Details

Der Tod ist nicht für immer


Der Tod ist nicht für immer


1. Auflage

von: Kenneth Earth

9,99 €

Verlag: Litho Verlag
Format: EPUB
Veröffentl.: 21.09.2009
ISBN/EAN: 9783941484009
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 768

DRM-geschütztes eBook, Sie benötigen z.B. Adobe Digital Editions und eine Adobe ID zum Lesen.

Beschreibungen

Susan Bauer muss mit ansehen, wie ihr Kind und ihr Mann grausam getötet werden.
Der Gedanke an Rache reift sehr langsam.
Ein neuer Name, ein neues Leben, Mut und Schmerz bilden eine Einheit.
Ein Leben wie kein zweites!

Der Autor dieser Geschichte war selbst ein Teil dieses Lebens – es liegt im Ermessen des Lesers einzuschätzen, wie weit dies alles zu ertragen ist und was Realität und Fiktion ist.
1. Kapitel
Fünfter Juni 1982: Ein neuer Tag kündigte sich im Schlafzimmer von Ehepaar Bauer an. Seit fünf Jahren waren die beiden verheiratet und stolze Eltern eines vierjährigen Jungen, namens Marcus. Es war 7.30 Uhr, als der Wecker die beiden aus ihren Träumen riss. Heute war Juniors Geburtstag, und es gab noch eine Menge Dinge zu erledigen. Susan blieb nichts anderes übrig, als raus aus den Federn und ran an die Arbeit! Zärtlich blickte sie auf ihren schlafenden Mann, der so überhaupt nicht wach werden wollte. „Aufwachen, mein Schatz, es ist Zeit zum Aufstehen!“ „Wer sagt denn das?“, brummte er. „Die Uhr, mein Lieber, hast du vergessen, dass Marcus heute Geburtstag hat? Außerdem hast du versprochen mir zu helfen.“ „Mach ich doch auch.“, brummte er weiter. „Gib mir bitte noch fünf Minuten.“ „Okay, fünf Minuten, aber keine Sekunde länger!“, willigte sie ein. Peter war Mediziner und arbeitete in einem wissenschaftlichen Forschungslabor für Gentechnologie. Vor ein paar Wochen gelang ihm eine sensationelle Entdeckung auf dem Gebiet der Gen-Zellteilung. Er schaffte es, eigene, selbst hergestellte Erbinformationen in Gene einzupflanzen, was vereinfacht bedeutet, dass er nun Menschen, seinen Wünschen entsprechend, entstehen lassen könnte. Es war erst der Beginn, doch die nächsten Schritte würden sich von selbst ergeben, denn es konnte nicht mehr lange dauern, und die ersten Versuche könnten gestartet werden. Er hatte lange und hart dafür gearbeitet, und die Familie musste sehr unter seiner dauernden Abwesenheit leiden. Dies versuchte er jetzt durch einige freie Tage wieder gut zu machen.
