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Nr. 14

 

Der Tempel des furchtbaren Gottes

 

Ein Anti paktiert mit der USO – und gibt sein Geheimnis preis

 

von H. G. Ewers

 

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Auf der Erde und den übrigen Welten des Solaren Imperiums der Menschheit schreibt man Anfang November des Jahres 2407.

Oberstleutnant Ronald Tekener und Major Sinclair M. Kennon alias Rabal Tradino, die beiden berühmten USO-Spezialisten, haben binnen kurzer Zeit eine ganze Anzahl gefährlicher Situationen bravourös gemeistert. Sie stellten sich dem solaren Gericht, dem Mordkommando der Condos Vasac – und sie überlisteten auf dem Medo-Planeten Tahun den Agenten der CV-Lenkzentrale.

Die beiden Asse der USO haben sich sozusagen doppelt rehabilitiert und ihre Verbindung zur Condos Vasac nicht verloren. Im Gegenteil: Der Kontakt ist sogar noch gefestigt worden.

Lordadmiral Atlan, dem USO-Chef, kann das nur recht sein. Tekener und Kennon brauchen nicht aus dem »Verkehr« gezogen zu werden. Sie können weiterhin im Rahmen des bisherigen Einsatzprogrammes arbeiten und ihre Suche nach der mysteriösen CV-Lenkzentrale fortsetzen.

Die Gelegenheit dazu scheint besonders günstig zu sein. Ein Anti ist bereit, sein Geheimnis preiszugeben und mit der USO zu paktieren. Der Anti kennt eine heiße Spur – und diese Spur führt zum TEMPEL DES FURCHTBAREN GOTTES ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Chef und Begründer der USO.

Haahl-A1 – Tekeners und Kennons Kontaktmann auf Lepso.

Tschen Bahark – Ein Anti gibt sein Geheimnis preis.

Sinclair M. Kennon – Der USO-Spezialist verwandelt sich in einen »Gott der Stärke«.

Ronald Tekener – Kennons Freund und Kollege.

Luhommun – Ein Bewohner der Krötenwelt.

Es ist das Kollektiv, das die Räder der Geschichte bewegt, aber es ist die Einzelpersönlichkeit, die die Richtung der Bewegung bestimmt. Damit die Bewegung ungestört verläuft, bedarf es des stillen Heldentums, von Frauen und Männern, deren Namen in keinem Geschichtsbuch stehen werden.

Lordadmiral Atlan vor Absolventen der USO-Akademie am 15. Juni 2407

 

1.

 

Der grünhäutige Koloss schleuderte seine Zigarre auf den Boden, trampelte darauf herum und schrie:

»Ich bin ein Kaufmann und keine zu melkende Kuh! Merken Sie sich das, Obtron! Kommen Sie nie wieder in mein Kontor, um mich anzubetteln. Es ist mir vollkommen gleichgültig, ob die vor Faulheit stinkende Bevölkerung Ihres heruntergekommenen Planeten an Eiweißmangel zugrunde geht oder nicht. Hinaus!«

Obtron wich furchtsam an die Tür zurück, stotterte einen Dank für etwas, das er nicht bekommen hatte, und verschwand danach fluchtartig.

Haahl-A1 patschte mit seiner dicken Hand an die Stelle seines Oberkörpers, an der unter einer beachtlichen Speckschicht sein Herz lag, und sagte ächzend:

»Beinahe hätte ich mich aufgeregt. Gießen Sie mir einen doppelten Rum mit Milch ein, Uvelda!«

Die Privatsekretärin des Barniters, eine doppelnäsige, erschreckend magere Funorarierin, stob wie eine aufgescheuchte Schnepfe hinter ihrem Kommunikationspult hervor und drehte mit bebenden Fingern an den Knöpfen des Getränkeautomaten. Schaumige Milch schoss in ein dickwandiges Zweiliterglas, füllte es zur Hälfte. Dazu kam hochprozentiger terranischer Rum.

Uvelda rannte mit dem Glas in der Hand zu ihrem Chef, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten.

Haahl-A1 packte das Glas mit beiden Händen, hob es an seinen dicklippigen Mund und ließ das Gebräu in sich hineinfließen. Anschließend stellte er das Glas ab, wischte sich den Mund mit dem Handrücken und rülpste laut.

Der barnitische Händler lächelte zufrieden, strich sich über seinen weit vorgewölbten Bauch und bewegte sich im Watschelgang auf sein privates Büro zu. Aus diesem absolut schalldichten und abhörsicheren Gelass pflegte er Anweisungen über fünftausend Handelsagenten der Galaxis zu geben, hier leitete er seine geheimen und nicht immer sauberen Transaktionen ein – und von hier aus hielt er Verbindung zur USO und den auf Lepso stationierten Spezialisten dieser Organisation. Haahl-A1 schloss die starke Panzertür hinter sich, schaltete den Detektor ein und überprüfte den Raum. Er nickte, als das Ergebnis negativ ausfiel. Weder die Condos Vasac noch der »staatliche Wohlfahrtsdienst« schienen ihn zu verdächtigen. Ein Barniter der ersten Garnitur und der Auszeichnung »Haahl-A1« pflegte sich auf seine Geschäfte zu konzentrieren und mischte sich niemals in irgendeine Art oder Form von Politik ein.

Mit einer Ausnahme – aber davon ahnten die beiden Verbrecherorganisationen nichts.

Der Händler aktivierte sein kompliziertes Kodiergerät, wodurch es automatisch mit dem Sendeteil des starken Hyperkoms verbunden wurde.

»Haahl-A1 an Agentur auf Enema!«, sprach er schnaufend ins Mikrophon. »Ein kasumanischer Politiker namens Obtron hat bei mir vorgesprochen und um Hilfe für seinen Planeten gebeten, auf dem infolge einer verheerenden Viehseuche die Bevölkerung unter bedenklichem Eiweißmangel leiden soll. Lassen Sie die Situation überprüfen und im Fall, dass Obtrons Angaben der Wahrheit entsprechen, eine Hilfsaktion aus Fonds M-33 4-A anlaufen. Ich denke vorerst an Eiweißkonzentrate, um die schlimmste Not zu lindern. Später soll Frischfleisch geliefert werden. Sobald die Seuchengefahr beseitigt ist, landen Sie einen ausreichenden Anfangsbestand an Nutzvieh an. Ende.«

Er schaltete ab und starrte geistesabwesend vor sich hin, während er sich an seinem Fünffachkinn kratzte.

»Meine Weichherzigkeit wird mich noch an den Bettelstab bringen«, murmelte er. »Da schuftet man sich ab, um ein paar Reserven für schlechte Zeiten zu haben, und da erscheint so ein heruntergekommener Stromer, und schon werde ich weich.«

Er watschelte durch seinen saalgroßen Raum und stellte sich auf die elektronische Waage, mit deren Hilfe er sein Gewicht zu überprüfen pflegte.

Prüfend blickte er auf die Leuchtanzeige an der Wand.

»Schon wieder dreißig Gramm abgenommen!«, schimpfte er. »Daran ist nur der Ärger mit Obtron schuld. Wenn das so weitergeht, werde ich noch so dürr wie Uvelda.«

Er grinste bei dieser Vorstellung. Das Grinsen gefror auf seinem Buddhagesicht, als der Hyperkommelder sich durchdringend meldete.

»Nicht mal um seine Gesundheit kümmern kann man sich, ohne gestört zu werden«, murrte er, während er von der Waage stieg. Er sah aus wie eine rollende Fettkugel, als er sich auf den Hyperkom zubewegte.

Kurz bevor er das Gerät erreichte, verstummte der Melder. Dennoch aktivierte Haahl-A1 den Hyperkom. Seine fette Hand klatschte laut auf die Schaltplatte.

Es knackte im Gerät. Sekundenbruchteile später glitt eine blaue Folie aus dem Ausgabeschlitz des Dekodierers. Geschickt fischte der Barniter danach.

Er las die Botschaft halblaut.

»Von Agent Behany an Haahl-A1. Die für heute angesetzte Versteigerung einer Schiffsladung Moorcley-Pelze beginnt nicht um 18.00 Uhr Ortszeit, wie veröffentlicht, sondern bereits um 16.40 Uhr. Anweisung des Auktionsmeisters. Ende.«

Die Brauen des Barniters rutschten zehn Zentimeter höher. Er formte die Lippen zu einem Kussmund.

Die Meldung war in einem raffinierten Geheimkode verfasst, der zwecks Täuschung eventueller Mithörer außerdem in den normalen Handelskode von Haahl-A1 »verpackt« worden war. Die Vorverlegung der Auktion bedeutet, dass jemand dem Barniter dort eine Nachricht zukommen lassen wollte, und »Anweisung des Auktionsmeisters« hieß, dass die Nachricht von der USO-Zentrale auf Lepso stammte.

Natürlich stimmte der Wortlaut der Botschaft. Die Auktion war tatsächlich vorverlegt worden, und diese Anweisung stammte wirklich vom Auktionsmeister. Nur war der Mann von Haahl-A1 gekauft und würde niemals eine Vorverlegung der Aktion gewagt haben, wenn ihn nicht ein Mitarbeiter des Barniters darum »gebeten« hätte.

Haahl-A1 blickte auf den Zeitstreifen. Es war 15.55 Uhr Ortszeit. Er hatte also nicht mehr viel Zeit.

Ächzend stemmte er sich hoch, watschelte zur Tür, öffnete sie und brüllte:

»Uvelda! Wir fahren zur Auktion! Bereiten Sie alles vor und nehmen Sie etwas zu essen und zu trinken mit. Ich habe nicht die Absicht, meinen Magen einschrumpfen und meine Kehle austrocknen zu lassen.«

Uvelda hatte gerade gefrühstückt. Bei dem Gebrüll ihres Herrn und Meisters ließ sie das Knochengel-Sandwich fallen, fuhr hoch und wedelte um drei Tische herum, bevor ihr wieder einfiel, dass sie ja vor dem Kommunikationspult gesessen hatte.

Sie kehrte an ihren Platz zurück, seufzte, als sie auf ihr Sandwich trat, sagte jedoch klaglos:

»Ja, Chef. Alles wird sofort erledigt.« Ihre vier Nasenlöcher sonderten ein klebriges Sekret ab, das auf ihren Oxykatring tropfte.

»Schön«, brummte Haahl-A1, »und vergessen Sie nicht, sich die Nasen zu putzen.«

Hastig fuhr sie sich mit dem Ärmel ihres Sackkleides über die Nasen und blinzelte irritiert, als ihr Chef kichernd verschwand.

Eine Viertelstunde später hielt der protzige Luxusgleiter des Barniters vor dem Haupteingang der Auktionshalle für exotische Pelze. Die Halle war rund sechs Kilometer vom Hauptkontor des Barniters entfernt, das sich noch innerhalb des riesigen Areals von Kontoren, Lagerhäusern und Auktionshallen am Rande des Raumhafens Orbana befand.

Haahl-A1 schnippte mit den Fingern. Sein Fahrer beeilte sich, ihm eine schwarze lange Zigarre anzubieten und ließ ein klobiges Feuerzeug zum Vorschein kommen, sobald sein Brötchengeber sich das Ungetüm von Zigarre zwischen die dicken Lippen geschoben hatte.

Der Barniter saugte heftig. Dichte blaugraue Rauchwolken stiegen vom glühenden Ende der Zigarre, quollen ihm aus Mund und Nasenlöchern.

Unterdessen war Uvelda in Verkennung der Sachlage bereits die breite Antigravrampe hinaufgefahren, eine schwere Ledermappe unter den Arm geklemmt. Als sie bemerkte, dass ihr Chef sich eben erst anschickte, den Gleiter zu verlassen, versuchte sie verzweifelt, sich ihm entgegen der Richtung des Kraftfeldes zu nähern. Natürlich schaffte sie nur, dass sie erhitzt und puterrot im Gesicht war, als Haahl-A1 bei ihr anlangte.

»Sie sollten nicht soviel Gymnastik treiben, Uvelda«, erklärte der Barniter ermahnend. »Ihnen fehlt die Substanz dazu.«

»Ja, Chef«, keuchte Uvelda.

Der Gang zur Mietloge des Barniters war eine einzige Tortur für sie. Ständig trieb es sie ihrem Herrn voraus und wieder zurück, sobald sie ihren Fauxpas bemerkte. Ihre Bewegungen hatten etwas von den Versuchen einer unglücklichen Glucke an sich, ihre faulen Küken hinter sich herzulocken.

Haahl-A1 nickte immer wieder Bekannten zu, die ihn ehrerbietig grüßten. Endlich hatte er seine Loge erklommen. Sofort eilte ein Bedienungsroboter herbei und stellte ein Tablett mit einer Cremetorte und einer großen Schale mit Schlagsahne vor ihm ab. Der barnitische Kaufmann legte seine Zigarre auf die Logenbrüstung und begann zu essen.

Dabei beobachtete er mit seinen Augen, die hinter mächtigen Fettwülsten fast verborgen lagen, die noch leeren Leuchtanzeigen links und rechts des Auditoriums. In Panzerglaskanzeln saßen Auktionsgehilfen vor Kommunikationsgeräten, Mikrophone vor sich. Das Panzerglas war notwendig geworden, seit vor einem halben Jahr zwei Okhlonier sich übervorteilt gefühlt und die Auktionsgehilfen kurzerhand erschossen hatten. Auf Lepso – und besonders in der planetaren Hauptstadt Orbana, galt Mord zwar nicht als Verbrechen, aber wiederholtes Abschießen von Auktionsgehilfen hätte den Ablauf der Versteigerungen gestört.

Ein Gong ertönte, und Haahl-A1 stülpte sich den Kopfhörer über, deren Ohrmuscheln jeweils die Ankündigungen eines Auktionsgehilfen wiedergaben. Der Barniter kaute jedoch unentwegt weiter. Erst als seine Zähne ein hartes Kügelchen erfühlten, hielt er einen Moment lang inne und bat Uvelda um die Milchflasche.

Er trank einen langen Schluck. Dabei spie er die Kugel unauffällig hinein, verschloss die Flasche wieder und reichte sie seiner Sekretärin zurück. Danach verzehrte er den Rest. Ein unterarmlanges dünnes Weißbrot, längs durchgeschnitten, ausgehöhlt und mit Butter und einem halben Kilo Kaviar gefüllt, bildete den Abschluss.

Haahl-A1 rülpste, drückte einige Knöpfe, als ihm die betreffenden Angebote annehmbar erschienen, und gurgelte mit einem halben Liter unverschnittenen Rum nach.

Interessiert wandte er den Kopf, als in der Nebenloge zwei Männer in Streit gerieten. Er kannte die meisten Schimpfworte, aber hier waren einige neue zu hören. Leider endete der Streit viel zu schnell damit, dass der Kleinere der beiden Männer seinen Kontrahenten niederschoss.

Enttäuscht stocherte Haahl-A1 in seinen Zähnen. Er drückte noch mehrmals einen Knopf, langweilte sich ansonsten jedoch und war froh, als die Auktion beendet war.

Unter anderem auch deshalb, weil er darauf brannte, die Nachricht zu lesen, die man ihm so geschickt in seiner Cremetorte zugestellt hatte. Er passte auf, dass Uvelda die halbgeleerte Milchflasche wieder mitnahm. Das Kügelchen darin durfte auf keinen Fall in falsche Hände geraten.

Wahrscheinlich enthielt es eine Anweisung von Lordadmiral Atlan an Kennon und Tekener, die sich ebenfalls auf Lepso aufhielten. Der Barniter ahnte, dass ihm schwere Zeiten bevorstanden. Die Zusammenarbeit mit den beiden fähigsten Spezialisten war stets nervenzermürbend – und gefährlich. Ganz besonders gefährlich!

 

*

 

Ronald Tekener lag entspannt in seinem Ledersessel und beobachtete die beiden Siganesen, die im Aquarium badeten und übermütig mit den Wasselrah-Fischen spielten. Den Tieren bereitete es offensichtlich Vergnügen, die beiden grünhäutigen Zwerge, die nur halb so groß waren wie sie, auf ihren Rücken reiten zu lassen.

Captain Hog Maylika und Leutnant Ramo Basdro trugen knielange gestreifte Badehosen, obwohl sowohl Tekener als auch Kennon ihnen erklärt hatten, dass sie Nacktbaden nicht anstößig fänden. Siganesen hielten eben sehr auf Etikette.

Oberstleutnant Tekener schloss die Augen und dachte an das grässliche Monstrum, das Atlan ihnen in einer Klinik auf dem Planeten Kasyman gezeigt hatte. Ihn schauderte. Das Monstrum war die Verbindung von USO-Spezialist Captain Hoshe Magimsh mit einem großen Reptil gewesen, eine Verbindung, wie sie nur bei einem Transmitterunfall zustande kommen kann.

Ronald Tekener glaubte allerdings nicht an einen Unfall. Niemand von den Eingeweihten der USO glaubte daran. Die mathelogischen Auswertungen deuteten darauf hin, dass eine unbekannte Macht mit Geräten experimentierte, die in der Lage waren, Transmitterstrecken anzuzapfen. Dabei handelte es sich offenbar um die von der USO und dem Solaren Imperium betriebenen Strecken. Die Lage war bedrohlich, nicht so sehr, weil es möglicherweise zu weiteren »Unfällen« kommen konnte, sondern weil die Transmitteranzapfer eines Tages einen wichtigen Geheimnisträger der United Stars Organisation oder des Solaren Imperiums während eines Transmittertransports abfangen könnten.

