. Es muss hierbei nicht direkt um Softwareentwicklung bzw. Programmierung gehen. Auch eine Idee oder ein Konzept kann verkauft werden.

Softwareentwicklung kann natürlich Bestandteil eines Beratungsprozesses sein. Dies ist insbesondere bei Veränderungsprozessen oft der Fall, wenn eine neue Technologie und/oder Methodik eingeführt wird und erste, musterhafte Arbeitsergebnisse erstellt werden. In einem Beratungsprozess steht jedoch für uns immer eine methodische Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund, d. h., die Mitarbeiter eines Kunden werden befähigt, ihre Herausforderungen später selbst zu meistern. Eine andere Art methodischer Beratung erfolgt mit Dienstleistungen, bei denen wir Kunden z. B. in Entscheidungsprozessen begleiten wie bei der Auswahl eines Softwareprodukts oder bei Prozessveränderungen auf Anwender- oder Entwicklerseite.

In unserer Zielgruppe liegen also Mitarbeiter von Beratungshäusern und Freiberufler, die im Kern methodisch arbeiten und an einer langfristigen Kundenbeziehung interessiert sind. Dies kann auch für die Produktentwicklung zutreffen, insbesondere, wenn die Produkte individuell angepasst werden sollen oder ein individuelles Produkt in Auftrag gegeben wird. Zu unserer Zielgruppe gehören auch alle internen Mitarbeiter, zu deren Aufgabe die Beratung von Kollegen gehört. Häufig sind diese Personen bei den Unternehmen in eigenen Stabsstellen organisiert und für die Projektmanagement- und Entwicklungsmethodik oder Organisationsprozesse verantwortlich.

Aufbau des Buchs

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die die grundsätzlichen Anforderungen widerspiegeln, denen sich methodische Berater zu stellen haben. Wir hoffen, dass Sie damit die Inhalte schnell erfassen und auch wiederfinden können. Zur besseren Übersicht möchten wir Ihnen hier vorab eine Übersicht zum Aufbau des Buchs geben:

I Das Handwerkszeug: Die Grundlagen unserer Beratertätigkeiten bilden unsere Kommunikationsfähigkeit, das Verständnis von Gruppendynamik und Techniken zur Durchführung von Workshops. Wenn Sie unsere ersten beiden Bücher Soft Skills für Softwareentwickler [70] und Soft Skills für IT-Führungskräfte und Projektleiter [71] kennen, können Sie das zweite Kapitel kurz querlesen und nur die für Sie wichtigen Aspekte herauspicken.1 Der Schwerpunkt des ersten Teils liegt auf der Strukturierung und Durchführung von Workshops mit unterschiedlichen Gruppengrößen und Zielen.

II Kunden beraten: Wir zeigen, wie Beratung als Prozess zu einer langfristigen Kundenbeziehung führen kann. Sie erkennen die zugrunde liegenden Bedürfnisse der Kunden und schneidern dazu einen Beratungsprozess nach Maß. Die Zufriedenheit des Kunden ist dabei das höchste Ziel, das wir auch unter Beachtung agiler Werte bzw. mit agilen Methoden wie z. B. Scrum erreichen. Wir stellen mit dieser Form der Beratung den Menschen in den Mittelpunkt, ohne die wirtschaftlichen Aspekte dabei aus dem Auge zu verlieren. Abschließend lernen Sie Möglichkeiten kennen, eine bestehende Unternehmenskultur bei Ihren Kunden einzuschätzen und zu analysieren, um Ihre Beratung optimieren zu können.

III Veränderungen gestalten: Sie lernen die Prinzipien und Regeln kennen, nach denen Sie erfolgreich Veränderungen in Organisationen durchführen können. Wir betrachten die Rahmenbedingungen für eine ausreichende Veränderungsfähigkeit aufseiten Ihrer Kunden, sodass Sie in Ihrer Beratung Erfolgsparameter schnell erkennen und ggf. Hindernisse besser abbauen können. Zusammenfassend bemühen wir die Metapher des Troja-Prinzips aus Soft Skills für IT-Führungskräfte und Projektleiter [71], um die Möglichkeiten des Veränderungsmanagements besser zu nutzen. Das abschließende Fallbeispiel greift dann die vorgestellten Aspekte der drei Teile wieder auf, um sie abschließend in einen gemeinsamen Zusammenhang zu stellen.

Im Anhang vertiefen wir die theoretischen Grundlagen und nehmen für die daran interessierten Leser einige inhaltliche Erweiterungen vor. Wir stellen Ihnen hier auch Übungen vor, an denen Sie einige der dargestellten Aspekte direkt nacherleben bzw. vertiefen können.

