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Nr. 32

 

Der galaktische Lockvogel

 

Lordadmiral Atlan legt einen Köder aus – und die Akonen schicken ihren besten Mann

 

von H. G. Ewers

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO, schreibt man Ende Juni des Jahres 2408 Standardzeit.

Für Lordadmiral Atlan und seine USO-Spezialisten hat eine neue Phase in der Auseinandersetzung mit der Condos Vasac, den kosmischen Gegenspielern der Menschheit, begonnen, denn die CV hat zum ersten Mal eine neue, gefährliche Waffe eingesetzt – die Hyperfalle. Diese Waffe – wäre sie schon ausgereift – würde den Gegnern der Menschheit die Herrschaft im All sichern.

Atlan weiß das, und er weiß auch, dass es höchste Zeit ist, die Weiterentwicklung einer solchen Waffe zu unterbinden. Alles muss unternommen werden, um das Geheimnis der Hyperfalle zu enträtseln und die geheimnisvollen Machthaber der Condos Vasac zu stellen.

Atlans Plan, wie sich den Gegnern am besten beikommen lässt, ist von den Positroniken in Quinto-Center, dem USO-Hauptquartier, durchgerechnet worden. Der Plan sieht das Auslegen eines Köders vor.

Dieser Köder ist USO-Spezialist Sinclair M. Kennon in neuer Maske – Sinclair M. Kennon als DER GALAKTISCHE LOCKVOGEL.

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral legt einen Köder aus.

Sinclair M. Kennon – Der USO-Spezialist verkörpert ein Ekel.

Ronald Tekener – Kennons Freund und Kollege.

Prof. Dr. Lorb Weytchen – »Erfinder« des Unitransfer-Mobils.

Arkh Spihen – Ein Mann, der um sein Leben fürchtet.

Traeka von Phuls – Kommandant der HISTOMON.

1.

 

»Die Frage danach, welche Arten bewusst denkender intelligenter Lebewesen als Menschen bezeichnet werden dürfen, ist eine Scheinfrage, denn sie entspricht dem längst überwundenen Vorurteil, dass nur jene Völker, die ihren Ursprung auf der Erde haben, die Bezeichnung Menschen verdienen. Dieses Vorurteil basierte auf den äußeren Merkmalen, die man einem Menschen zugestand. Die Tatsache jedoch, dass Erdgeborene von Angehörigen anderer Zivilisationen niemals als Menschen, sondern stets nur als Terraner oder Erdmenschen bezeichnet werden, beweist ...«

Ich schaltete das Lesegerät ab, erhob mich und stellte mich vor den großen Feldspiegel, der eine Wand meiner Kabine in der ATLANTIS zierte.

Es lag nur wenige Tage zurück, da war ich beim Blick in einen Spiegel zum Amokläufer geworden, allerdings hatte jener Spiegel in Quinto-Center etwas anderes gezeigt als der in meiner Kabine in Atlans Space-Jet.

Aus dem Feldspiegel blickte mir ein 1,68 Meter großer, korpulenter Mann mit kahlgeschorenem Kopf entgegen. Das Gesicht war ungewöhnlich fleischig, abstoßend grobporig, mit einer geröteten Knollennase und wulstigen Lippen. Ein geflochtener hellblonder Bart hing meinem Spiegelbild bis an den breiten Gürtel der Bordkombination.

Ich zog eine Grimasse – und natürlich tat mein Spiegelbild das gleiche.

»Willkommen, Professor Lorb Weytchen!«, sagte ich und zuckte unwillkürlich beim Klang der unmännlich hohen Stimme zusammen. Es fiel mir beinahe noch schwerer, mich an diese Stimme zu gewöhnen als an die neue Biomolplastmaske, die meinen um dreiundzwanzig Zentimeter gekürzten Körper umhüllte.

Langsam wandte ich mich um und ging zu einem Sessel; ich setzte mich und ließ die Erinnerungen vor meinem Bewusstsein paradieren. Es waren fast ausschließlich unangenehme Erinnerungen, vor allem, wenn ich an die Hyperfalle und die damalige Ungewissheit betreffs Ronalds Schicksal dachte.

Da Rabal Tradino – als der ich zahlreiche Einsätze gegen die Condos Vasac durchgeführt hatte – vor den Augen einiger Angehöriger dieses galaktischen Verbrechersyndikats »umgekommen« war, konnte ich natürlich nicht mehr als Rabal Tradino auftreten. Zu meinem nicht geringen Verdruss hatte Lordadmiral Atlan sich entschlossen, mich als Professor Dr. Lorb Weytchen abermals in die Condos Vasac einzuschleusen. Professor Weytchen war ein berühmter Ultradim-Physiker und Chef des Forschungszentrums LABO-T-4 auf dem Erdmond.