„Klingelingeling, die fünf Minuten sind um!“, rief sie ihm zu. Peter räkelte sich wie eine Katze. „Ach, Susan, bitte noch fünf Minuten.“, bettelte er erneut. „Der Countdown läuft, ab jetzt!“, verlängerte sie lachend seine Frist. Sie duschte sich ausgiebig, und als sie das Schlafzimmer betrat, war Peter wieder eingeschlummert. „Sag mal, du Schlafmütze, willst du heute gar nicht aus dem Bett?“ „Oh, mein Gott!“, stöhnte Peter gequält auf, „Was habe ich bloß für ein Weib?“ „Jeder bekommt das, was er verdient! Solltest du dich nicht in zwanzig Sekunden von deinem Kopfkissen trennen, lasse ich mich scheiden! Na, was hältst du davon?“ Vor sich hinmurrend folgte er ihr ins Badezimmer. „Habe ich richtig gehört, du willst dich scheiden lassen? Du bist die Frau, die ich verdient habe.“ Zärtlich biss er ihr in den Nacken. Susan drehte sich zu ihm um und schmiegte sich in seine Arme. „Ich bin so schlimm zu dir, wie du gut zu mir bist.“ Peter verzog fragend sein Gesicht: „Du bist und bleibst ein Biest, aber ich liebe dich.“ Er küsste sie auf die Nasenspitze. Plötzlich klingelte es unten an der Haustür. „Nanu“, meinte Peter, „wer mag schon so früh etwas von uns wollen, es werden doch nicht etwa schon die ersten Gratulanten vor der Tür stehen?“ Hastig kleidete er sich notdürftig an und eilte die Stufen hinunter. Da klingelte es bereits zum zweiten Mal. „Ich komme ja schon!“, rief er leicht erbost über diese Ungeduld. Als er die Tür öffnete standen drei Männer davor. „Ja bitte?“, fragte er. „Sind Sie Dr. Bauer?“ „Ja, worum geht es denn?“ Ohne ein Wort zogen die Männer ihre Waffen hervor. Erschrocken weiteten sich Peters Augen. „Was wollen Sie von mir?“ „Wenn Sie auch nur einen falschen Ton von sich geben, sind Sie ein toter Mann!“, zischte ihm einer der Männer zu. Sie stießen Peter beiseite und betraten das Haus. „Wo sind Ihre Frau und Ihr Sohn?“, fragte einer der Männer. „Die sind noch oben.“, antwortete Peter noch immer geschockt und blickte einen nach dem anderen an. Sie waren sehr unterschiedlich, einer hatte blondes Haar, es war auch der, der gesprochen hatte. Seine Gesichtszüge zeigten wilde Entschlossenheit. Der andere hatte rotblondes Haar, deren Gesichtszüge mit denen eines Gefrierschrankes zu vergleichen waren. Der dritte Mann war dunkelhaarig, seine Augen blickten starr und leer. „Rufen Sie Ihre Familie!“, befahl der Blonde. Trotz regte sich in Peter: „Warum?“, fragte er. „Weil wir Ihnen das sagen!“, zischte der Blonde gefährlich zurück. „Was wollen Sie überhaupt von uns?“, fragte Peter erneut. Der Rotblonde hielt anscheinend nicht sehr viel von einer Kommunikation. Er warf Peter einen verächtlichen Blick zu, und im selben Augenblick schlug er ihm die Waffe ins Gesicht. „Haben Sie nun verstanden, was Sie tun sollen?“, sprach er höhnisch. Aus der Nase blutend rappelte Peter sich wieder auf. „So, Doktor, und jetzt rufen Sie Ihre Familie!“, sprach der Blonde erneut. „Das werde ich nicht tun!“, widersprach er. Da traf ihn ein erneuter Schlag in den Magen, mit einem kurzen Aufschrei sank er zu Boden. Dieser Laut war es, der Susans Interesse weckte. „Was ist los, Lieb.“, wollte sie fragen, doch die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. „Kommen Sie runter, Lady, und nehmen Sie an unserer kleinen Party teil. Bringen Sie auch gleich Ihren Sohnemann mit. Wie Sie bereits festgestellt haben, verstehen meine Kumpels keinen Spaß!“, höhnte der Rotblonde. Zutiefst schockiert stand Susan regungslos auf der Treppe. Peter lag noch immer benommen auf dem Boden, Blut zeigte sich auf seinem Gesicht. „Na los, Lady, bewegen Sie sich!