Inhaltsverzeichnis

I   Das Handwerkszeug

1          Beratung in der IT

1.1       Ein Überblick

1.2       Was ist methodische Beratung?

2          Kommunizieren und verstehen

2.1       Fragen stellen und miteinander reden

2.2       Auf Einwände angemessen reagieren

2.3       Inhalt, Form und Beziehung

3          Workshops gezielt einsetzen

3.1       Gemeinsam Ideen entwickeln

3.2       Wer nimmt daran teil?

3.3       Tipps für die Struktur und Agenda

»Das einzig Gute am Workshop sind Hotel und Essen!«

4          Workshops leiten

4.1       Workshops moderieren

»Als gute Führungskraft mache ich selbst die Moderation!«

4.2       Visualisierung – die optische Rhetorik

5          Grundtechniken für Workshops

5.1       Priorisierungstechniken im Workshop einsetzen

5.2       Effiziente Diskussionen

5.3       Kreative Ideen in der Gruppe finden

5.4       Gruppenfeedback geben

»Beim Feedback wird sowieso immer nur alles schöngeredet!«

5.5       Wieder wach werden

5.6       Ergebnisse sichern und Workshop abschließen

Reframing – Umdeuten von Erlebnissen und Verhaltensweisen

5.7       Große Gruppen

5.8       Selbstorganisation in Workshops – Open Space

II    Kunden beraten

6          Methodische Beratung

6.1       Beratung ist nicht gleich Beratung

Das Troja-Prinzip

6.2       Unsere Kunden methodisch beraten

6.3       Erfolgsbarrieren überwinden

7          Methodische Beratung als Prozess

7.1       Sechs Stufen zur erfolgreichen Beratung

Auf den Punkt gebracht: Elevator Pitch

7.2       Marketing, Vertrieb und Projektgeschäft

7.3       Prozesswerkzeuge

8          Der Sinn in unserer Arbeit

8.1       Der Mensch hinter der methodischen Beratung

8.2       Ethik in der Beratung und im Coaching

NLP – Neurolinguistisches Programmieren

9          Unternehmenskultur greifbar machen

9.1       Graves-Modell – Entwicklung als Spirale

9.2       Theorie U

9.3       Die agile Organisation

III    Veränderungen gestalten

10        Veränderungsmanagement im Überblick

10.1     Warum fallen uns Veränderungen so schwer?

10.2     Veränderungsmanagementmodelle

10.3     Dynamik in Gruppen

11        Veränderungsmanagement konkret

11.1     Jede Veränderung ist ein Projekt!

11.2     Widerstand

11.3     Stabilität und Veränderung

11.4     Erfolgsschlüssel Veränderungsfähigkeit

Redundanzen? Spielräume!

12        Werkzeuge des Veränderungsmanagers

12.1     Sounding Board

12.2     Appreciative Inquiry – Interviews führen

12.3     Veränderungsmetaphern

12.4     Lego und Co: Neue Abläufe simulieren

13        Veränderungen und das Troja-Prinzip

13.1     Veränderung braucht Redundanz

13.2     Neue Balance finden

14        Fallbeispiel

14.1     Der erste Kontakt

14.2     Das Beratungskonzept entwickeln

14.3     Probleme lösen und Lösungen finden

Yesterday’s Weather Rule

14.4     Die Folgeakquise

IV     Anhang

A          Die theoretischen Grundlagen

A.1       Typologie

A.2       Agile Softwareentwicklung

A.3       Agiles Projektmanagement nach Scrum

Timebox und Meilenstein

A.4       Coaching

B          Übungen

B.1       Diskussionskultur: Der Festausschuss tagt

B.2       Veränderung erleben: die Armbanduhr

B.3       Prozesssimulationen für Entwicklungsprojekte

B.4       Prozesssimulationen für das Tagesgeschäft

Danksagung

Referenzen und weiterführende Literatur

Index

Teil I
Das Handwerkszeug

Image Beratung in der IT 3

Beratung ist ein häufig gebrauchter und manchmal auch missbrauchter Begriff in der IT. Wir versuchen in diesem Einstieg etwas Licht und Klarheit in diese Begriffswelt zu bringen. Sie erfahren auch, was wir unter methodischer Beratung verstehen und damit, worum es in diesem Buch eigentlich geht.

Image Kommunizieren und verstehen 7

Grundlage jeder Beratung ist es, den Kunden in seinen Bedürfnissen zu verstehen. Dazu werfen wir einen Blick auf dafür notwendige Fragetechniken. Sie lernen mit verschiedenen Arten von Einwänden konstruktiv umzugehen. Abschließend stellen wir anhand des Eisbergmodells vier Ebenen der Kommunikation vor und leiten daraus Strategien für eine reibungslose Kommunikation ab.

Image Workshops gezielt einsetzen 21

Oft werden Berater eingeladen, in Form eines Workshops ihr Produkt oder ihre Dienstleistung vorzustellen. Zusätzlich führen wir im Rahmen unserer Beratung regelmäßig Workshops durch. Die Vorbereitung solcher Workshops kann aufwendig sein. Was die Ergebnisse anbelangt, bergen Workshops auch ihre Risiken. Wir erläutern, wann Workshops besonders sinnvoll sein können, wer daran teilnehmen sollte und wer eher nicht. Zusätzlich finden Sie Tipps zur Vorbereitung und für die Agenda eines Workshops.

Image Workshops leiten 35

Die hohe Kunst bei Workshops und ähnlichen Besprechungen zeigt sich in deren Durchführung. Hier finden Sie erste Hilfestellungen zur Moderation eines Workshops und Visualisierung von Inhalten.

Image Grundtechniken für Workshops 49

Nach den allgemeinen Tipps geht es jetzt tiefer in die grundlegenden Workshoptechniken. Es werden verschiedene Grundtechniken u. a. zur Priorisierung und zum Feedback erläutert. Abschließend werden Workshops mit großen Gruppen und die Selbstorganisation von Workshops in Form von Open Spaces behandelt.

1 Beratung in der IT

Dieses Buch wendet sich an IT-Berater, die ihre Beratungsprojekte für den Kunden noch erfolgreicher durchführen möchten. Dieser Kundenerfolg ist damit auch ihr Beratungserfolg und sichert ihnen eine lange Kundenbindung und spannende Beratungen. Doch was bedeutet eigentlich IT-Beratung und um welche Art der IT-Beratung geht es in diesem Buch?