Als es kaum hörbar knackte, wusste ich, dass sich mein Interkomanschluss aktiviert hatte. Ich setzte mich auf und sagte:

»Alles in Ordnung, Lordadmiral. Sie brauchen keine neue Psychokrise zu befürchten, obwohl ich mich als Lorb Weytchen überhaupt nicht leiden kann. Schon der Name ist ein Brechmittel.«

Atlans Abbild auf dem Interkomschirm schmunzelte, dann wurde es wieder ernst.

»Sie sind meines Mitgefühls sicher, Kennon«, erklärte er. »Aber deshalb habe ich Sie nicht angerufen. Kommen Sie bitte gleich in die Kanzel; ich habe ein Notsignal aufgefangen.«

Der Bildschirm wurde dunkel. Ich sprang auf und verließ meine Kabine unterhalb des Kanzeldecks. Durch die kurze Antigravröhre kam ich in die Kommandokanzel.

Atlan wandte den Kopf, als er meine Schritte hörte. Sein Gesicht zeigte einen eigentümlichen Ausdruck von Spannung.

»Hören Sie sich das bitte mal an, Kennon.«

Er schaltete das Speichergerät des Hyperkoms ein. Aus dem Lautsprechersystem kam ein leises Zirpen, dem ein schrilles Pfeifen folgte, dann sagte eine Stimme auf Interkosmo:

»Raumsch Iff Pog Osch innot. Helf tuns! Raumsch Iff Pog Osch innot. Helf tuns! Raumsch...«

Atlan schaltete das Gerät ab.

»Was halten Sie davon?«

»Nun ...«, antwortete ich bedächtig, »... das soll zweifellos heißen: ›Raumschiff Pogosch in Not. Helft uns.‹ Ich kenne einen Springer namens Pogosch. Er ist ein sehr tüchtiger Tierfänger und ...«

Atlan unterbrach mich.

»Aber ein Springer würde das Interkosmo nicht derartig verfälschen, Major. Ich habe überlegt, ob die Bandabspielung vielleicht nicht richtig arbeitet, doch das dürfte unwahrscheinlich sein.«

Ich nickte.

»Zweifellos. Eine defekte Abspielanlage würde nicht jedes Wort verfälschen, sondern höchstens ein paar. Warum sehen wir nicht nach, Lordadmiral?«

»Eigentlich dürften wir uns nicht aufhalten, Kennon. Ich möchte nicht, dass Arkh Spihen gesund wird, bevor unser Spielchen gelaufen ist.«

Ich sagte nichts dazu. Arkh Spihen war ein Springer aus der Vaschtas-Sippe, der für die Condos Vasac spionierte und sich zur Zeit in einer Isolierstation auf Tahun befand. Spihen litt, seiner Meinung nach, an den berüchtigten Lashat-Pocken. In Wirklichkeit waren die pockenartigen Beulen an seinem Körper durch eine Allergie verursacht, die relativ harmlos war. Für uns kam es darauf an, ihm eine wichtige Information zuzuspielen und ihn zur Flucht nach Lepso zu provozieren, wo es eine Spezialklinik zur Behandlung von Lashat-Pocken-Patienten gab. Einziges Handicap waren die Ärzte auf Tahun, die sich nicht nach den Erfordernissen der USO richteten, sondern den Patienten Spihen wie jeden anderen behandelten. Wenn unser Spiel nicht schnell genug ablief, konnte es sein, dass der CV-Agent genas und damit als Werkzeug ausschied.

»Aber wenn ein Schiff in Not ist, müssen wir selbstverständlich helfen«, fuhr der Arkonide fort. »Übernehmen Sie die Ortung, Major!«

Ich setzte mich vor die Ortungskontrollen. Dabei sah ich, dass Atlan bereits mehrere Peilungen vorgenommen hatte. Es wunderte mich nicht, denn über allem stand – nach ungeschriebenen Gesetzen – die Hilfeleistung an Raumbrüchigen.

Die ATLANTIS beschleunigte mit hohen Werten. Atlans Space-Jet war ein Schiff, das sämtliche Raffinessen unserer Technik besaß. So konnte ich beispielsweise durch einen Knopfdruck die Orientierungsautomatik aktivieren und bekam eine genaue Auskunft über unsere gegenwärtige Position. Wir befanden uns auf einem Punkt zwischen vier so genannten Funkfeuersternen und fast genau in der Mitte der Strecke Quinto-Center–Tahun. Solange wir uns nur mit Unterlichtgeschwindigkeit fortbewegten, änderte sich die Position nur unwesentlich.