“, rief er ungeduldig. Susan zeigte jedoch keine Reaktion auf seine Worte, sie war wie gelähmt. Da pfiff die erste Kugel an Susans Kopf vorbei. Der erneute Schreck löste ihre Starre und sie stürmte die Treppe hinunter auf Peter zu. Unten angelangt wurde sie jedoch brutal von dem Blonden gepackt und zu Boden geworfen. Peter kam mittlerweile wieder auf die Beine, voller Entsetzen blickte er auf Susan und kam ihr sofort zu Hilfe. „Was wollen Sie denn um Himmelswillen von uns?“, wiederholte Peter seine Frage. „Das werden Sie schon noch früh genug erfahren!“, sprach nun der dunkle Typ. „Ich würde Ihnen jetzt aber wirklich raten, den Anweisungen meiner Kumpels Folge zu leisten!“, sprach er leise drohend. Susan jedoch ließ sich überhaupt nicht davon beeindrucken. „Das werde ich nicht tun!“, rief sie aufgebracht. Da zeigten die Männer erneut ihre Bereitschaft zur kalten Gewalt. Der Blonde packte sie an den Haaren und zerrte ihr den Kopf schmerzhaft zurück. „Verdammt, Susan, tu was sie sagen!“, brüllte Peter. Marcus, inzwischen durch den Lärm aufgewacht, stand oben am Geländer, schlaftrunken und mit weinerlicher Stimme rief er: „Mami, wer ist denn da so laut?“ In dem Augenblick riss Susan sich los und rannte die Stufen zu ihrem Sohn hoch. „Mami, was wollen die Männer hier?“, wollte er weiter wissen. „Es ist nichts.“, sprach sie auf den verängstigten Jungen ein. Zur Beruhigung küsste sie ihn auf die Stirn. Vorsichtig nahm sie ihn hoch und ging die Treppe hinunter. „Werden Sie nun endlich sagen, was Sie wollen?“ Der Dunkle antwortete: „Wir wollen die Aufzeichnungen über Ihre Forschungsarbeit!“ „Aber die habe ich hier nicht!“, antwortete Peter blass. „Wir haben aber die Information, dass Sie sie doch in Ihrem Besitz haben.“ „Dann wurden Sie falsch informiert, ich habe sie nicht hier!“ rief Peter. „Wir glauben Ihnen kein Wort.“, sprach der Blonde. „Aber es stimmt“, verteidigte sich Peter, „wer immer Ihnen dies sagte, es stimmt nicht!“ „Sie arbeiten doch am allermeisten an diesem Projekt, Doktor, und da wollen Sie uns weismachen, dass Sie nicht wissen, wo die Aufzeichnungen sind? Verarschen können wir uns selber!“, zischte der Rotblonde dazwischen. „Haben Sie meinen Mann nicht verstanden?“, schrie Susan nun. „Er hat sie nicht hier!“ „Halten Sie die Klappe!“, kam auch prompt die Antwort. Marcus zitterte derweil immer mehr in Susans Armen. Leise fing er zu wimmern an. „Stellen Sie den Jungen ruhig!“, meldete sich der Dunkle. Diesmal brauchte er keine Gestik der Gewalt, denn schon längst war es den beiden klar, dass es sich hier um eiskalte Verbrecher handelte. Leise sprach Susan auf ihren Sohn ein, doch die tröstenden Worte zeigten kein Resultat. Marcus wimmerte unaufhörlich weiter. „Lady“, zischte der Blonde erneut, „der Bengel soll sein Maul halten!“ „Das kann er nicht, sehen Sie nicht, dass er Angst hat?“, schrie sie ihm ins Gesicht. Plötzlich eskalierte die Situation: Der Blonde griff nach Marcus und entriss ihn der Obhut seiner Mutter, die sich wiederum auf ihn stürzte und wie eine Löwin um ihr Kind kämpfte. Peter konnte nichts anderes tun als zuzusehen, da ihn der Lauf einer Waffe zur Bewegungslosigkeit zwang. Susan schlug mittlerweile wild auf den Blonden ein. Da trat der Rotblonde dazwischen und zerrte Marcus mit sich. „Schluss jetzt mit dem Scheiß“, brüllte er, „wir wollen nun endlich wissen, wo die Unterlagen sind!“ Während er sprach hielt er Marcus hoch über seinem Kopf. „Ich sagte Ihnen doch bereits, dass ich es nicht weiß!“, beteuerte Peter. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, doch einen Ausweg zu finden war hoffnungslos. Sie waren den Männern ausgeliefert, Todesangst breitete sich in seinem Körper aus. „Ich gebe Ihnen noch zehn Sekunden“, sprach der Blonde verächtlich, „neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei.“ „Ich weiß es nicht!“ schrie Peter hysterisch. „Zwei, eins, null.“ Dann flog der kleine Körper des Jungen durch die Luft und ein lauter Knall beendete den Flug. Schweigen breitete sich aus. „Na, Doktorchen“, lachte er auf, „wollen Sie uns immer noch nicht sagen, wo die Aufzeichnungen sind?“ „Sie verdammtes Mistschwein“, brüllte Peter los, „sich an einem wehrlosen Jungen zu vergreifen!“ „Sie sollten daraus eigentlich eine Lehre ziehen.“, meldete sich der Dunkle. „Wie kann ich Ihnen etwas sagen, was ich nicht weiß!“ Susan torkelte zu ihrem Sohn. Vorsichtig versuchte sie den leblosen Körper hoch zu heben, da traf sie etwas Hartes an der Schulter, was dazu führte, dass sie mit dem Jungen stürzte. Ein dreckiges Lachen erfüllte den Raum. Erneut versuchte sie den Jungen hoch zu heben, und wieder ließ ein Schlag ihr Vorhaben im Nichts enden. Peter war zwischenzeitlich über die Grenze des Vertretbaren hinaus gekommen und heulte wie ein kleines Kind. Susan versuchte bereits zum dritten Mal den Körper des Jungen aufzuheben. Doch wie bei den vorherigen Versuchen wurde sie auch diesmal davon abgehalten. Der Rotblonde zog sie erneut an ihren Haaren vor die Füße des Blonden. Dieser zerrte sie brutal hoch. „Ich gebe Ihnen noch eine Chance, Doktor, wo sind die Papiere?“ „Ich weiß es doch nicht!“, heulte er auf. Der Blonde blickte zu dem Dunklen, der wiederum drehte sich verächtlich ab und ging in einen Nebenraum. Dies war offensichtlich das Startzeichen für das beginnende Martyrium: Drei Mal wurde eine Frage gestellt – drei Mal waren Schläge zu hören. Als er erneut den Raum betrat, lag Susan blutüberströmt auf dem Boden. „Macht Nägel mit Köpfen, Jungs, so kommen wir nicht weiter!“, forderte er sie zum Weitermachen auf. Marcus lag noch immer auf seiner Aufschlagstelle. Der Rotblonde ging zu ihm, hob ihn hoch und hielt ihn vor Peters Augen. Dann zwang der Blonde Peter, Marcus anzusehen, der wiederum hatte eine Pistole an die Schläfe des Jungen gesetzt. „Wo sind die Papiere?“, fragte er.
Peter war viel zu sehr geschockt, um darauf eine Antwort geben zu können. Da detonierte ein Schuss und der halbe Kopf des Kindes zerfetzte vor den Augen des Vaters. Durch Peters Entsetzensschrei regte sich auch Susan. Überall war alles voller Blut, dann entdeckte sie die verstümmelte Leiche ihres Kindes. Trotz schwerer, innerer Verletzungen stürzte sie sich auf den blonden Mann, der noch immer Peters Kopf festhielt, doch ein alles vernichtender Karateschlag gegen ihre Knie ließ sie mit einem Aufschrei zu Boden gehen. Dann wurde sie von zwei Händen gepackt und auf die Couch geworfen. Wieder wurde Peter dieselbe Frage gestellt, und wieder kam die gleiche Antwort. Doch dieses Mal kamen gegen Susan nicht die Fäuste zum Einsatz, sondern eine Schusswaffe, die jedes Mal ihr Ziel fand. Mitten im Geschehen entstand plötzlich eine gewisse Art von Aufregung. Jemand sauste an ihr vorbei zur Terrassentür. Glas zerbrach, dann wurde es wieder still. Der Dunkle trat auf Peter zu und packte ihn ebenfalls an den Haaren. „Der ist hinüber, dieser Schlappschwanz“, sprach er verächtlich, „macht endlich Schluss und lasst uns gehen.“ Die zwei Männer verstanden die Aufforderung sofort. Sie hoben ihre Waffen und feuerten wild umher. Die Körper von Susan, Peter und ihrem Sohn wurden noch unzählige Male getroffen, und es gab in der unteren Etage keine fünf Zentimeter mehr, die nicht von Kugeln durchlöchert waren.