1.1 Ein Überblick

In der IT nennen sich viele Personen Berater und unterschiedliche Dienstleistungen werden als Beratung bezeichnet. Viele Berater sind externe Mitarbeiter eines Unternehmens, jedoch gibt es auch interne Berater, also fest angestellte Mitarbeiter, die ihre Kollegen – teils abteilungsübergreifend – beraten. Das Aufgabenfeld der externen Berater ist sehr weit gesteckt. Wir finden dort ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

♦ Technologieberatung: In das Aufgabenspektrum des Beraters fällt die Auswahl, Einführung und Entwicklung mit dieser neuen Technologie. Dies kann die Auswahl eines für den Kunden neuen Entwicklungsumfelds oder Softwareprodukts sein und betrifft in den meisten Fällen auch die Implementierung der Kundensoftware bzw. das Customizing von Produkten. Häufig kommt dabei ein ganzes Team von Beratern zum Einsatz mit einer eigenen hierarchischen Struktur. Die meisten dieser Berater arbeiten dann vor Ort beim Kunden als Softwareentwickler oder in einer ähnlichen Rolle.

♦ Strategiegieberatung: Hierbei geht es um die Unterstützung des Kunden bei strategischen Entscheidungen, also bei Entscheidungen, die eine langfristige Wirkung haben werden. Dies betrifft meist auch die Einführung einer neuen Technologie oder eines Softwareprodukts. Der Fokus liegt jedoch auf der fachlichen Beratung, die auf der Erfahrung des Beraters mit der gewünschten Lösung und ihrer Einführung beruht. Vom Kunden wird dabei bewusst ein Veränderungsprozess angestoßen. Der Berater unterstützt bei der Entscheidungsfindung, Konzeption und Umsetzung des Veränderungsprojekts.

♦ Organisationsberatung: Hier steht die Veränderung einer Organisation im Vordergrund, um die Arbeitsprozesse zu optimieren. Auslöser sind häufig veränderte Marktbedingungen oder erweiterte bzw. verschobene Aufgabenfelder einer Organisation. Technologische Betrachtungen spielen dabei meist nur als Rahmenbedingung eine Rolle.

Der Beratungsprozess umfasst also die konzeptionelle Arbeit und schließt die Umsetzung und Einführung des Konzepts in der Regel ein. In der Technologieberatung ist der Übergang von Beratung zu externer Softwareentwicklung fließend.

1.2 Was ist methodische Beratung?

Häufig wird zwischen zwei Beratungsformen unterschieden, der fachlich fokussierten Expertenberatung und der auf die inneren Abläufe im Klienten fokussierten Prozessberatung (s. Abschnitt 6.2.1 ab Seite 87). Der Fokus dieses Buchs liegt auf der methodischen Beratung. Damit bezeichnen wir ein Beratungskonzept, das den Kunden in seiner Verantwortung belässt und ihn methodisch bei seinen Entscheidungen, den resultierenden Konzepten und der Umsetzung der Konzepte unterstützt. Eine solche Beratung beinhaltet dazu einen Know-how-Transfer und einen damit verbundenen Übergabeprozess, der den Ausstieg der Berater beim Kunden regelt. Eine methodische Beratung ist also fast immer mit einem Veränderungsprozess in der Arbeit und der Organisation des Kunden verbunden und damit eine Mischung aus Experten- und Prozessberatung.

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Bezogen auf die oben genannten drei Kategorien umfasst eine methodische Beratung daher die strategische und Organisationsberatung. Die technologische Beratung kann auch gleichzeitig eine methodische Beratung sein, wenn sie einem entsprechenden Beratungsprozess folgt und keine langfristigen Abhängigkeiten der Entwickler beim Kunden von den Beratern entstehen, die eher den Charakter eines Outsourcings haben.

Die methodische Beratung ist damit besonders für kleine und mittelgroße Beratungshäuser und Freelancer interessant, die eine langfristige Übernahme von beträchtlichem Entwicklungsaufwand gar nicht leisten können oder wollen. Der Berater setzt dabei seine technische und methodische Erfahrung ein, die er stetig an Trends und neueste Erkenntnisse anpasst. Für Kunden ist die methodische Beratung gerade aufgrund der fehlenden Gefahr einer verdeckten oder offenen Abhängigkeit vom Beratungshaus besonders interessant.

Da eine methodische Beratung so eng mit Veränderungsprozessen beim Kunden verbunden ist, beinhaltet diese also neben den inhaltlichen Aspekten stets eine Begleitung des Veränderungsmanagements beim Kunden. Eine solche intensive Kunden-Berater-Beziehung basiert auf gegenseitigem Vertrauen und kann daher sehr effektiv sein und zu einem regelmäßigen Kontakt und Austausch zwischen Kunde und Berater führen.

2 Kommunizieren und verstehen

Bevor wir uns in die Tiefen des Beratunsgprozesses begeben, festigen wir das dafür notwendige Handwerkszeug. Damit meinen wir Techniken in der Kommunikation, um z.B. in der Moderation und Gestaltung von Workshops erfolgreich und effizient zu arbeiten.

2.1 Fragen stellen und miteinander reden

Wenn wir Kunden zu einem Produkt beraten oder es in der Beratung um Prozessverbesserung oder Veränderungen innerhalb einer Abteilung oder Organisation geht, ist es notwendig, zuerst ein tiefes Verständnis der Zusammenhänge im Team, der Abteilung oder im Unternehmen zu erarbeiten. Es gilt, die Menschen mit ihren Wünschen, Bedürfnissen und Problemen zu verstehen. Ebenso arbeiten wir uns in Abläufe und Strukturen ein, um diese ausreichend tief gedanklich zu durchdringen. Der effizienteste und effektivste Weg dazu ist es, direkt miteinander zu reden. Wir sind mit dem Kunden zur selben Zeit im selben Raum und fokussieren gemeinsam auf einen Aspekt nach dem anderen.

2.1.1 Warum Kommunikation so schwierig ist

Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Verständnis liegen viele Stolperfallen (Abb. 2.1). Missverständnisse sind fast vorprogrammiert.