Zehn Minuten später schaltete Atlan den Kalup-Konverter ein, und wir verschwanden im Zwischenraum. Hier, wo die Lichtgeschwindigkeit unendlich war, existierte die so genannte Einstein-Schranke nicht. Hier konnten sich Raumschiffe relativ zum vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit bewegen, je nach Effektivleistung der Triebwerke und Beschleunigungsdauer.

Zwanzig Minuten später kehrten wir in den Normalraum zurück, wobei unsere Geschwindigkeit wieder unter die der hier gültigen Lichtgeschwindigkeit sank. Ich drückte auf die Knöpfe der Ortungskontrollen und hatte kurz darauf die Silhouette eines walzenförmigen Raumschiffes auf dem Elektronenzeichner-Schirm.

»Länge zweihundert Meter«, las ich von der Messwertskala ab. »Typische Springer-Bauweise. Ich werde es anrufen.«

Ich fragte zuerst über Telekom, dann über Hyperkom an, wobei ich alle bei Galaktischen Händlern üblichen Frequenzen und Wellenlängen benutzte. Niemand antwortete.

»Vielleicht hat sich die Besatzung mit den Rettungsbooten abgesetzt«, vermutete Atlan.

»Dann wäre es ihre Pflicht gewesen, ihren Hyperkom auszuschalten, damit der Notruf nicht weiter ausgestrahlt wird«, gab ich zurück. »Ich bitte darum, drüben nachsehen zu dürfen, Lordadmiral.«

Atlan hatte nichts dagegen. Er steuerte die Space-Jet einmal um das Walzenschiff herum. Dabei bemerkten wir auf der anderen Seite das ungefähr dreißig Meter lange Loch. Die Außenhülle war an den Leckrändern stark nach außen gewölbt und ausgeglüht. Offenbar hatte eine Triebwerksexplosion stattgefunden.

Der Arkonide steuerte an eines der Mannschotte dicht hinter dem Bug und glich unser Schiff der Taumelbewegung des Walzenschiffes an. Ich schoss einen Plastiktunnel hinüber, damit die eventuell noch im Schiff vorhandene Luft nicht in den Weltraum entwich, wenn ich das Schott aufbrach.

Danach schloss ich meinen Raumanzug, holte mir aus dem Geräteraum einen Atombrenner und flog durch die transparente Röhre hinüber. Das Impulsschloss bereitete mir keine große Mühe; innerhalb weniger Minuten hatte ich es herausgebrannt, und das Schott ließ sich öffnen.

Zuerst stellte ich fest, dass die künstliche Schwerkraft mit noch mindestens halber Leistung arbeitete. Sie betrug etwa ein halbes g. Dann kontrollierte ich den Kommandoraum. Er war verschlossen. Ich schaltete das Notrufgerät ab und begab mich zu den Rettungsboothangars. Sie waren leer. Folglich hatte Pogosch mit seiner Sippe das Schiff verlassen. Wahrscheinlich waren sie zum Regul-System geflogen. Es lag nur achteinhalb Lichtjahre von hier und besaß eine bewohnte Welt, den Planeten Londra, auf dem eine arkonidisch-terranische Gesellschaft Raumschiffe baute. Allerdings blieb mir weiterhin unverständlich, dass Pogosch vergessen haben sollte, das Notrufgerät abzuschalten. Der alte Patriarch war ein Geizhals, und er wusste, dass er alle Unkosten erstatten musste, die jemandem entstanden, wenn er dem Notruf folgte.

Ich durchsuchte alle Kabinen. Überall fand ich Anzeichen eines überstürzten Aufbruchs.

»Wie sieht es bei Ihnen aus, Major?«, fragte Atlan über Helmfunk.

»Leer, Lordadmiral«, erwiderte ich. »Patriarch Pogosch und seine Sippe müssen in Panik gehandelt haben. Sie sind praktisch geflohen, obwohl ich keinen Grund dafür erkennen kann.«

»Das ist mir unbegreiflich, Kennon. Soviel ich weiß, ist Patriarch Pogosch ein umsichtiger, kaltblütiger Mann. Eine Panikhandlung sieht ihm gar nicht ähnlich. Gibt es Anzeichen für einen Überfall?«

»Nein. Aber ich sehe mal in den Laderäumen nach. Wenn es einen Überfall gegeben hat, dann müsste wenigstens ein Teil der Ladung verschwunden sein.«

»Pogosch hat seine Tiere, sofern welche an Bord waren, sicher mitgenommen«, entgegnete der Arkonide.

