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Nr. 234

 

Wachkommando Andro-Beta

 

Die Illusionskristalle halten sie zum Narren – und die Rotrüssel überfallen sie ...

 

von H. G. EWERS

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Seit dem Zeitpunkt, da Grek 1, der Chef der fehlgeschlagenen Maahk-Invasion, eine riesige Akonenflotte in die Falle von Twin gelockt und damit eine uralte Rechnung beglichen hatte, ist etwa ein Jahr vergangen.

Die Lage innerhalb der besiedelten Milchstraße ist ruhig, die raumfahrenden Völker scheinen durch die Ereignisse von Twin einen Schock erlitten zu haben – besonders natürlich die Akonen und die Arkoniden, die einstmals so mächtig waren und die inzwischen nicht mehr sind als Satelliten der Akonen. Auch die Blues von der Eastside der Galaxis, die immer noch mit ihren internen Streitigkeiten beschäftigt sind, bilden keine Gefahr für das Solare Imperium.

Perry Rhodan wagte es daher gegen Ende des Jahres 2401, mit seinem Flaggschiff die Galaxis zu verlassen und in das »System der Verlorenen« vorzustoßen, das nach Greks Angaben von den Meistern der Insel längst nicht mehr bewacht wurde.

Inzwischen schreibt man auf der Erde den Juli des Jahres 2404, und die Männer des Solaren Imperiums haben im »System der Verlorenen« längst festen Fuß gefasst.

Sie benutzen anschließend den »Schrotschusstransmitter« als Ausgangsbasis für einen verwegenen Vorstoß, der sie noch näher an die Andromedagalaxis, den unmittelbaren Herrschaftsbereich der Meister der Insel, heranführt und sie Bekanntschaft machen lässt mit dem WACHKOMMANDO ANDRO-BETA!

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Großadministrator des Solaren Imperiums.

Icho Tolot – Der Haluter findet seine terranischen Gastgeber amüsant.

Atlan – Der Lordadmiral ergeht sich in Pessimismus.

Melbar Kasom – Der Ertruser träumt von großen Portionen und verspeist ein Tischtuch.

Finch Eyseman, Orsy Orson und Conrad Nosinsky – Drei Leutnants, die einiges »ausfressen«.

Dr. Wai-Ming – Das erste Opfer der Illusionskristalle.

Aihik – Befehlshaber der »Rotrüssel«.

Tronar und Rakal Woolver – Die Parasprinter werden aktionsunfähig.

1.

 

Leutnant Finch Eyseman hörte die Stimme des Oberstleutnants – und hörte sie doch wieder nicht. Mit verwunderten Augen starrte er das Bild an, das der große Frontschirm in der Kommandozentrale der CREST II bot.

Nichts deutete darauf hin, dass man sich nur innerhalb einer Zwerggalaxis befand, in einem winzigen Anhängsel des Andromedanebels. Der Durchmesser von Andro-Beta, wie der Zwergnebel offiziell genannt wurde, betrug nur 7200 Lichtjahre. Dennoch war das Sternengewühl hier scheinbar ebenso undurchdringbar wie innerhalb der heimatlichen Galaxis. Finch Eysemans Herz klopfte lauter, als er an die Entfernung dachte, die ihn – und alle anderen Wesen in und auf Troja – vom Rand der Heimatgalaxis trennte.

Eine Million dreihundertfünfzigtausend Lichtjahre ...

Eine unvorstellbare Entfernung!

Eine vor Zorn bebende Stimme riss Finch Eyseman jäh aus seinen Träumereien. Er zuckte zusammen und wandte sich so schnell um, dass er beinahe gestürzt wäre.

Oberstleutnant Brent Huises fuchsrote Haare sträubten sich wie der Kamm eines angriffslustigen Hahnes. Das grobe Gesicht nahm allmählich die Farbe der Haare an.

»Leutnant Eyseman!«, brüllte der Erste Offizier der CREST II. »Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie sich nicht in Ihrem Bett, sondern in der Zentrale des Flaggschiffes befinden ...!«

Finchs braune Augen wirkten traurig. Automatenhaft ruckte sein Körper zusammen. Die Hacken knallten gegeneinander.

»Jawohl, Sir!«, flüsterte Finch.

Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass die beiden anderen Leutnants, Orson und Nosinsky, schadenfroh grinsten. »Aha!«, grollte Brent Huise. »Sie haben also nichts dagegen einzuwenden!« Sein Tonfall wurde sarkastisch, als er fortfuhr: »Aber ich habe einiges dagegen einzuwenden, dass ein Astronautenanwärter schläft und damit die einmalige Gelegenheit verpasst, an der Positionsbestimmung innerhalb eines fremden Zwergnebels teilnehmen zu dürfen.«

»Jawohl, Sir. Es tut mir leid, Sir«, murmelte Finch tonlos.

Oberstleutnant Brent Huise öffnete den Mund erneut. Doch dann fiel sein Blick zufällig zur Seite. Er holte tief Luft.

Leutnant Orsy Orson wurde so blass wie seine weißblonden Haare. Mit zitternden Fingern versuchte er, einen Riegel Schokolade in seiner Brusttasche zu verstauen. Als ihm das nicht gelang, stopfte er ihn rasch in den Mund. Sein Adamsapfel trat weit heraus, so weit wie Orsons wasserblaue Augen. Deutlich war zu sehen, wie der Schokoladenriegel ruckweise die Speiseröhre passierte. Leutnant Orson rang nach Atem.

Erst nach einigen Sekunden stieß Brent Huise die eingeholte Luft wieder aus. Wie hypnotisiert sah er zu, wie Leutnant Orson die mit Schokolade beschmierten Hände an der Uniformkombination abwischte.

Plötzlich brach er in brüllendes Gelächter aus.

Finch Eyseman nutzte die Gelegenheit und las die bisher ermittelten Positionsdaten von den immer noch klickenden Skalenwalzen ab.

Brent Huises Gelächter erstarb ebenso schnell, wie es begonnen hatte. Er stemmte die Fäuste in die Seiten. Seine Stimme sank zu einem gefährlich klingenden Flüsterton herab.

»So also sehen die Offiziere einer Elitetruppe aus! Der eine träumt während einer lebenswichtigen Positionsberechnung vor sich hin, und der andere stopft sich unterdessen mit Schokolade voll! Ich werde Major Bernard anweisen, alle nicht lebenswichtigen Zuteilungen an Sie zu streichen!«

»Um Himmels willen!« Leutnant Orson wurde noch blasser. »Er würde eine Generalüberprüfung aller Zuteilungen vornehmen ...«

Brent Huise kratzte sich verlegen am Kopf.

»O ver...!« Erschrocken tastete er seine Magengegend ab. »Bernard würde feststellen, dass der Verpflegungsetat ...«

Der Oberstleutnant verzog das Gesicht zu einem grimmigen Lächeln.

»Beinahe wäre Ihr Ablenkungsmanöver geglückt, Orson. Aber mich legen Sie nicht herein, auch wenn Sie sich für noch so schlau halten.« Um seine Augenwinkel zuckte es verdächtig. »Ich werde mir für Sie eine passende Strafart ausdenken, Leutnant Orson und Leutnant Eyseman. Aber jetzt werden Sie zu beweisen haben, dass Sie eine Positionsbestimmung auch selbständig vornehmen können. Wehe Ihnen, wenn das Ergebnis nicht stimmt, meine Herren!«

Leutnant Eyseman räusperte sich.

»Wenn ich einen Vorschlag machen darf, Sir ...?«

»Na, los schon!«, knurrte Brent Huise.

»Wenn wir den Kurs von Troja um nullkommafünf Grad Backbord zur Polachse der CREST verschieben und das Trümmerstück auf fünf Prozent der einfachen Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, fallen wir genau auf eine zwei Lichtjahre entfernte Doppelsonne zu. Damit hätten wir einen festen Bezugspunkt für weitere galaktonautische Berechnungen – sowohl, was die Fixierung des Zentrumskerns von Andro-Beta betrifft als auch den jeweiligen Stand der CREST auf der fiktiven Kurslinie.«

Der Erste Offizier warf Finch Eyseman einen verwunderten Blick zu und trat rasch zur Kalkulationspositronik. Routiniert programmierte er seine Fragen ein. Als die Antwortfolie aus dem Schlitz des Ausgabesektors schnellte, wirbelte Brent Huise auf dem Absatz herum und starrte Finch Eyseman an, als sähe er ihn zum ersten Mal.

»Woher wussten Sie das, ohne den Kalkulator zu benutzen, Leutnant?«

Finch errötete. Er blickte auf seine Schuhe, als suchte er dort nach der Antwort.