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Abbildung 2.1: Mögliche Probleme in der Kommunikation [70]

Die Transformation unserer Gedanken in Sprache, das Verstehen der Sprache und das Umsetzen des Gesagten in unsere Gedankenwelt sind ein langer und fehleranfälliger Prozess, obwohl er in unserem Gehirn in Sekundenbruchteilen abläuft [57, 58, 59, 70, 71]. Deutlich werden die Transformationsverluste in diesem Prozess vor allem, wenn wir nicht in unserer Muttersprache, sondern z. B. in Englisch kommunizieren. Wir bekommen die Details unserer Gedanken, von dem, was wir ausdrücken möchten, nur sehr schwer in Worte gekleidet.

Unser Ziel ist es, ein gemeinsames Bild in den Gedankenwelten aller am Gespräch beteiligten Personen zu schaffen. Wir möchten Missverständnisse weitgehend eleminieren (Abb. 2.2).

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Abbildung 2.2: Die Basis erfolgreicher Verständigung

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Der Weg dorthin läuft über aktives Zuhören. Damit sind kurze Rückkopplungsschleifen gemeint, mit denen wir uns immer wieder versichern, dass wir das Gesagte verstanden haben und in der laufenden Kommunikation abgleichen [70] (Abb. 2.3). So kommt die Kommunikation in Fluss.

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Abbildung 2.3: Aktives Zuhören dient dazu, Missverständnisse zu vermeiden und die Geschwindigkeit der Kommunikation zu verlangsamen, um Details nicht zu überhören [70].

Wir zerlegen einen komplizierten oder komplexen Gesprächsinhalt in kurze Einheiten und fassen diese mit unseren Worten zusammen. So gelingt es uns, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Es kann sich dabei inhaltlich sowohl um sachliche Zusammenhänge handeln wie auch um Aspekte aus der Gefühls- und Beziehungswelt. Gleichzeitig können wir so an den Stellen, die uns wichtig sind und an denen wir kein Detail übergehen möchten, das Tempo der Kommunikation drosseln. Im Endeffekt sind wir dadurch sogar schneller, da uns Missverständnisse später mehr Zeit kosten können, als im direkten Gespräch genau hinzuhören.

2.1.2 Mit Fragen ein Gespräch führen

Wenn wir mit dem Kunden z. B. am Whiteboard, Flipchart oder einer Metaplanwand reden, ist es unsere Aufgabe als Berater, das Gespräch zu führen und zu strukturieren. Dazu eignen sich Fragen ganz ausgezeichnet. Wir können mit Fragen in die Tiefe gehen, etwas zusammenfassen lassen, ein Thema inhaltlich im Umfang erweitern oder die Sichtweisen verändern [70] (Abb. 2.4).

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Abbildung 2.4: Grundlegende Arten von Fragen

Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Fragen [70]. Eine geschlossene Frage kann sinnvoll nur mit ja oder nein beantwortet werden. Solche Fragen eignen sich z. B. am Ende einer Diskussionsrunde, um bei jedem Beteiligten die Zustimmung zu erfragen: »Sind Sie damit einverstanden?«

Eine offene Frage kann dagegen nicht so einsilbig beantwortet werden. Solche Fragen lassen der gefragten Person wesentlich mehr Spielraum: »Was gehört aus Ihrer Sicht noch dazu?« Mit solchen Fragen können wir eine Diskussion inhaltlich vorantreiben. Offene Fragen werden auch als W-Fragen bezeichnet. Sie fragen nach dem Was, Warum, Wo usw.

2.1.3 Prozessfragen stellen und Blockaden lösen

Es ist schon eine Kunst, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen zu stellen. Meist verstehen wir unter dem Begriff Fragetechnik den gezielten Einsatz von offenen und geschlossenen Fragen, um ein Gespräch zu führen. Im Folgenden gehen wir auf eine ganz bestimmte Art von offenen Fragen näher ein und werfen einen Blick auf sogenannte Prozessfragen.

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Unter Prozessfragen verstehen wir offene Fragen an unseren Gesprächspartner, um diesen zum Nachdenken über sein eigenes Handeln oder Nicht-Handeln zu bewegen. Prozessfragen sind also eine ganz bestimmte Art von W-Fragen. Ein kurzes Beispiel verdeutlicht die Besonderheit von Prozessfragen.

Stellen wir uns einen Kunden vor, den wir im Projektmanagement beraten und der sich bei uns darüber beklagt, dass seine Mitarbeiter immer wieder verspätet zu einer ganz bestimmten, regelmäßigen Besprechung erscheinen. Wenn unser Kunde die verspäteten Mitarbeiter direkt fragt, warum diese zu spät kommen oder was sie daran hindere, pünktlich zu erscheinen, werden ihm meist nur vorgeschobene Ausreden als Antworten gegeben. Wir können unseren Kunden dazu auffordern, es mit Prozessfragen zu versuchen, um bei der Lösung des Problems weiterzukommen. Eine Prozessfrage geht auf die Meta-Ebene und fragt danach, was in diesem Beispiel eine verspätete Person braucht, um pünktlich zur Besprechung zu kommen. Mit Prozessfragen zielen wir auf die Lösung und nicht auf das Problem.

Darüber kommen wir oft schneller an den Kern des Problems und wir nutzen die Kreativität und das Wissen der betroffenen Person. Jede Antwort auf eine solche Frage ist ein Lösungsvorschlag unseres Gesprächspartners. Wenn wir als Antwort z. B. hören, dass die Vorwarnzeit in der Outlook-Einladung leider nur 15 Minuten beträgt, der Mitarbeiter aber durch seine zusätzliche Supporttätigkeit oft länger nicht am Platz ist, so kann vielleicht eine einfache Änderung dieses Parameters helfen. Wenn er dann immer noch oft zu spät kommt, liegen die Probleme tiefer. Meist ist der scheinbare Wert bzw. Nutzen einer Veranstaltung für diese Person zu gering. Dann helfen inhaltliche oder organisatorische Veränderungen. Auch dabei sind die Prozessfragen hilfreich.