Das konnte stimmen. Dennoch wollte ich nachsehen. Ich lief zu den Laderäumen, riss die Schotte auf, blickte hinein und eilte weiter. Außer Fütterungsanlagen und den Einrichtungen, die ein Tierfänger eben braucht, fand ich nichts.

Beinahe hätte ich aufgegeben, aber meine Wissbegier war zu groß. Man wusste, wenn man nach einem Hinweis suchte, niemals, ob man nicht an ihm vorbeiging, weil man die Suche zu früh abbrach.

Im vorletzten Laderaum wurde meine Suche endlich belohnt, wenn auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es gab auch hier keine Anzeichen, die auf einen Überfall hindeuteten. Ein einziger Käfig war nicht entfernt worden – und in dem Käfig saß etwas auf einer hölzernen Stange, das wie ein terranischer Schwarzer Klammeraffe aussah. Nur der Kopf passte nicht ganz dazu; seine Form glich dem eines Schimpansen, das Gesicht eher dem eines Gorillas.

Aber es war weder ein Schwarzer Klammeraffe noch ein Schimpanse und auch kein Gorilla, denn das Tier trug ein blausilbernes Fell, hatte gelblich leuchtende Augen und besaß ein Paar zusammengefaltete Hautflügel.

Ich starrte das Tier an, und es starrte zurück. Dann stieß es einen Schrei aus, der für einen Menschen unhörbar gewesen wäre, nicht aber für mich mit den Spezialeinrichtungen meiner Vollprothese. Der Schrei lag im Ultraschallbereich. Kurz darauf breitete das Tier die Hautflügel aus. Ich sah, dass es etwa eine Spannweite von drei Metern hatte.

Alles in allem handelte es sich um ein interessantes Tier, und ich begriff nicht, warum Pogosch es als einziges an Bord zurückgelassen hatte.

Ich meldete Atlan meinen Fund.

Der Lordadmiral überlegte eine Weile, dann sagte er:

»Wir müssen den Flugaffen wohl oder übel mitnehmen, Kennon. In dem Wrack würde er umkommen. Trauen Sie sich zu, das Tier ohne seinen Käfig herüberzubringen?«

Ich grinste.

»Selbstverständlich. Ich bringe das Tier mit.«

Es rührte sich zuerst nicht, als ich den Käfig öffnete. Dann schoss es blitzschnell ins Freie und kreiste beinahe lautlos unter der Decke. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Menschen, der sich Flügel angeschnallt hatte, deshalb beschloss ich, es Ikarus zu nennen.

»Komm zu mir, Ikarus!«, rief ich und hob den rechten Arm.

Er stieß herab, streifte meinen Arm und schwang sich wieder hoch. Ich wollte ihn nicht gewaltsam einfangen und rief weiter nach ihm. Endlich ließ er sich auf meinem rechten Unterarm nieder, faltete die Schwingen zusammen und blickte mich aufmerksam an. Das Tier hatte keine Aggressivität gezeigt; offenbar war es völlig harmlos. Dennoch hätte ich mich sehr vorgesehen, wenn meine Vollprothese mich nicht völlig gegen eventuelle Angriffe von Ikarus schützte.

»Brav so, Ikarus«, sagte ich.

Ich verließ den Laderaum und ließ das Schott zugleiten. Danach sah ich in den letzten Laderaum. Er war leer wie die übrigen auch. Ich machte mich auf den Rückweg, wobei ich ständig beruhigend auf den Flugaffen einsprach. Er rührte sich nicht, sah mich nur immer an.

Ich sperrte das Tier in eine leerstehende Kabine der Space-Jet und begab mich wieder in die Steuerkanzel.

Atlan beobachtete Ikarus auf einem Monitor. Als ich mich in meinen Kontursessel setzte, wandte er mir den Kopf zu und sagte:

»Wenn so etwas öfter vorkommt, werde ich die ATLANTIS in HAGENBECK umtaufen, Kennon.«

Ich blickte ihn fragend an.

Der Arkonide lachte.