Sergeant Nick Lenklen und Sergeant Fred Heckstein saßen wie auf heißen Kohlen vor dem Telefon in der Notrufzentrale. Sie warteten auf den zweiten Anruf. Sie wussten, dass er kommen würde, denn sie waren alte Hasen und kannten sich bestens aus. Zehn Minuten später war es dann soweit. Der Anrufer war hoch erregt. Sergeant Lenklen erkannte die Stimme sogleich und unterbrach ihn: „Wir brauchen die Adresse, Mann, ohne die läuft nichts.“
Die Stimme schien verwirrt. „Oh Gott, ja!“ Dann nannte er die Adresse und in derselben Sekunde sprangen die Beamten auf und rasten zu dem angegebenen Ort. Als sie in die Straße einbogen, kam ihnen ein dunkelblauer Mercedes mit überhöhter Geschwindigkeit entgegen. „Der Kerl ist wohl verrückt geworden!“, schimpfte Fred, der am Steuer saß. Sein Partner hatte jedoch für diesen Verrückten kein Interesse. „Das Haus muss am Ende der Straße liegen, Fred, schalte jetzt lieber die Sirene ab!“ Fred handelte sogleich. „Hier drüben ist es.“ „Mmh, sieht alles ruhig aus.“, meinte Fred. Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu. Auf das Klingeln an der Haustür reagierte niemand. „Ich gehe mal ums Haus, Kumpel, mal sehen, ob ich etwas entdecke.“ Er machte mal gerade fünfzehn Schritte, da schrie er: „Oh, mein Gott, Nick, komm schnell!“ Nick sauste um die Ecke und stoppte schockiert. Überall lagen Glasscherben, die in Blut schwammen. „Was zum Teufel war denn hier los?“, stellte er seinem Kollegen die Frage. „Woher soll ich das denn wissen?“, antwortete er unsicher. „Komm, lass uns mal hineingehen und nachsehen.“ Sie traten durch die zertrümmerte Glasfront ins Innere des Hauses und konnten kaum glauben, was sie hier sahen. Es sah aus wie in einem Schlachthaus: Überall war alles mit Blut besudelt, die Möbel waren übereinander geworfen, und es sah wie nach einem Bombenangriff aus. Beide Beamten zogen ihre Dienstwaffen. Während sich der eine nach oben begab, kontrollierte der andere die untere Etage. Schließlich stand Fred vor einer Schwingtür, er zögerte: Vermutlich ist dies die Küche, dachte er sich, ehe er die Tür mit einem Schwung öffnete. Ein Aufschrei entfuhr seinen Lippen, fluchtartig verließ er den Raum.
„Fred, was ist denn los?“, rief sein Partner und trat sogleich auf ihn zu. „Sieh dir mal die Küche an!“, flüsterte dieser beinahe. Vorsichtig öffnete Nick die Tür. Auch ihm entschlüpfte ein Entsetzensschrei.
Fred alarmierte über Funk die notwendigen Kollegen. Während sie auf deren Eintreffen warteten, fassten sie allen Mut zusammen und betraten gemeinsam die Küche. „Wer tut bloß so etwas?“, fragte Fred schockiert. Auf dem Boden lagen zwei erwachsene Personen, deren Körper neben zahlreichen Schussverletzungen auch schwere Misshandlungen aufwiesen. Der grausamste Fund aber lag auf der Arbeitsfläche: Es war der Körper eines kleinen Jungen. Nick bewegte sich fast ängstlich auf die am Boden liegenden Leichen zu und ging in die Knie, fast stockte ihm der Atem: Fred, komm schnell her, ich kann das kaum glauben!“, rief er aufgeregt. „Was ist, Nick?“ „Fred, komm sofort her!“, forderte er erneut seinen Kollegen auf. Unsicher trat dieser heran, nun sah auch er, was seinen Freund so aus der Fassung brachte. „Sie lebt noch. Schnell, lass sie uns raustragen!“ Zusammen trugen sie den geschundenen Körper von Susan aus der Küche. Dann blickten sie sich nach etwas um, um den halbnackten Körper zudecken zu können. „Halte bloß durch, Mädchen!“, sprach Nick auf die ihm unbekannte Frau ein. Da ertönten schon die Notarztsirenen, und kurze Zeit später war in dem Haus zum zweiten Mal an diesem Tag die Hölle los. Fred hatte zeitgleich auch seinem Freund Glenn von der Mordkommission informiert, dieser betrat jetzt das Wohnzimmer: „Hey, Fred.“ „Hallo, Glenn!“ „Du meine Güte, Fred, was war denn hier los?“ „Der dritte Weltkrieg. Komm mal mit in die Küche, Glenn!“ Glenn, der ebenfalls wie Fred schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, blieb schockiert stehen.