Solche Vorschläge durch den Mitarbeiter haben also eine höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgreich umgesetzt zu werden, als Vorschläge externer Berater oder die simple Anweisung, etwas zu tun, also in unserem Beispiel pünktlich zu erscheinen.

Betrachten wir ein weiteres Beispiel, um zu erkennen, wie wir mit Prozessfragen weiter fortfahren können. Wiederum stellen wir uns vor, wir beraten einen Kunden im Projektmanagement. Er sagt uns, dass er von einer Idee, die wir diskutieren, begeistert ist, diese sich aber in seinem Projekt nicht umsetzen ließe. Wiederum führen uns Fragen nach dem Grund für die Schwierigkeiten kaum weiter. Eine lösungsorientierte Prozessfrage könnte lauten: »Was hindert Sie daran, diese Idee auszuprobieren?« Mit den Antworten auf diese Frage können wir meist direkt weiterarbeiten, die echten Hindernisse erkennen und Ideen zu Umsetzung entwickeln.

Wenn wir jedoch die Antwort erhalten, unser Kunde wisse nicht, wie er diese Idee umsetzen könne, können wir danach fragen, was er braucht, um die erste Frage beantworten zu können. Häufig ergeben sich jetzt konkrete Ideen für die ersten Schritte, die im Prozess notwendig sind, um die beteiligten Personen nicht zu überrollen.

Doch übertreiben Sie es nicht mit diesen Prozessfragen. Das Muster wird von unseren Gesprächspartnern meist schnell erkannt. Es kann dann dazu führen, dass unser Gesprächspartner ebenfalls auf eine Meta-Ebene geht und die Gegenfrage danach stellt, was wir mit diesen therapeutischen Fragen bezwecken. Auch wenn es die Geschäftsordnung oder andere implizite Regeln nicht erlauben, die Wahrheit zu sagen, führen diese Fragen in unserer Arbeitswelt schnell ins Leere. Aus diesem Grund empfehlen wir, Prozessfragen zu vielleicht heiklen Themen wie in unserem Beispiel besser unter vier Augen als vor einer Gruppe zu stellen.

Wenn wir im Rahmen eines Workshops Abläufe und Arbeitsprozesse analysieren und verbessern möchten, können uns die Prozessfragen hervorragend dabei unterstützen. Sie geben eine Denkrichtung vor, ohne den Lösungsraum einzuschränken. Sie führen konstruktiv auf eine Lösung und vermeiden so ein häufiges Verhaltensmuster von Menschen in schwierigen Situationen, sich von einem Problem blockieren zu lassen. Fragen wie »Was können wir tun, um die Fehlerquote zu verringern?« oder »Was brauchen Sie, um die Antwortzeiten zu verkürzen?« schaffen den Raum für die kreativen Lösungen und sie beziehen das gesamte intern vorhandene Fach- und Problemwissen automatisch in den Lösungsprozess mit ein.

2.1.4 So kommen Sie in sechs Schritten an Informationen!

Wie können wir den Informationsverlust z. B. in einer Analyse verringern? Wie erfahren wir das, was nicht gesagt wird? Dazu greifen wir in die Trickkiste der Berater und schauen uns deren Technik an, wie sie es schaffen, aus dem Stegreif systematische Fragen zu stellen, um an die wichtigen Informationen zu gelangen. Die Sechs-Stufen-Fragetechnik setzt sich aus den folgenden Schritten zusammen [12, 53]:1

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Prozesswörter überprüfen: Identifizieren Sie Verben und substantivierte Verben wie z. B. melden, Auslastung, erfassen. Stellen Sie zu jedem dieser Prozesswörter die W-Fragen: Wer? Was? Wann? Wie? Wo? Warum? usw.

Komparative und Superlative überprüfen: Bestimmen Sie die Bezugspunkte: Worauf bezieht sich der Vergleich oder die Steigerung? Bringen Sie die Messmethode in Erfahrung, über die die geforderten Eigenschaften nachgeprüft werden können.

Universalquantoren überprüfen: Identifizieren Sie die Universalquantoren wie alle, keiner, immer, nie, jeder, stets usw. Hinterfragen Sie darüber die Ausnahmen sowie die impliziten Annahmen.

Bedingungen überprüfen: Gibt es noch andere Varianten? Sind alle Möglichkeiten vollständig aufgezählt? Sind alle Entscheidungs- und Verzweigungsbedingungen genannt?

Konstanten und konfigurierbare Werte überprüfen: Identifizieren Sie feste sowie konfigurierbare Größen und Werte und geben Sie ihnen sprechende Namen wie z. B. Rechnungsschwellwert oder Volljährigkeit. Tragen Sie die Namen mit ihren aktuellen Werten in ein tabellarisches Glossar an zentraler Stelle z. B. im Intranet ein.

Abkürzungen und Fachbegriffe im Glossar definieren: Identifizieren Sie alle Abkürzungen, Akronyme2 und Fachbegriffe und definieren Sie diese in einem Glossar. Prüfen Sie dabei auf Widersprüche oder unterschiedliche Sichten in den beteiligten Fachbereichen. Der Begriff Kunde könnte z. B. im Marketing oder Produktmanagement unterschiedliche Aspekte haben.

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Die obigen sechs Schritte geben uns einen Gesprächsleitfaden, an dem wir uns orientieren können. So kommen wir sowohl an die Details als auch an die impliziten Grundlagen, die für alle unsere Gesprächspartner so selbstverständlich sind, dass sie nicht genannt werden, für uns Berater aber vielleicht völlig fremd sind. Dieser Gesprächsleitfaden ist ein Frageleitfaden. Wir können so mit unseren Fragen das Gespräch lenken und haben es im Griff. Denken Sie dabei an die Gesprächsregel: Wer fragt, führt!