»Entschuldigen Sie, aber ich denke manchmal nicht daran, dass meine Mitarbeiter durchschnittlich mehr als zehntausend Jahre jünger sind als ich. Hagenbeck war der Name eines terranischen Tierfängers und Zoobesitzers. Der gute alte Carl ...«

Sein Gesicht nahm einen geistesabwesenden Ausdruck an, deshalb sagte ich schnell:

»Schalten Sie ab, Lordadmiral! Sofort, bitte! Wir müssen uns um einen Springer und um die Condos Vasac kümmern.«

Atlans Bewusstsein kehrte zur Gegenwart zurück. Er lächelte seltsam, legte die Hände über die Kontrollen und sagte:

»Sie haben recht, Kennon, obwohl ...«

Die Innenzelle vibrierte und dröhnte, als die ersten Impulstriebwerke anliefen. Innerhalb von Sekunden war das Walzenschiff aus unserem Blickfeld verschwunden.

Noch eine Linearetappe, dann würden wir die rote Sonne Tah vor uns sehen ...

 

*

 

Atlan beschleunigte im Zwischenraum bis auf zwanzigmillionenfache Einsteinraum-Lichtgeschwindigkeit, so dass wir in gut einer Stunde die restlichen 2001 Lichtjahre bis zum Tah-System überwanden.

Nachdem der Lordadmiral sich bei der Systemüberwachung identifiziert hatte, durften wir ohne Begleitung den Planeten Tahun anfliegen. Wir landeten nahe der Isolierstation, in der Arkh Spihen behandelt wurde. Ein Robotgleiter holte uns ab.

Atlan und ich sahen uns an.

»Was geben wir dem Flugaffen zu fressen?«, fragte der Arkonide. »Haben Sie irgendwelche Futterreste in seinem Käfig gesehen?«

»Nein, der Käfig war leer gewesen. Ich werde ihm eine Schüssel Synthobrei hinstellen. Mehr können wir nicht tun. Entweder er nimmt die Nahrung an oder er verhungert, und wenn er den Brei frisst, überlebt er es hoffentlich.«

Atlan erklärte sich damit einverstanden. Wir informierten die anrückende Wartungsmannschaft über den Passagier, versorgten Ikarus und ließen uns von dem Robotgleiter zum Labortrakt der Isolierstation fahren.

Professor Dr. Llargoseth, unser tüchtigster Virologe, erwartete uns am Portal. Sein eiförmiger kahler Schädel und der gebrechlich wirkende Körperbau ließen ihn eindeutig als Ara erkennen, also als Angehörigen jenes Volkes, das die meisten und tüchtigsten Mediziner der Galaxis hervorgebracht hatte.

Wir begrüßten uns knapp, dann führte Llargoseth uns in einen abhörsicheren Raum, ließ uns durch einen Roboter Erfrischungen servieren und bot uns Platz an.

»Sie kommen wegen des Galaktischen Händlers, der für die Condos Vasac spioniert«, stellte der Virologe sachlich fest. »Nun, Arkh Spihen befindet sich auf dem Weg der Besserung, auch wenn man es ihm noch nicht ansieht. Sie können ihn verhören, wenn Sie wollen, Lordadmiral.«

»Ich werde ihn nicht verhören«, antwortete der Arkonide. Er lächelte, als er Llargoseths erstaunten Blick bemerkte. »Wir werden es sogar so arrangieren, dass der Spion fliehen kann. Ich bin sicher, Sie haben sich meiner Bitte entsprechend verhalten, Professor?«

»Selbstverständlich, Lordadmiral. Wir haben seine Allergie behandelt, ohne ihm zu sagen, dass es sich nicht um die Lashat-Pocken handelt. Allerdings begreife ich nicht, dass Sie einen Verbrecher entkommen lassen wollen, anstatt ihn seiner Strafe zuzuführen.«

Atlan lächelte.

»Glauben Sie mir, das hat seinen guten Grund, Professor. Leider darf ich Sie nicht vollständig informieren.«

»Sie trauen mir nicht?« Llargoseth wirkte amüsiert.

»Ich vertraue Ihnen, Professor, aber es ist ein unumstößlicher Grundsatz der USO, dass niemals mehr Personen über eine Aktion informiert werden als unbedingt notwendig.«

»Ich verstehe.« Llargoseth nickte. »Was kann ich für Sie tun?«

»Wir müssen eine Scheinkonferenz abhalten«, erklärte der Arkonide. »Dazu benötigen wir außer Professor Weytchen und Ihnen noch zwei oder drei der Ärzte, die sich mit Arkh Spihens Erkrankung befasst haben. Ich werde sie während der Konferenz darüber aufklären, dass der Patient Spihen mit höchster Wahrscheinlichkeit ein gefährlicher feindlicher Agent ist. Wir müssen es so einrichten, dass Spihen mithören kann.«

Ich räusperte mich und sagte: