Die drei ???® Kids

Band 65

Mission Goldhund

Erzählt von Ulf Blanck

Mit Illustrationen von Jan Saße

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KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Jan Saße, Horgenzell

Umschlaggestaltung: Walter Typografie und Grafik, Würzburg

Grundlayout: Friedhelm Steinen-Broo, eStudio Calamar

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© 2015, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-14868-6

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Endlich Ferien!

»Na toll! Wir haben Ferien, und uns fällt nichts Besseres ein, als die Kaffeekanne aufzuräumen. Das geht ja gut los.« Leicht genervt öffnete Bob Andrews die Bodenklappe zum Geheimversteck der drei ???. Dicht hinter ihm auf der Eisenleiter stand Justus Jonas. »Was regst du dich so auf, Bob? Du selbst sagst doch immer, dass man bei uns nichts wiederfindet. In der Kaffeekanne sieht es bald schlimmer aus als auf Onkel Titus’ Schrottplatz.« Peter Shaw stand noch am Boden und sah grinsend zu seinen beiden Freunden hinauf. »Vielleicht sollten wir umziehen? Die Kaffeekanne wird für unser ganzes Zeug allmählich zu klein.«

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Plötzlich schienen sich Justus und Bob gegen ihn zu verbünden. »Tickst du noch ganz richtig?«, riefen sie im Chor. Bob warf Peter einen empörten Blick zu. »Die Kaffeekanne gehört zu uns wie der Punkt unter dem Fragezeichen. Ohne die Kaffeekanne wären wir keine richtigen Detektive. Ich glaube, du hast zu lange in die Sonne geschaut.«

»Okay, war ja nur ein Witz. Natürlich ziehen wir nicht aus der Kaffeekanne aus. Just hat aber recht: Das Geheimversteck ist so voll, dass wir bald selbst nicht mehr hineinpassen. Wird Zeit, dass wir entrümpeln.«

»Natürlich habe ich recht«, lachte Justus. »Ich habe immer recht. Nur glaubt mir das leider so selten einer.«

Bob steckte seinen Kopf durch die Luke und musste sich erst einmal an das schwache Licht gewöhnen. Im Inneren war es heiß und stickig. »Dann rein in die gute Stube! Atmet vorher lieber noch mal tief ein.«

Die Kaffeekanne war eigentlich ein stillgelegter Wassertank für alte Dampflokomotiven. Wie ein riesiges Fass thronte der Tank auf einer Konstruktion aus Holz. An der Seite ragte eine gekrümmte Röhre heraus. Hiermit waren früher die Heizkessel der Dampflokomotiven mit Wasser aufgefüllt worden. Von Weitem sah der Tank dadurch tatsächlich aus wie eine Kaffeekanne.

Bob setzte sich auf eine der drei alten Apfelsinenkisten, die ihnen als Hocker dienten.

»Wirklich das totale Chaos! Wir haben von allem zu viel. Seht euch mal um!«

Neben der Detektivausrüstung lagerten stapelweise zerfledderte Comichefte, halb volle Colaflaschen, zerdrückte Chipstüten und leere Kekspackungen. Peter war der Letzte, der in die Kaffeekanne hineinkletterte. »Also schön, womit fangen wir an?« Justus grinste und öffnete seinen Rucksack. »Ich dachte mir, dass uns ein bisschen Musik fehlt. Damit kann man besser aufräumen. Hier, das habe ich auf dem Schrottplatz von Onkel Titus abgestaubt.«

Bob musterte neugierig das sonderbare Gerät, das Justus aus dem Rucksack zog. »Was ist das für ein Kasten? Ich dachte, wir wollten Platz schaffen. Und jetzt schleppst du noch mehr Zeug an.«

Justus stellte das Gerät auf den Tisch. »Das ist ein altes Autoradio. Frisch ausgebaut aus einem Schrottwagen. Komplett mit Batterie, Lautsprecher und Antenne.« Peter runzelte die Stirn. »Und das schrottreife Ding funktioniert?« Justus drehte an einem der vielen Knöpfe. »Das werden wir gleich wissen.«