Die Frau war in der Zwischenzeit abtransportiert worden, jedoch die Leichen des Jungen und des Mannes lagen noch an derselben Stelle. Glenn verließ mit Fred die Küche. Dann atmete er erst einmal tief durch: „Verdammte Sauerei“, schimpfte er, „ich werde mich wohl nie an so einen Anblick gewöhnen.“ Schwer sank er auf eine der Treppenstufen. Nun kam auch sein jüngerer Kollege Dennis. „Hallo, Glenn, was gibt es hier?“ „Du kannst es dir in der Küche ansehen!“, schickte er sogleich den Jüngeren los. Die erwartete Reaktion ließ auch nicht lange auf sich warten. Überstürzt flüchtete sich Dennis aus dem Raum. Auch er stellte sich die Frage: Wer tut so etwas bloß? „Das müssen Irre gewesen sein, die Spurensicherung fand bis jetzt dreihundertfünfzig Patronenhülsen, und sie suchen immer noch. „Was sind das für Blutspuren außerhalb des Hauses?“, fragte Dennis. „Die werden noch überprüft, ich denke aber nicht, dass sie mit denen im Haus identisch sind.“ „Wie kommst du darauf?“ „Der Schlag, der die Fensterscheibe zerbrach, ging nach außen, darum liegen auch die vielen Scherben draußen. Ich denke, dass hier jemand durch die Scheibe das Drama mit angesehen hat, doch leider wurde er dabei erwischt.“ „Und wo ist er jetzt?“ „Das ist eine gute Frage, Dennis.“ Gedankenverloren blickte Glenn sich um, er konnte dieses schreckliche Bild des verstümmelten Jungen nicht aus seinen Augen verbannen. Langsam erhob er sich und betrat die oberen Räume. Das Kinderzimmer war sein erstes Ziel. Es war ein richtiges Kinderzimmer, so wie es sich alle Kinder auf der Welt wünschen würden. Glenn entdeckte ein Bild von Marcus. Er nahm es mit zitternden Händen. „Woher kennst du den Jungen?“, hörte er Fred fragen. „Aus der Schulklasse meines Enkels, sie waren gute Freunde, es wird ihn schwer treffen.“ „Kommst du mal mit runter, die Spurensicherung ist fertig.“ Fast liebevoll legte Glenn das Bild beiseite. Ein Beamter trat auf die beiden zu, er hielt einen Sack mit Patronen in der Hand.: „Sechs-fünf-null-Schuss, Sir.“ Stumm blickte dieser Glenn an. „Ich danke Ihnen, bringen Sie bitte alles zu den Ballistikern, die werden sich darüber sehr freuen.“ Wortlos machte sich der Beamte auf den Weg. Nun kam auch Nick zu Fred und Glenn, auch Nick begrüßte Glenn wie einen alten Freund. „Wir wissen jetzt, dass es drei Personen waren. Jedoch fanden wir nur zwei Patronenarten.“ „Wie kommst du dann auf den Dritten?“, fragte Fred. „Einer war in der Küche und schenkte sich ein Bier ein!“ „Das sagt aber immer noch nicht, dass es vielleicht doch nur zwei waren.“ „Für mich schon, denn ich denke doch, dass nach der Schlächterei hier an diesem Glas Blutspuren sein müssten. Das Glas war mir zu sauber, ich würde also sagen, dass es der Anführer der Truppe getrunken hat. „Mmh, wäre möglich.“, bestätigte Glenn. Zwei Stunden nach Entdeckung der Tat war alles vorbei und das Haus von der Kripo versiegelt. Die sich zwischenzeitlich angesammelte Menschenmenge löste sich ebenfalls langsam auf. Ihnen allen war der Schreck über das Geschehene anzusehen. Obwohl die Bauers erst seit knapp einem Jahr hier wohnten, waren sie überall als angenehme Nachbarn bekannt. Glenn und Dennis fuhren zusammen zurück ins Büro, um dort ihre Berichte zu schreiben. Sie waren kaum an ihren Schreibtischen, da wurden sie vom Polizeichef persönlich gerufen. Er saß hinter einem mächtigen Schreibtisch, seine Finger klopften ungeduldig auf die Tischplatte. „Ich habe vom Überfall bei der Familie Bauer gehört und wollte wissen, wie weit Sie mit der Untersuchung sind?“ „Nun, im Moment sind wir noch nicht sehr weit, denn wir müssen erst einmal alle Informationen aus dem Labor abwarten.“, erklärte Glenn.
„Ich möchte über alle Schritte informiert werden, die Sie in dieser Sache unternehmen.“ „Ich verstehe, Sir, wir werden Sie auf dem laufenden halten.“, entgegnete Glenn. Eine kurze Pause entstand und sie starrten sich gegenseitig an. „Warum erzählen Sie mir nichts von dem vierten Mann?“ fuhr er plötzlich Glenn an. „Weil wir noch nichts über seine Identität wissen, Sir. Ich wollte zuerst ein genaues Ergebnis abwarten.“ Die Hand des Chefs donnerte auf den Tisch. „Wo mag dieser verdammte Kerl bloß stecken?“ „Wir werden ihn finden, Sir!“, meldete sich Dennis zu Wort. „Gut, Sie können gehen.“ Somit waren sie entlassen. Dennis musste all seine Geduld aufwenden, um nicht zu platzen. „Warum hast du nicht erwähnt, dass die Frau überlebte?“ „Das weiß ich auch nicht, wer weiß, ob sie überhaupt überlebt, wenn nicht, können wir uns einen Bericht sparen.“ „Aber du wirst es ihm doch in den Bericht schreiben, oder?“ „Nein, das werde ich nicht!“ „Aber warum denn nicht?“ Ich sagte dir doch bereits, ich weiß es noch nicht!“, gab er ärgerlich zurück. „Das kann uns aber den Job kosten.“, ließ Dennis nicht locker. „Dennis, vertrau meinen alten Knochen. Ich habe bei dieser Geschichte ein höchst merkwürdiges und ungutes Gefühl!“ Glenn trat ans Telefon und wählte eine lange Nummer: „Louis, du musst mir einen Gefallen tun: Können wir uns heute Mittag treffen? Ja, fein, sagen wir um dreizehn Uhr.“ „Glenn, heute ist Sonntag!“, warf Dennis ein. „Das weiß ich auch, doch ich muss mit Louis sprechen.“ „Nein, das meine ich nicht.“ „Warum war der Chef im Büro?“ „Das ist eine gute Frage, Dennis. Ich werde ihn das nächste Mal fragen, wenn wir ihn sehen.“ Dennis merkte, dass Glenn anderen Gedanken nachhing, deshalb steckte er seine weiteren Fragen zurück. Glenn war klar, dass das, was er vorhatte, bei Weitem seinen erlaubten Rahmen sprengte, aber er war
bereit, das Risiko auf sich zu nehmen. Um Punkt dreizehn Uhr war er an der verabredeten Stelle. Louis war schon da. „Hallo, Louis.“ „Hallo, Glenn.“, erwiderte er den Gruß. „Schon lange nicht mehr gesehen?“ Glenn lächelte leicht ironisch als Antwort. „Was hast du denn auf dem Herzen?“, fragte Louis. „Was ich dir jetzt sage, muss absolut unter uns bleiben!“ „Hast du dich nicht schon immer auf mich verlassen können?“ Glenn erzählte Louis die Geschichte von Susan Bauer und fügte anschließend seine Gedanken dazu. „Puh“, stöhnte Louis auf, „wenn du richtig liegst, hast du eine Menge Arbeit vor dir.“ „Kannst du mir helfen?“ „Lass uns noch ein paar Punkte klären, ehe ich eine Entscheidung treffe.“ Glenn atmete schwer durch: „Okay, ich werde mich später bei dir melden.“ „Ich danke dir.“
Nach der Verabredung mit Louis fuhren Glenn und Dennis zu Susan ins Krankenhaus. Wie es der Zufall wollte, wurde Susan in das Krankenhaus eines alten, gemeinsamen Freundes gebracht, der dort seinen Dienst an der Menschheit versah.

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