2.2 Auf Einwände angemessen reagieren

In Diskussionen werden wir immer wieder mit Einwänden konfrontiert. Um auf Einwände angemessen reagieren zu können, ist es hilfreich, schnell zu erkennen, was sich hinter einem speziellen Einwand verbirgt. Einwand ist nicht gleich Einwand und eine einfache Typologie kann uns in Gesprächssituationen helfen, konstruktiv und empfängerorientiert damit umzugehen.

In Soft Skills für Softwareentwickler [70] haben wir eine einfache Typologie vorgestellt. Wir möchten damit nicht das simple Schubladendenken unterstützen. Dafür sind Menschen viel zu komplex. Wir nutzen diese Vereinfachung nur, um situativ auf bestimmte Kommunikationsereignisse angemessen reagieren zu können. In Abbildung 2.5 finden Sie eine Übersicht der vier Präferenzen.

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Abbildung 2.5: Das Vier-Quadranten-Modell als Beispiel einer pragmatischen Typologie (aus Soft Skills für Softwareentwickler [70]).

Alle diese vier typologischen Aspekte haben wir mehr oder weniger stark in uns ausgeprägt. In vielen Situationen können wir durch dieses einfache Muster schnell Unterschiede in der Denkweise des Gegenübers erkennen und dann sofort angemessener reagieren. Gerade wenn wir wie in vielen Gesprächssituationen kaum Reaktionszeit haben, kann dies eine wertvolle Hilfe sein, um z. B. sofort auf Einwände angemessen reagieren zu können.

2.2.1 Auf Widerstände empfängerorientiert reagieren

Bevor wir auf einen Einwand angemessen reagieren können, gilt es, zu erkennen, was dahinterstecken könnte. Aus welchem Quadranten unseres Typmodells kann ein konkreter Einwand gekommen sein? In den Tabellen 2.1 und 2.2 finden Sie einige Beispiele für schnell zu erkennende Merkmale der vier Grundtypen sowie typische Fragen bzw. Aussagen [70].

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Was können wir daraus für unsere Reaktion ableiten? Bei Einwänden aus dem Warum-Quadranten gilt es, die Person den jeweils eigenen Vorteil oder Sinn erkennen zu lassen. Dabei nehmen wir den oft auch sehr persönlichen Einwand ernst und haben Verständnis dafür. Häufig steckt im Kern ein wichtiger Aspekt hinter einem solchen Einwand, der für unsere weitere Arbeit wichtig ist.

Warum

Was

Wie

Wohin noch

Skeptische Haltung

häufiges Rückfragen

kompromissbereit

visuelle, schnelle Sprache

Philosophische Fragen

prüfende Fragen

schnelle Entscheidung

in die Zukunft gerichtete Fragen

Provokation, Unterstellung

keine emotionale Übertreibung

situativ aufmerksam

unverbindlich, unabhängig von anderen

Rückzug oder Aggression

auditive Neigung

schnell, kurz

ignorant

Tabelle 2.1: Erkennungsmerkmale der vier Grundtypen (aus [70])

Warum

Was

Wie

Wohin noch

Wozu das alles?

Das ist ein Problem!

Das ist doch ganz einfach!

Dann könnte man ja auch . . .

Das ergibt für mich keinen Sinn!

Das ist eine gute Frage!

Wozu lange reden?

Ich sehe da für uns noch ...

Das ist doch alter Wein in neuen Schläuchen!

Können Sie mal sagen ... Erklären Sie mir genauer ...

Ich mache das mal eben!

Das schränkt uns zu stark ein!

Tabelle 2.2: Typische Aussagen oder Fragen der vier Grundtypen (aus [70])

Einwände aus dem Was-Quadranten verlangen nach mehr Informationen und Details. Hierbei helfen u. a. Sachlichkeit, Ruhe und Geduld. Zu viel Marketingshow wird häufig als Blendwerk abgetan und die Kommunikation nicht mehr ernst genommen. Einwände aus dem Wie-Quadranten verlangen nach kurzen konkreten Antworten, Mustern oder Beispielen. Am besten lassen wir z. B. einen so veranlagten Kunden eine Demoversion gleich selbst ausprobieren.

Bei den Einwänden aus dem Wohin-noch-Quadranten tun wir uns oft schwer, mit der Euphorie mitzugehen, da wir auf dem Weg noch reichlich Probleme sehen. Dies kann eine gute Gelegenheit sein, alternative Lösungsansätze schmackhaft zu machen, die neben ihren anderen Vorzügen auch noch eine Reihe von Problemen mit erledigen. Bei solchen Einwänden hilft es, in Lösungen zu denken und weniger in den Problemen verhaftet zu sein: »Wenn wir ... erreichen wollen, dann sollten wir jetzt ... machen!«

Es ergeben sich also vier verschiedene Möglichkeiten, auf Einwände zu reagieren. Aus den Unterschieden in den vier Alternativen wird deutlich, wie es zu Störungen in unserer Kommunikation kommen kann, wenn unsere Reaktion nicht zu den Bedürfnissen hinter einem Einwand passt. Zusammenfassend können wir diese in den folgenden Handlungsanweisungen für eine empfängerorientierte Einwandbehandlung beschreiben [70]:

Warum

♦ Einwand wertschätzen

♦ Persönlichen Nutzen, Sinn bzw. Zweck herausstellen

♦ Das dem Einwand zugrunde liegende Problem herausarbeiten und dessen Lösung als zentralen Erfolgsfaktor für eine angestrebte Veränderung erkennen und würdigen

Was

♦ Informationen und Details geben

♦ Weiterführende Quellen und Literaturhinweise nennen

♦ Konkrete Fakten und Detailtiefe bieten

♦ Etwas demonstrieren

Wie

♦ Konkrete Handlungsanweisungen

♦ Muster und Beispiele

♦ Ergebnistypen und Checklisten

♦ Selbst ausprobieren lassen

Wohin noch

♦ Möglichkeiten, Optionen und Zusammenhänge herausstellen

♦ Lösungen anbieten

♦ Stufenpläne oder schrittweise Lösungskonzepte erarbeiten, um die Freiheitsgrade für zukünftige Entscheidungen lange offen halten zu können

2.2.2 Empfängerorientiert präsentieren

Auch bei Präsentationen vor Gruppen, in denen wir ja bei den Teilnehmern alle Präferenzen erwarten können, oder in der schriftlichen Kommunikation z. B. bei der Angebotserstellung kann dieses Modell hilfreich sein. Der runde Pfeil in der Mitte der Abbildung 2.5 auf Seite 13 zeigt die Reihenfolge.

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Zu Beginn klären wir die Warum-Fragen in Bezug auf die individuellen Vorteile und Konsequenzen. Dann geben wir mit den notwendigen Details die Sicherheit, um danach z. B. über kurze Handlungsanweisungen wie Checklisten ins Handeln zu kommen. Abschließend bieten wir einen Ausblick auf die weiteren Möglichkeiten. So liefern wir jedem Zuhörer die Informationen in der notwendigen Reihenfolge, damit er sich inhaltlich auf unsere Präsentation einlassen kann und nicht von seinen Einwänden oder inneren Widerständen blockiert wird.

Dies bedeutet z. B. bei der Vorstellung eines neuen Softwareprodukts, dieses zuerst mit allen seinen wesentlichen Funktionen zu zeigen, also mit der Demonstration zu beginnen, und erst danach die Teilnehmer einzuladen, es selbst zu testen. So stellen wir sicher, dass auch jeder Teilnehmer ausreichend Sicherheit für sein eigenes Austesten unseres Produkts hat.

2.3 Inhalt, Form und Beziehung

Unsere Kommunikation läuft parallel auf verschiedenen Ebenen ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Ein einfaches Modell beschreibt diesen Zusammenhang als vier Ebenen in einem Eisberg (Abb. 2.6):

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Abbildung 2.6: Die vier aufeinander aufbauenden Ebenen, entlang derer unsere Kommunikation läuft (aus [70]).

Inhaltlich-sachliche Ebene: Fachlicher Inhalt, Ziele, Verstand, Aufgaben: Wir transportieren hier die Antworten nach dem Was.

Geschäftsordnung: Befugnisse, Standards, Regeln, Entscheidungsverfahren usw. Mit der Geschäftsordnung beantworten wir die Frage nach dem Womit.

Soziale Beziehungen: Die aktuelle Gefühlslage, Erwartungen an den Gesprächspartner, Ängste z. B. vor Veränderungen, der Wunsch nach Anerkennung, aber auch Offenheit, Vertrauen bilden die emotionale Basis der Kommunikation.

Unbewusstes: Träume, Visionen, unbewusste Ängste oder Verhaltensmuster usw. beeinflussen auf der psychologisch tiefsten Ebene ebenfalls unsere Kommunikation bzw. das Kommunikationsverhalten

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Die oberen beiden Ebenen sind offen sichtbar bzw. können schnell in Erfahrung gebracht werden. Die beiden darunter liegenden Ebenen bleiben oft verborgen. Sie liegen unterhalb der Wasserlinie. Das Besondere am Eisbergmodell ist weniger die Tatsache der Existenz der vier Ebenen, sondern deren Anteil an der Wichtigkeit für den Transport von Information. Die Sachebene spielt mit ca. 10 % nur eine untergeordnete Rolle, der Anteil unterhalb der Wasserlinie macht dagegen über die Hälfte aus.

2.3.1 Kommunikationsprobleme und ihre Ursachen

Im Zusammenhang mit dem Eisbergmodell gibt es zwei Regeln, die uns im täglichen Leben von Nutzen sein können:

  1. Offensichtliche Kommunikationsprobleme auf einer Ebene haben ihre versteckte Ursache häufig in einer der darunter liegenden Ebenen.
  2. Kommunikationsprobleme werden sinnvoll auf der Ebene gelöst, auf der sie verursacht werden.

Wenn wir also das Gefühl haben, unseren Gesprächspartner inhaltlich nicht richtig zu erreichen, liegt die Ursache eher selten auf der intellektuellen Ebene, sondern oft handelt es sich um eine Störung auf einer Kommunikationsebene unterhalb der inhaltlich-sachlichen Ebene. Vielleicht haben wir unabsichtlich die Geschäftsordnung verletzt und unser Gesprächspartner ärgert sich darüber. Solche Verletzungen können in der Missachtung von Hierarchien, festgelegten Verantwortungsbereichen oder Reihenfolgen begründet sein. Vielleicht waren wir als Berater etwas zu forsch und ergebnisorientiert oder haben die Kompetenz unseres Gesprächspartners falsch eingeschätzt. Doch leider haben wir genau dadurch die gemeinsame Ergebnisorientierung bis zur Klärung eines Sachverhalts behindert. Meistens hilft hier eine ernst gemeinte Bitte um Entschuldigung bereits weiter, da wir bestimmte Regeln, z. B. die Geschäftsordnung, nicht kannten oder fälschlicherweise ignoriert haben.

Was spielt sich auf den vier Ebenen genau ab? Wenn wir als Berater z. B. mit den Mitarbeitern unseres Kunden über Veränderungen im Projektmanagement diskutieren, fokussieren wir meist vollständig auf den sachlichen Inhalt. Wir formulieren und schleifen unsere Worte. Damit diese bei unseren Gesprächspartnern ankommen, achten wir z. B. auf die interne Hierarchie unserer Gesprächspartner, um das Gespräch mit der dort oben stehenden Person zu beginnen. Anderenfalls kann es sein, dass ein übergangener Ansprechpartner sofort klarstellt, dass es ohne ihn nicht zu Entscheidungen oder Umsetzungen kommen wird, oder durch subtilere Störfeuer dafür sorgt, dass wir erkennen, wie wichtig er ist. In jedem Fall haben wir es mit einer ungewünschten, unnötigen und ablenkenden Störung zu tun, um die wir uns zuerst kümmern sollten, bevor wir mit unserem eigentlichen Thema weitermachen können.

Wir achten auch darauf, ob Störungen auf der Ebene der sozialen Beziehung vorliegen. Unsere Gesprächspartner sind dann vielleicht durch ihre Ängste im Denken und Handeln blockiert oder stellen überhöhte Erwartungen an uns, die wir gar nicht erfüllen können. In jedem Fall bedarf es zuerst der Normalisierung der sozialen Beziehung, bevor wir inhaltlich arbeiten können. Die Wege dazu gehen über unsere Wertschätzung der Gesprächspartner, der Anerkennung von Ängsten und einer unsererseits offenen und vertrauensvollen Kommunikation, bevor wir in die thematischen Tiefen unseres eigentlichen fachlichen Themas abtauchen.

2.3.2 Wertschätzung: Schlüssel erfolgreicher Kommunikation

Eine Störung kann wie gesehen auch auf der Beziehungsebene eintreten. Dann helfen uns Entschuldigungen vielleicht auch weiter, können aber oft nur den Einstieg in eine vertrauensvolle Kundenbeziehung darstellen. Die Beziehungsebene bildet die Basis für eine ergebnisorientierte Kommunikation. Wie gehen wir damit um?

Auf der Beziehungsebene liegen die Erwartungen, Sorgen, Ängste usw. Diese bestimmen in starkem Maße unser Handeln. Bevor wir also zielgerichtet und lösungsorientiert handeln können, ja bevor wir überhaupt sinnvoll über Lösungen und Ideen diskutieren können, bedarf es einer dafür ausreichend geklärten Beziehungsebene zwischen den Gesprächspartnern.

Häufig sind wir als Berater von einem Auftraggeber eingesetzt worden, der in der Hierarchie über den Personen steht, mit denen wir konkrete Ergebnisse zu erarbeiten haben. Mit dem Auftraggeber haben wir die Erwartungen an unseren Auftrag bereits geklärt. Das entbindet uns nicht davon, dies auch mit unseren direkten Ansprechpartnern zu tun. Häufig gibt uns ein Auftraggeber einen Rahmen vor, innerhalb dessen wir Entscheidungen treffen können. Dieser Freiraum ist für den Berater wichtig, um belastbare und brauchbare Lösungen erarbeiten zu können. Der Rahmen und der damit verbundene Freiraum ist auch mit den direkten Ansprechpartnern zu klären. Das gibt uns einen guten Einstieg, mit ihnen in Kontakt zu kommen und unsere Wertschätzung für die Mitarbeiter und ihre Kompetenzen auszudrücken.

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Dahinter steckt die Überzeugung, dass unsere direkten Ansprechpartner die Experten für ihr Arbeitsgebiet in ihrer Organisation sind. Unser Ziel ist es also, dass wir als Berater mit den Experten beim Kunden auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Mit diesem Bild vor Augen können wir Erwartungen klären und z. B. auch Risiken bei der Projektarbeit vertrauensvoll identifizieren. Mit gegenseitiger Wertschätzung arbeiten wir also stets auf der Beziehungsebene. Auf dieser Basis kommen wir dann in gemeinsamer Arbeit zu den gewünschten Ergebnissen, die unseren Kunden voranbringen. Wertschätzung kommt vor Wertschöpfung!

3 Workshops gezielt einsetzen

3.1 Gemeinsam Ideen entwickeln

Als Workshop bezeichnen wir eine moderierte Arbeits- oder Lehrveranstaltung. Das Besondere daran ist, dass ein Moderator meist nicht viel mehr fachliche Erfahrung benötigt, als die Teilnehmer bereits mitbringen. Ganz im Gegenteil, die meisten Workshops leben aus dem Erfahrungsaustausch der Teilnehmer. Der Moderator ist dagegen für den Ablauf und die Struktur verantwortlich und bringt seine ganze Erfahrung aus der Moderation zahlreicher Workshops mit. Das Ziel moderierter Workshops ist es, Problemlösungen gemeinsam zu erarbeiten und voneinander zu lernen [77].

Im Kontext einer Beratung können wir Workshops einsetzen, um verschiedene Ziele zu erreichen. Zu Beginn einer Beratung können wir über Workshops das zu lösende Problem tiefer analysieren und erste Lösungsideen gemeinsam mit den Entscheidern aufseiten unseres Kunden entwickeln. Im laufenden Beratungsprozess können wir mit den betroffenen Mitarbeitern in Workshops die konkrete Umsetzung einer Lösungsidee erarbeiten, planen oder anpassen. Auch Retrospektiven, über die wir regelmäßig Optimierungen an von uns eingeführten Arbeitsprozessen vornehmen, haben den Charakter von Workshops. Zum Ende einer Beratung können wir über Workshops mit Führungskräften und Mitarbeitern des Kunden die Ergebnisse konkret festhalten und so nebenbei den Wert unserer gemeinsamen Arbeit mit dem Kunden aufzeigen. Workshops sind daher ein methodischer Bestandteil von Beratungs- und Veränderungsprozessen.

3.1.1 Wann sind Workshops sinnvoll?