Im selben Moment quietschte und schnarrte es aus dem Lautsprecher. »Ihr hört Radio Rocky Beach«, tönte eine Männerstimme, »den coolsten Sender zwischen San Francisco und Los Angeles. Weiter geht es mit dem aktuellen Hit von Emily Carter.« Peter schnappte sich eine der halb vollen Colaflaschen. »Klingt gar nicht mal schlecht für so einen alten Kasten. Jetzt fehlt uns nur noch ein Kühlschrank. Die Cola ist so warm wie Hagebuttentee.«

Doch kaum waren die ersten Takte des Liedes zu hören, verwandelte sich die Musik zu einem nervigen Krächzen. Justus schaltete das Radio wieder aus. »Leider ist die Batterie so alt wie das Radio. Das war’s für heute mit der Musik. Beim nächsten Mal bringe ich eine neue Batterie mit.« Peter nahm einen letzten Schluck aus der Flasche. »Schade, ich mag die Songs von Emily Carter.«

Doch obwohl das Radio ausgeschaltet war, hörten sie noch etwas. Keine Musik und keinen Gesang. Es war ein ganz anderes Geräusch: ein leises, wehklagendes Jaulen. Peter sah sich erschrocken um. »Was ist das? Das kommt nicht aus dem Radio.« Bob öffnete die Bodenklappe. »Klarer Fall: Das kommt von draußen.« Vorsichtig steckte er seinen Kopf durch die Luke. »Ich kann aber nichts sehen.« Peter hingegen rückte, soweit es ging, von der Bodenklappe weg. »Wenn du mich fragst, ich will gar nicht sehen, wer oder was da unten so jault.«

Blick um die Ecke

Justus stand auf und packte das Ende eines Eisenrohres, das aus der Wand ins Innere der Kaffeekanne ragte. »Zeit, dass wir unser Periskop benutzen.« Er bewegte das Rohr langsam hin und her und drehte an einem kleinen Rädchen. Ein leises Quietschen war zu hören. Das Periskop hatten die drei ??? vor einiger Zeit selbst gebaut. Durch mehrere Spiegel im Inneren der Röhre konnte man wie bei einem U-Boot nach draußen schauen. Konzentriert starrte Justus in das Rohr. Das Jaulen hatte sich mittlerweile in ein leises Wimmern verwandelt.

Ungeduldig zog Bob seinen Freund am T-Shirt. »Nun sag schon, Just. Was ist da?«

»Ob ihr es glaubt oder nicht, da draußen steht ein kleiner Hund.«

»Ein kleiner Hund?«, wiederholte Peter ungläubig. »Wo kommt der denn her?« Justus zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber das werden wir herausfinden. Wozu sind wir Detektive?«

Forsch kletterte Justus die Eisenstufen hinunter. Ihm folgten Bob und Peter. Für einen kurzen Moment verstummte das Jaulen. Doch dann war es wieder zu hören. Peter zeigte auf ein Gebüsch unweit der Kaffeekanne. »Da! Er muss dorthin gelaufen sein.«

Vorsichtig schlichen die drei ??? zu der Stelle. Dann sahen sie es alle gleichzeitig: Ängstlich zusammengekauert hockte hinter den Zweigen ein kleiner Hund und blickte die drei Freunde mit großen Augen an. Peter atmete erleichtert auf. »Was bist du denn für einer?«, lachte er. »Und wie kommst du hierher?« Bob musste auch lachen. »Glaubst du, der Hund kann sprechen? Dafür musst du Hündisch lernen.« Der kleine Hund fing jetzt laut zu bellen an und wedelte freudig mit dem Schwanz. Als Peter ihm seine Hand entgegenhielt, beschnupperte der Hund diese neugierig. »Wahrscheinlich ist er seinem Herrchen weggelaufen.«

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Justus knetete nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger seine Unterlippe. »Das kann ich mir kaum vorstellen. Unser Geheimversteck befindet sich in der Nähe der befahrenen Küstenstraße. Hier geht niemand mit seinem Hund spazieren.«

»Und wenn er aus dem offenen Fenster eines Autos gesprungen ist?«, überlegte Bob.

»Dann hätte er sich dabei sicherlich verletzt. Es muss eine andere Erklärung geben.«

Justus’ Blick fiel auf das goldene Halsband, das der Hund trug. »Pech gehabt, das Halsband bringt uns auch nicht weiter. Ich hatte gehofft, dass dort eine Hundemarke angebracht ist.«

In diesem Moment jaulte der kleine Hund laut auf und legte seinen Kopf zur Seite. Peter nahm ihn vorsichtig auf den Arm. »Erst einmal ist es egal, wo der herkommt. Schaut ihn euch an: Er hat Hunger und Durst.« Justus erhob sich jetzt. »Mit Hunger und Durst kenne ich mich aus. Und da wir hier nur warme Cola und alte Kekse haben, müssen wir sofort zum Schrottplatz. In Tante Mathildas Küche werden wir schon etwas für den Kleinen finden.«

Aus der Kaffeekanne holten sie einen Korb, den Justus vor seinem Fahrradlenker befestigte. »So, kleiner Hund. Hier passt du hinein. Merkwürdig: Sein Fell ist ganz nass. Na, zu Hause rubbeln wir ihn trocken. Festhalten, Kleiner! Es geht los.«

Von ihrem Geheimversteck führte ein holpriger Pfad zurück auf die Küstenstraße. Ihre Räder mussten sie schieben, denn der Weg war fast zugewachsen mit hohen Gräsern und dornigem Gestrüpp. Nur undeutlich konnte man am Boden die verrosteten Schienen der ehemaligen Bahnstrecke erkennen. Als die drei ??? schließlich die Küstenstraße erreicht hatten, konnten sie aufsteigen. Dem kleinen Hund schien die Fahrt zu gefallen, denn er fing freudig an zu bellen, und seine Ohren flatterten im Wind.

Unweit der Straße befand sich der Pazifische Ozean. Ganz in der Nähe war eine kleine, sandige Bucht, wo die drei Freunde häufig im Meer badeten. Nach etwa zehn Minuten erreichten sie das Ortsschild von Rocky Beach.

Plötzlich wurden sie von einer schnellen schwarzen Limousine überholt. Doch Sekunden später machte der Wagen eine Vollbremsung. Staub wirbelte auf, und die drei ??? mussten husten. Gleichzeitig sprangen zwei Männer aus dem stehenden Fahrzeug. Beide trugen schneeweiße Anzüge und dunkle Sonnenbrillen.

»He! Ist das euer Köter?«, rief ihnen einer der Männer entgegen und nahm seine Sonnenbrille ab. Der kleine Hund kauerte sich in dem Korb zusammen und fing ängstlich an zu jaulen. Justus sah dem Mann scharf in die Augen. »Wieso wollen Sie das wissen? Gehört der Hund etwa Ihnen?«

Jetzt mischte sich der zweite Mann ein. »Richtig, mein Junge. Das da ist unser Hund. Der kleine Racker ist uns beim Spazierengehen ausgebüxt. Also gib ihn her!«

Bob warf einen Blick auf das Hundekind. Dieses hatte sich tief im Korb vergraben. »Können Sie das beweisen?«, entgegnete er mit fester Stimme.

Auch der zweite Mann nahm jetzt seine Sonnenbrille ab. Seine eisblauen Augen blitzten. »Nun werde nicht frech, Bengel! Natürlich ist das unser Hund.« Bob ließ nicht locker. »Wie heißt er denn? Wenn Sie ihn rufen, dann wird er ja sicherlich zu Ihnen kommen.« Wütend kam der Mann auf sie zu. »Ich brauche dir gar nichts zu beweisen. Der Hund hat noch keinen Namen. Den habe ich gestern erst aus dem Tierheim geholt.«

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»Aus dem Tierheim?«, wiederholte Justus. »Aus welchem denn?« Leicht nervös sah sich der Mann um. Dann blieb sein Blick an dem Ortsschild hängen. »Aus dem Tierheim in … Rocky Beach. Die haben sich gefreut, dass der kleine Kerl ein neues Zuhause bekommt.«