Schlüsselfigur dieser geheimnisvollen Vorgänge schien der Anti und Condos Vasac-Chef auf Lepso, Tschen Bahark, zu sein. Aus diesem Grund waren Tekener und Kennon von Atlan auf Bahark angesetzt worden, was zu der fatalen Entdeckung geführt hatte, dass der Anti das Geheimnis der beiden USO-Spezialisten kannte.

Tekener verzog das von tiefen Narben entstellte Gesicht zu einem wölfischen Lächeln.

Tschen Bahark kannte zwar ihr Geheimnis, aber ihm waren die Hände gebunden. Wenn er seinen Vorgesetzten verriet, wer Tekener und Kennon wirklich waren, würde man ihn auch dazu bringen, den Zeitpunkt zu nennen, an dem er das Doppelspiel der Spezialisten durchschaut hatte. Die Machthaber der Condos Vasac würden kein Verständnis dafür haben, dass Bahark sein Wissen vor ihnen geheim hielt und außerdem trotz dieses Wissens Tekener und Kennon vor einem Mordanschlag schützte und danach durchsetzte, dass die beiden Männer wegen erwiesener Loyalität gegenüber der CV nicht mehr behelligt wurden.

Tschen Bahark wusste genau, dass er so gut wie tot war, sobald er seinen Vorgesetzten gegenüber den Mund auftat. Andererseits mussten die beiden USO-Spezialisten über Baharks zwiespältige Rolle schweigen, wenn sie ihn nicht zur Preisgabe seiner Geheimnisse zwingen wollten.

Wer im Glashaus sitzt, tut gut daran, nicht mit Steinen zu werfen.

Hog Maylika und Ramo Basdro kletterten über die kleine Leiter aus dem Aquarium und verschwanden in dem großen Koffer, der ihnen innerhalb des gemieteten Bungalows als »Haus im Haus« diente. Nach einiger Zeit drang schwacher Bratenduft aus der angelehnten »Tür«. Er erinnerte Tekener daran, dass es Zeit zum Abendessen war.

Auf dem Weg zur Küche kam er an dem Raum vorüber, den Kennon und er sich für die Zeit ihres Aufenthaltes auf Lepso als Trainingszimmer eingerichtet hatten. Sein Partner bearbeitete gerade den zweihundert Kilo schweren Sandsack und ließ ihn fliegen wie einen leichten Zielübungsball. Er hielt inne, als er Tekener entdeckte.

»Hallo, Tek!« Die in Zwölf-Unzen-Handschuhen steckenden Fäuste des Halbroboters hingen lässig herab.

»Hallo, Ken!«, erwiderte Ronald und lächelte. »Wozu brauchst du neuerdings Konditionstraining?«

Spezialist-Major Sinclair Marout Kennon grinste.

»Kein Konditionstraining, Tek. Koordinationsübungen. Der Kampf mit der Raubechse neulich hat mir gezeigt, dass ich meine Vollprothese noch besser beherrschen muss. Es könnte ja mal wirklich gefährlich werden.«

Tekener lachte lautlos.

»Für mich war das damals gefährlich genug, Ken. Ich wüsste nicht, wie ich eine schlimmere Situation überleben sollte.«

»Unkraut vergeht nicht«, erwiderte Kennon trocken. »Wohin willst du?«

Ronald Tekener zögerte einen Herzschlag lang und überlegte, ob es psychologisch ratsam sei, Kennon von Essen zu erzählen. Das Gehirn in seinem Robotkörper erinnerte sich noch recht gut an die Schlemmermahlzeiten, die sie beide zu sich genommen hatten, als der Kosmokriminalist noch seinen eigenen Körper besessen hatte, zwar den Körper eines missgestalteten Zwerges, aber immerhin doch einen organischen Körper, der gute Mahlzeiten zu schätzen gewusst hatte.

Er entschloss sich, keine übertriebene Rücksicht auf die Erinnerung seines Partners zu nehmen. Sinclair musste sich damit abfinden, dass er für seine athletisch gebaute Robothülle einen Preis zu zahlen hatte.

»Ich brate mir ein Steak«, antwortete er. »Die Siganesen haben mir mit dem Geruch ihres Essens den Mund wässrig gemacht.«

Um Kennons Mund spielte ein schmerzliches Lächeln. Sein synthoorganisches Gesicht war zu jedem mimischen Ausdruck fähig.