»Selbst ein blindes Huhn findet ab und zu ein Korn«, bemerkte Leutnant Nosinsky ironisch.

Brent Huise blickte ihn strafend an.

»Sie waren nicht gefragt, Leutnant Nosinsky. Haben Sie etwa – sozusagen als sehendes Huhn – die gleiche Erkenntnis gewonnen wie Leutnant Eyseman?«

»Nein, Sir!«, erwiderte Nosinsky verlegen.

»Dann mischen Sie sich gefälligst nicht ein, wenn sich Erwachsene unterhalten!«, sagte Brent Huise scharf. Er wandte sich wieder Finch Eyseman zu.

»Vielen Dank, Leutnant. Ich schätze, aus Ihnen wird doch noch ein brauchbarer Astronautenanwärter. Sie können wenigstens denken. Ich gestehe, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen wäre, die Daten ohne Maschine auszurechnen.« Er räusperte sich. »Typischer ›Rechenschieberkomplex‹ ...!

Aber Sie, Leutnant Nosinsky und Leutnant Orson, haben weder selbst nachgedacht noch die vorhandenen Daten mit der Maschine verwertet. Melden Sie sich zum Geräte-Eichdienst!«

Als Nosinsky und Orson mit hängenden Schultern gegangen waren, blickte Finch mit seinen traurig wirkenden Braunaugen zu Brent Huise auf.

»Noch eine Frage?«, meinte der Erste Offizier gönnerhaft.

»Sir!«, stieß Finch hervor. »Ich bitte, mich ebenfalls zum Strafdienst abzukommandieren.«

»Warum?«, polterte Brent Huise verblüfft.

»Weil ich durch meine Unaufmerksamkeit die anderen Leutnants von ihrer Arbeit abgelenkt habe, Sir. Indirekt trage ich die Schuld an ihren Verfehlungen.«

Brent Huise starrte Finch kopfschüttelnd an.

»Sie sind ein unverbesserlicher Idealist, Leutnant Eyseman. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie niemals ein richtiger Offizier. Aber Sie sollen Ihren Willen haben. Allerdings erst, nachdem Sie mir geholfen haben, die neuen Kursdaten zu überprüfen und zu präzisieren.«

»Jawohl, Sir. Vielen Dank, Sir«, gab Finch zurück. Seine braunen Augen leuchteten tief befriedigt auf. Er wusste innerlich, dass Brent Huise recht hatte. Aber er wusste auch, dass er so hatte handeln müssen – und dass er beim nächsten Mal ebenso handeln würde.

 

*

 

Perry Rhodan blickte nachdenklich den Haluter an. Icho Tolot drehte seinen halslosen, kuppelförmigen Kopf abwechselnd zum Bildschirm und zu seinem Gesprächspartner.

»Ich bin der gleichen Meinung, Sir«, sagte Tolot in einwandfreiem Interkosmo. »Es wäre gefährlich, das Betadreieck noch einmal als Transmitter zu benutzen. Es ist ohnehin ein – wie Sie sagen würden – Vabanquespiel gewesen, obwohl uns gar nichts anderes übrig blieb. Wollten wir nun noch das Transmittersystem von Andro-Beta auf den Schrotschusstransmitter einstellen, stellten wir den Erfolg unserer ganzen Aktion in Frage. Niemand kann die Justierungsstation des Betadreiecks erobern, ohne augenblicklich die Meister der Insel zu alarmieren.«

Perry Rhodan nickte ernst.

»Das war auch mein Gedankengang, Tolot.« Er lächelte. »Aber Staatsmarschall Bull hat uns aus diesem Grunde die neuartigen Zusatztriebwerke geschickt. Mit ihnen können unsere Superschlachtschiffe ohne erhöhtes Risiko die Entfernung zwischen Betadreieck und Schrotschusstransmitter zurücklegen, ohne auf einen Transmitter angewiesen zu sein.«

Atlan, der bisher scheinbar unbeteiligt dem Gespräch gefolgt war, richtete sich sitzend auf.

»Ohne erhöhtes Risiko, Perry?«

Perry Rhodan nickte.

»Ich weiß, was du damit andeuten willst, Arkonide. Du möchtest mir den Unterschied klarmachen zwischen dem Flug eines einzelnen Schiffes und dem Aufbau einer festen Nachschubverbindung ...«

»Ganz recht!«, sagte Atlan. »Im Unterschied zu dir halte ich die Maahks nicht für so leichtfertig, Andro-Beta völlig unbeachtet zu lassen.«

Perry Rhodan winkte ab.

»Wir wissen inzwischen, dass die Maahks im Gegensatz zu der Zeit vor rund zehntausend Jahren nicht mehr nur im eigenen Interesse handeln können. Es sind die Meister der Insel, die ihnen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Diese Leute mögen über unvorstellbare Machtmittel verfügen, viel Eigeninitiative besitzen sie offenbar nicht. Wie anders wäre ihr Leichtsinn zu erklären, den Schrotschusstransmitter unbewacht zu lassen?«

»Ich gebe Rhodan recht«, sagte Icho Tolot mit seiner dröhnenden Stimme. »Die Terraner hätten jedenfalls anders gehandelt. Zu einer Zeit, zu der die Auseinandersetzung mit einer mächtigen Rasse aus der Nachbargalaxis bevorsteht, würden die Menschen alle ihre Außenposten gesichert haben, ganz gleich, wie lange sie schon brachgelegen hätten. Wenn ich meine Meinung sagen darf: Die Meister der Insel befinden sich seit vielen Jahrtausenden auf dem absteigenden Ast der Entwicklung.«

Atlan zuckte die Schultern.

»Na schön, ich gebe mich geschlagen. Ich weiß zudem, dass wir eine Nachschubverbindung aufbauen müssen. Nur wollte ich vor allzugroßem Optimismus warnen.«

Er blinzelte Icho Tolot zu.

»Die Terraner sind im Grunde genommen noch Kinder, was ihren geistigen Entwicklungsstand angeht. Sie sind von Anfang an durch das Glück begünstigt worden. Da stellt sich gar zu leicht das Gefühl eigener Unbesiegbarkeit ein. Aber das Eindringen in eine fremde Galaxis ist etwas ganz anderes als der Vorstoß in einen Sternensektor der eigenen Milchstraße. Hierbei nur den Sieg einzuplanen und die Niederlage zu vergessen – das wäre das Ende.«

Icho Tolot lachte dröhnend.

»Wie recht Sie haben, Atlan! Aber ich bin froh darüber, dass die Terraner im kosmischen Sinne noch Kinder sind. Erwachsene wären längst gescheitert. Wenn eine intelligente Rasse den höchsten Reifestand erreicht hat, macht sie keine Eroberungen mehr. Dazu ist die Kindheit und die Jugend da.«

Perry Rhodan runzelte die Stirn. Er wusste, dass Atlan und Tolot recht hatten, aber er kannte auch sein Ziel. Die Meister der Insel ließen die maahksche Invasion der heimatlichen Galaxis vorbereiten. Unter diesen Umständen blieb der Menschheit nichts anderes übrig, als selbst aktiv zu werden. Der eigentliche Kampfschauplatz musste nach Möglichkeit nach Andromeda verlagert werden.

»Es bleibt dabei, meine Herren«, sagte er. »Die ANDROTEST III unter dem Kommando von Oberst Kotranow fliegt mit dem Linearantrieb zum Schrotschusstransmitter zurück und überbringt Solarmarschall Bull den Bericht über die derzeitige Lage in Andro-Beta und neue Befehle. Wir werden die ANDROTEST mit der CREST zum Rand des Zwergnebels begleiten, damit wir sicher sind, dass sie unbehelligt abgeflogen ist. Vor Hyperfunksprüchen müssen wir uns bekanntlich hüten.«

»Wie ich dich kenne«, sagte Atlan bedächtig und mit einer Spur Ironie, »wirst du dich auf dem Rückflug etwas genauer umsehen wollen, Barbar!«

Rhodan lächelte amüsiert.

»Und wie genau du mich kennst, Arkonide.« Er blickte auf seine Uhr. »Jetzt fehlt uns nur noch die Positionsberechnung von ... Ah, da kommt sie ja schon!«

Oberstleutnant Brent Huise blieb dicht vor dem Kartentisch stehen und salutierte.

Perry Rhodan nickte ihm auffordernd zu.

»Annähernd in Flugrichtung befindet sich eine Doppelsonne, die wir Destination getauft haben, Sir.« Brent Huise räusperte sich und wartete, ob jemand einen Einwand gegen die Benennung vorbrachte. Als niemand etwas sagte, fuhr er fort. »Destination ist zwei Lichtjahre von unserer derzeitigen Position entfernt. Durch eine geringfügige Änderung unseres Kurses und eine Beschleunigung auf genau fünf Prozent der Lichtgeschwindigkeit würden wir außerordentlich günstige Voraussetzungen für künftige Positionsbestimmungen unseres wandernden Planetoiden erhalten.«

»Ausgezeichnet!« Perry Rhodan drückte die Taste des Interkoms. »Oberst Rudo zu mir, bitte!«

Er wartete, bis der massige Epsaler sich neben Brent Huise aufgebaut hatte.

»Hören Sie bitte mit zu, Oberst!«, befahl er. »Ich nehme an, wir werden in Kürze die Traktorstrahlen der CREST zur Unterstützung der festen Triebwerke Trojas einsetzen müssen.«

Brent Huise lächelte flüchtig, dann beschrieb er die Einzelheiten der Maßnahmen, mit denen das Kursänderungsmanöver durchgeführt werden musste.

Perry Rhodan hörte aufmerksam zu. Seine Augen wandte er allerdings zum großen Panoramabildschirm.

Die CREST II stand mitten auf einer Fläche des annähernd würfelförmigen Planetoiden, den man Troja getauft hatte. Zwar war die Fläche alles andere als eben, wie es von einem Würfel erwartet wurde, aber das spielte für die Landebeinhydraulik des Superschlachtschiffes keine Rolle.

Nachdenklich betrachtete Rhodan die bizarre Brückenkonstruktion am Ende der Fläche. »Brücke ins Jenseits« hatten die Männer der CREST jenes in sich verdrehte, aus den Verankerungen gerissene Gebilde getauft. Dreihundert Meter weit ragte sie in den kosmischen Abgrund hinaus, nur gehalten von den Verankerungen der vierhundert Meter, die sich noch auf dem Trümmerstück eines ehemaligen Planeten befanden. Die Brücke gehörte zu dem halbierten Teil einer Stadt, die ehemals auf einem Riesenplaneten der Maahks im System des Schrotschusstransmitters gestanden hatte. Eine von den Meistern der Insel befohlene Strafaktion hatte vor tausend Jahren einst den Planeten zerstört – und dieses Trümmerstück war zum ausgehöhlten Stützpunkt der terranischen Vorausabteilung geworden. Heute diente die Brücke nur noch dazu, einen Peilort für die jeweilige Flugrichtung abzugeben.

Die Zeit geht über alles hinweg, dachte Rhodan, über Rassen, Sonnensysteme, Planeten und Bauwerke intelligenter Lebewesen.

Er unterdrückte seine melancholische Anwandlung und wandte sich wieder den beiden höchsten Offizieren der CREST II zu, Cart Rudo, dem Kommandanten und Brent Huise, dem Ersten Offizier.

»Ich danke Ihnen, Oberstleutnant Huise. Sie, Oberst Rudo, veranlassen bitte alle für das Manöver nötigen Maßnahmen.«

Als die Offiziere gegangen waren, erkundigte er sich bei Oberst Pawel Kotranow über die Lage auf der ANDROTEST III.

»Alles in bester Ordnung«, sagte er befriedigt zu Atlan. »Ich denke, wir können in etwa zehn Stunden aufbrechen.«

Atlan verzog das Gesicht zu einem ahnungsvollen Lächeln.

»Alles in Ordnung ...?« Er lachte rau. »Ich wünschte, wir wären schon wieder zurück und du würdest das gleiche behaupten, Perry ...«

2.

 

Leutnant Finch Eyseman stemmte das schwere Feldeichgerät über die Kante der Reparaturöffnung und zog sich selbst hoch.

Er lauschte.

Irgendwo vor ihm mussten Orson und Nosinsky sein. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, sonst wäre die Reparaturöffnung der Messwertweiche geschlossen gewesen.

Allmählich gewöhnten sich Finchs Augen an die düsterrote Beleuchtung im Innern des Weichenblocks. Der enge, kurze Gang war leer. Aber es gingen so viele Seitengänge ab, dass das nichts zu bedeuten hatte.

Finch stutzte, als er das eigentümlich rasselnde Geräusch wahrnahm. Angestrengt überlegte er, welches Eichgerät oder welcher Einstellungsgenerator ein solches Arbeitsgeräusch erzeugte. Das Rasseln war nicht gleichmäßig. Es brach von Zeit zu Zeit ab, kam wieder und schwankte in Lautstärke und Tonhöhe.

Kopfschüttelnd kroch Finch tiefer in den Hauptgang hinein.